Blutvergiftung – unterschätzt und häufig tödlich |
Katja Egermeier |
11.08.2021 15:00 Uhr |
Auch wenn es Risikogruppen für das Auftreten einer Sepsis gibt: Eine Sepsis kann jeden treffen – durch teils banale Ursachen wie ein aufgeschürftes Knie. Es ist deshalb immer wichtig, einer Infektion durch eine gute Wundversorgung vorzubeugen. / Foto: Getty Images/Martins Rudzitis
Aus diesem Grund startet das Innovationsfondsprojekt »SepWiss« der deutschen Sepsis-Stiftung heute ihre Informationskampagne unter dem Motto »Sepsis ist vermeidbar. Unwissen über Sepsis ist tödlich«. Das Ziel ist es, Risikogruppen Wissen über Frühsymptome und Präventionsmöglichkeiten zu vermitteln und so die Zahl der durch Sepsis verursachten Todesfälle zu senken.
Doch auch wer eine Sepsis überlebt, habe häufig mit Langzeitfolgen wie kognitiven Einschränkungen, schneller Erschöpfbarkeit (Fatigue) oder sogar dem Verlust von Gliedmaßen zu kämpfen, so die Sepsis-Stiftung. Und trotz dieser Folgen sei Sepsis den meisten Menschen weitgehend unbekannt, erklärt Professor Dr. Konrad Reinhart, Projektleiter und Vorstandsvorsitzender der Sepsis-Stiftung. »Und das, obwohl die Erkrankung häufiger vorkommt als Brust-, Prostata- und Darmkrebs zusammen und Menschen häufiger eine Sepsis erleiden als einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.«
Eine Sepsis (altgriechisch: Gärung) kann jeden treffen. Dabei kann die Ursache nach Angaben der Sepsis-Stiftung sehr banal sein, wie ein aufgeschürftes Knie oder ein Insektenstich. Entgegen weit verbreiteter Meinung entstehe eine Sepsis nicht immer durch eine äußerliche sichtbare und entzündete Wunde – jedoch immer aus einer Infektion. Diese könne auch im Körper stattfinden wie bei einer Infektion der Atemwege, des Bauchraums, der Harnwege, der Herzklappen sowie durch keimbelastete Implantate, Katheter oder Prothesen.
Im Normalfall dämmt unser Immunsystem eine durch Bakterien, Viren oder Pilze verursachte Infektion direkt am Entzündungsherd ein, wie die Stiftung erklärt, und die Infektion nimmt ihren normalen Verlauf. Bei einer Sepsis jedoch durchbrächen die Erreger die lokale Begrenzung und breiteten sich über Lymph- und Blutgefäße auf andere Organe aus. Die Folge: Eine überschießende Immunreaktion, die nicht nur die Erreger, sondern auch körpereigene Zellen und Organe angreift. Ohne das passende Antibiotikum entwickele sich ein septischer Schock, bei dem die Blutversorgung wichtiger Organe ausfalle und diese ihre Funktion einstellten.
Als besonders gefährdet gelten laut Sepsis-Stiftung Menschen über 60 Jahre sowie solche mit Vorerkrankungen der Lunge, der Niere oder des Herzens, einer Immunschwäche oder Diabetes, aber auch Früh- und Neugeborene. Auch wer einmal Sepsis hatte, gehört zu den Risikogruppen, da Überlebende ein erhöhtes Risiko haben, erneut daran zu erkranken. »Es ist extrem wichtig, dass diese Gruppen – aber auch alle anderen Menschen – die Frühsymptome und die Präventionsmöglichkeiten einer Sepsis kennen«, betont Reinhart.
Am wichtigsten sei es daher, die Symptome rechtzeitig zu erkennen und schnellstmöglich einen Arzt aufzusuchen, erklärt Reinhart. So könnten tödliche Verläufe und schwere Langzeitfolgen meist verhindert werden.
Liegen nach einer Infektion mindestens zwei der folgenden Symptome vor, sollte ohne zu zögern der Notarzt gerufen werden. Eine Sepsis ist immer ein Notfall!
Ein roter Strich auf Arm oder Bein als Einzelsymptom deutet im Übrigen noch nicht auf eine Sepsis hin, sondern zeigt vielmehr die Entzündung einer Lymphbahn an. Diese lässt sich gut mit Antibiotika behandeln und ist nicht lebensbedrohlich. Nur in Verbindung mit einem starken Krankheitsgefühl, Verwirrtheit, schnellem Puls oder Fieber kann der rote Strich auf eine Sepsis hinweisen und erfordert sofortige ärztliche Behandlung.
Da eine Sepsis die Komplikation einer Infektion ist, könne man sich vor dieser nicht direkt schützen – vor einer Infektion dagegen schon. Die Sepsis-Stiftung empfiehlt daher folgende Maßnahmen, um einer Infektion vorzubeugen und damit auch das Risiko für das Auftreten einer Blutvergiftung zu senken:
Etwa 75 Prozent der Sepsis-Überlebenden leiden der Sepsis Stiftung zufolge unter Langzeitfolgen. Dazu zählen etwa Müdigkeit, neurokognitive Einschränkungen, Depressionen, chronische Schmerzen, neuro-muskuläre Schäden und Gleichgewichtsprobleme – mit teils erheblichen Auswirkungen auf Berufsfähigkeit, Leistungsfähigkeit im Alltag und den Bedarf an Langzeitpflege. Nicht selten komme es im Verlauf einer Sepsis zur Amputation von Gliedmaßen.
Eine Sepsis könne nicht nur durch bakterielle, sondern auch von Pilzen, Parasiten und von viralen Erregern wie beispielsweise Grippe-, Ebola- oder Coronaviren ausgelöst werden, so die Sepsis-Stiftung. So hätten wissenschaftliche Studien gezeigt, dass ein Viertel der Menschen, die wegen einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden müssen, die Zeichen einer viralen Sepsis aufweisen. Über 80 Prozent davon müssten wegen des mit der Sepsis einhergehenden Versagens eines oder mehrerer Organe auf der Intensivstation behandelt werden. Die Todesfälle durch Covid-19 seien daher sehr oft mit einer Sepsis verbunden.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.