PTA-Forum online
Welt-Sepsis-Tag

Blutvergiftung ist katastrophale Kettenreaktion

»Horror autotoxicus« nannte Paul Ehrlich die Sepsis, da er wusste, wie machtlos Ärzte der Erkrankung oft gegenüberstehen. Auch heute noch gehört die umgangssprachlich als Blutvergiftung bezeichnete Komplikation einer Infektion zu den häufigsten Todesursachen. Die Überlebenschancen steigen, wenn der Notarzt rechtzeitig gerufen wird.
Elke Wolf
13.09.2023  12:30 Uhr

Eine Sepsis hat bis heute nichts von ihrem Schrecken verloren. Sie ist eine außer Kontrolle geratene Infektion. Mit mindestens 85.000 Todesfällen pro Jahr gehört sie zu den häufigsten Todesursachen auf Deutschlands Intensivstationen, informiert die Sepsis-Stiftung anlässlich des Welt-Sepsis-Tages am 13. September. Damit endet von den jährlich in Deutschland mindestens 300.000 Sepsisfällen ein Drittel tödlich.

Eine Sepsis ist nicht – wie man früher glaubte – der »rote Streifen, der zum Herzen zieht«. Sie ist vielmehr die aggressivste Form einer Infektion, hervorgerufen durch Bakterien, Viren, Pilze und deren Toxine, die innerhalb weniger Stunden zum Versagen der inneren Organe führen können. Die Sepsis kann als Komplikation jeder Infektionskrankheit auftreten, also auch bei einer Lungen- oder Mandelentzündung, einem Harnwegsinfekt, einer Malaria, infolge einer eiternden Wunde oder einer großen Operation.

Wenn es dem Körper nicht gelingt, die eigentliche Infektion auf den Ursprungsort zu begrenzen, gelangen kontinuierlich pathogene Mikroorganismen und deren Toxine in die Blutbahn und lösen eine Entzündung in allen Organen des Körpers aus, vergleichbar einer »außer Kontrolle geratenen Kettenreaktion bei einer Kernreaktorkatastrophe«, wie es der Vorsitzende der Sepsis-Stiftung, Professor Dr. Konrad Reinhart, auf einer Presseveranstaltung vor ein paar Jahren formulierte. Das Immunsystem wird gestört – es setzt gleichzeitig pro- und antiinflammatorische Mediatoren frei. In der Folge geraten die Homöostase und Blutgerinnung aus dem Gleichgewicht. Der Organismus wehrt sich gegen Blutverluste und kurbelt die Produktion von Gewebethromboplastin (Tissue Factor) an. Der Plasmaspiegel von Fibrinogen steigt. Parallel wird die Fibrinolyse durch verstärkte Aktivierung von PAI-1 (Plasminogen-Aktivator-Inhibitor 1) gehemmt.

Der massive Einstrom verschiedener Faktoren führt zu einem Ungleichgewicht zwischen gerinnungsfördernden und -hemmenden Substanzen. Bei einer akuten Sepsis treten daher sowohl Blutungen als auch thrombotische Gefäßverschlüsse auf. Innerhalb weniger Stunden sind alle lebenswichtigen Organe entzündet und drohen aufgrund der Minderdurchblutung zu versagen. Schließlich richten sich die Abwehrmaßnahmen des Immunsystems gegen den eigenen Körper.

Unspezifische Symptome

Im Prinzip geht alles recht unspezifisch los. Deshalb ist den meisten Betroffenen vermutlich die Dringlichkeit nicht bewusst, möglichst schnell zu handeln. Früherkennung steigert die Überlebenschancen. Erste Anzeichen für eine sich anbahnende Blutvergiftung sind Fieber, Schüttelfrost und Atemnot. Erkrankte wirken zudem häufig verwirrt, apathisch oder schläfrig. Doch Vorsicht, warnt die Sepsis-Stiftung: Fieber trete bei sehr jungen oder alten Menschen nicht immer auf und Schläfrigkeit könne vor allem bei älteren Menschen falsch gedeutet werden. »Plötzliche Verwirrtheit ist dagegen immer ein Alarmzeichen, weil sie nicht bei anderen schweren Infektionen auftritt.« Kommen neben der Bewusstseinstrübung noch ein erniedrigter Blutdruck und eine beschleunigte Atmung hinzu, ist keine Zeit zu verlieren, den Rettungsdienst zu rufen.

Zum Mythos »dunkelroter Streifen« erklärt Reinhart: »Bei dem roten Strich handelt es sich um eine Entzündung der Lymphbahnen, die - wie jede andere Infektion – zu einer Sepsis führen kann. Der rote Strich an sich ist also kein Zeichen für Sepsis. Er sollte jedoch trotzdem wie jede andere Infektion, die zu einer Sepsis führen kann, Anlass sein, zeitnah ärztlichen Rat einzuholen.«

Wie die Erkrankung tatsächlich verläuft, hängt vom Alter, der Verfassung und der Infektion ab. Hat diese Zeit, sich lange und stark im Körper auszubreiten, können Organe geschädigt werden und versagen. Doch selbst Menschen, die eine Sepsis überleben, brauchen mitunter Jahre für die Regeneration. Posttraumatische Belastungsstörungen sind nicht selten. Doch auch hier gilt laut Reinhart: »Je früher die ersten Warnsignale erkannt und behandelt werden, desto geringer ist das Risiko von physischen, psychischen oder die geistige Leistung betreffenden Folgeschäden.«

Risiko und Prävention

Besonders gefährdet, eine Sepsis zu entwickeln, sind Menschen mit einem geschwächten Immunsystem wie Schwangere, Früh- und Neugeborene, Krebserkrankte, hochbetagte und immunsupprimierte Menschen, Personen mit Implantaten, Verweilkathetern, Diabetes mellitus oder Leberzirrhose. Als weitere Risikofaktoren gelten Mangelernährung, Durchblutungsstörungen in den Beinen, Druckgeschwüre und Alkohol- sowie Drogenmissbrauch.

Um einer Infektion vorzubeugen und damit das Risiko für das Auftreten einer Sepsis zu minimieren, empfehlen Experten folgenden Maßnahmen:

  • Hygienestandards einhalten, insbesondere das regelmäßige und gründliche Waschen der Hände
  • sorgfältiger Umgang mit Wunden und entzündeten Insektenstichen
  • Aufmerksamkeit und gegebenenfalls ärztliche Behandlung bei Infektionen
  • korrekte Einnahme der vom Arzt verordneten Antibiotika
  • konsequente Behandlung von chronischen Krankheiten (zum Beispiel Diabetes)
  • gesunde Lebensweise
  • Impfungen entsprechend der Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO), etwa gegen Influenza, Pneumokokken oder Covid-19
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa