Bloß nicht in Watte packen |
Isabel Weinert |
18.09.2025 16:00 Uhr |
Die Kraft trainieren, das ist gerade auch für Menschen mit einer rheumatischen Erkrankung wichtig. / © Chutima Chaochaiya
»Gerade im Hinblick auf Kinder kam dieses Thema vor ein paar Jahren auf«, so der Experte. Denn Kinder schonten sich genau so lange, wie sie Probleme haben, aber wenn es ihnen wieder besser gehe, betätigten sie sich wieder gemäß ihrem Bewegungsdrang. »Deswegen müssen wir unsere Therapieprogramme an die Kinder anpassen, wir dürfen sie nicht in Watte packen.«
Und wie sieht das bei Erwachsenen aus? Gilt hier noch das Credo »Schonung«? »Bei Rheumapatienten scheint der Körper schneller zu altern in den von der Krankheit betroffenen Bereichen«, so Biehl. Deshalb seien gerade sie besonders gefordert, sich über die sportliche Schiene selbstständig zu unterstützen und medikamentös zu optimieren. Denn eindeutig ist: Wer Sport treibt, braucht meist weniger Schmerzmittel.
Welcher Sport eignet sich speziell für Menschen mit Rheuma? Mit ihrer Antwort legten sich Mediziner zunächst auf Ausdauersport fest, machten aber schnell die Erfahrung, dass das für viele Patienten keine Alternative war zu dem, was sie vor Krankheitsausbruch an Sport getrieben hatten. Biehl: »Sie wollen ihren normalen Sport weiterführen, den sie immer gemacht haben«. Und das ist auch sinnvoll, denn Sport wirkt sich positiv auf das Immunsystem und auf die von der rheumatischen Erkrankung betroffenen Strukturen aus.
Dass auch Kraftsport nötig und sinnvoll sei, zeigten nicht zuletzt Studien aus den USA, die Patienten 75 Plus inkludierten und auch bei dieser Altersgruppe zeigten, dass Muskelaufbau in jedem Alter möglich ist. Es lasse sich auch nach einer längeren Ruhigstellung eine Verbesserung mittels Krafttraining erzielen, so Biehl.
Prinzipiell rät der Experte dazu, so früh wie möglich mit Sport zu beginnen, weil das auch die medikamentöse Einstellung unterstützen könne. Patienten sollen also auch nicht in dem Zeitraum bis zur Diagnosestellung pausieren. Nicht jedem Menschen fällt es leicht, das Thema Bewegung oder gar Sport überhaupt anzugehen. Dann rät Biehl seinen Patienten, Kontakt mit der örtlichen Rheunmaliga aufzunehmen, die Selbsthilfeorganisationen böten oft geeignete Sportangebote. »Man muss nur erstmal diesen Schritt wagen«.