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Tribulus terrestris

Booster für Testosteron?

Das Erdsternchen soll für mehr Muskelmasse sorgen und die Sexualhormone pushen. Das klingt verlockend, ist jedoch wissenschaftlich nicht nachgewiesen.
AutorKontaktNicole Schuster
Datum 11.07.2024  08:00 Uhr

Zu mehr Testosteron würde wohl kaum ein Mann Nein sagen. Extrakte aus Tribulus terrestris sollen auf natürliche Weise diesen Wunsch erfüllen und die Spiegel an Geschlechtshormonen ansteigen lassen. Die Pflanze, die auf Deutsch Erdsternchen, Erd-Burzeldorn oder Erdstachelnuss heißt, wächst invasiv und ist als Unkraut bekannt. Ihr wissenschaftlicher Name Tribulus bezeichnete ursprünglich den Krähenfuß, eine mit Stacheln besetzte Waffe. Die Dornen der Klettfrüchte sind scharf genug, um luftgefüllte Reifen etwa von Fahrrädern zu durchstechen. Sie können schmerzhafte Verletzungen an nackten Füßen oder den Mäulern von weidenden Tieren verursachen. 

Das Erdsternchen enthält verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe, deren Wirkung beim Menschen nicht vollständig geklärt ist. Es wird angenommen, dass es sich bei den Hauptwirkstoffen der Extrakte um Steroidsaponine handelt, wobei die prominenteste Komponente das Phytosterol Protodioscin ist. Ein Extrakt aus der Pflanze soll den Spiegel an Sexualhormonen erhöhen können – und zwar bei Männern und Frauen – und wird seit Jahrhunderten als Aphrodisiakum, Tonikum und Stimmungsstimulans verwendet.

Traditionelle Anwendung

Das chinesische Arzneimittelbuch beschreibt die orale Anwendung der Früchte bei Husten, Kopfschmerzen und Mastitis. Weitere traditionelle Einsatzgebiete sind abdominale Blähungen, Durchfall, Nierensteine, Nasenbluten und die Weißfleckenkrankheit. Trotz der traditionellen Anwendung als Heilpflanze gibt es derzeit keine zugelassenen Arzneimittel mit Tribulus terrestris als Hauptwirkstoff in den USA oder Europa. Der Extrakt ist jedoch als Bestandteil von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) erhältlich, die in einigen Kreisen den Ruf eines Testosteron-Boosters haben. Sie sollen nicht nur die sportliche Leistung verbessern, sondern auch die sexuelle Gesundheit.

Neben Männern mit Erektionsstörungen sind daher auch ambitionierte Kraftsportler und Bodybuilder ein Zielpublikum für die Produkte. Wissenschaftlich geprüfte und von der EU-Kommission zugelassene gesundheitsbezogene Aussagen (Health Claims) gibt es für Tribulus terrestris oder daraus gewonnene Substanzen zurzeit nicht. Hersteller werben mit den angeblichen Wirkungen daher in der Regel auch nicht direkt. Wirkversprechen verbreiten sich über Mund-zu-Mund-Propaganda, etwa in Internetforen oder in sozialen Medien. 

Kein Doping

Obwohl der Extrakt von Tribulus terrestris seit den 1980er-Jahren unter Markennamen wie Tribestan angeboten wird, fehlen ausreichende Nachweise für die ihm zugeschriebenen Wirkungen. Studien, die die angeblich anabole Wirkung belegen sollen, die sich Sportler in der Bodybuilding- und Fitnessszene erhoffen, sind nicht in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht worden. Die Wirkstoffe von Tribulus Terrestris sind bisher von der WADA (World Anti-Doping Agency) auch nicht als Dopingmittel verboten. Bei einer eindeutig nachgewiesenen anabolen Wirksamkeit wären die Stoffe höchstwahrscheinlich auf der Verbotsliste aufgeführt.

Besser erforscht ist die Wirkung von Tribulus terrestris bei sexuellen Funktionsstörungen wie erektiler Dysfunktion bei Männern. Die Ergebnisse sind jedoch widersprüchlich. 2017 ergab eine placebokontrollierte Studie mit 180 Männern mit erektiler Dysfunktion (ED) eine signifikante Verbesserung der Sexualfunktion. Eine frühere Studie aus 2014 mit 30 Männern hatte jedoch ergeben, dass Tribulus terrestris bei der Verbesserung der Symptome von ED oder des Gesamttestosterons im Serum nicht wirksamer war als Placebo. Es gibt auch Studien, in denen Erdsternchen-Extrakte zusammen mit anderen Komponenten den Testosteronspiegel erhöhten. Es ist jedoch unklar, welche Bestandteile der Mischung zu diesem Effekt beitrugen. 

Wirkung bei Frauen 

Hypoaktive Sexualfunktionsstörung bei Frauen, Wechseljahrsbeschwerden, das prämenstruelle Syndrom (PMS) und Unfruchtbarkeit werden als weitere mögliche Einsatzgebiete von Tribulus Terrestris diskutiert. 2021 überprüften Autoren in einem Review die Wirkung auf das weibliche Fortpflanzungssystem. Sie konnten unter anderem eine Steigerung des Sexualverlangens bei Patientinnen mit postmenopausalem Syndrom feststellen sowie im Tierversuch oder beim In-vitro-Experiment positive Effekte zum Beispiel beim polyzystischen Ovarialsyndrom, bei Eierstock- und Brustkrebs. Nach Ansicht der Autoren ist die Wirkung auf das weibliche Fortpflanzungssystem auf das Saponin Protodioscin zurückzuführen.

In einem systematischen Review aus 2020 ging es um die Wirksamkeit und Sicherheit von Tribulus terrestris zur Behandlung weiblicher sexueller Dysfunktion. Nach ein bis drei Monaten Behandlung wiesen prämenopausale und postmenopausale Frauen, die randomisiert Tribulus Terrestris erhalten hatten, einen signifikanten Anstieg der Sexualfunktionswerte auf. Der Serumtestosteronspiegel stieg nach drei Monaten bei prämenopausalen Frauen an. Die Autoren erklärten jedoch, dass die Evidenz aus den eingeschlossenen Arbeiten schwach sei.

Tribulus Terrestris soll auch bei verschiedenen anderen Erkrankungen hilfreich sein, darunter bei Harnwegsinfektionen, Nierensteinen, Bluthochdruck, Angina pectoris, Hypercholesterinämie, Magen-Darm-Erkrankungen, Durchfall und Lebererkrankungen. Wissenschaftler haben 2022 systematisch Studien überprüft, um die Wirkung auf immunologische, hämatologische, biochemische, renale, lipidische, hormonelle und entzündungshemmende Parameter bei körperlich aktiven erwachsenen Männern zu bewerten. Bei den Teilnehmern verbesserte sich unter der Einnahme das Lipidprofil signifikant. Hämatologische Biomarker etwa für die Niere und Leber zeigten positive Veränderungen. Es wurden keine Auswirkungen auf Marker für Muskelschäden oder das Immun- oder Hormonsystem beobachtet.

Sicherheit und Qualität 

Extrakte aus Tribulus Terrestris werden zwar meistens gut vertragen, können jedoch leichte Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit oder Dyspepsie auslösen. Bei Weidetieren wurde die Pflanze mit Leberschäden in Verbindung gebracht, die als hepatogene Photosensibilisierungsreaktionen bekannt sind. Der toxische Bestandteil sind vermutlich die steroidalen Sapogenine. Diese bilden Metabolite, die lithogen, also steinbildend wirken. Bei Versuchstieren wurde daraufhin kristallines Material in und um die Gallengänge nachgewiesen, die dadurch verschlossen oder deformiert wurden.

Die Pflanze Tribulus Terrestris enthält gesundheitsbedenkliche Alkaloide, wie Harman und Norharman. Ob diese genotoxischen und mutagenen Substanzen im Extrakt vorliegen, ist unbekannt. Ebenso wies das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) 2012 in einer Stellungnahme darauf hin, dass es keine Humanstudien gibt, die unerwünschte Wirkungen systematisch untersucht haben und tierexperimentelle Studien zur Kurz- und Langzeittoxizität, Reproduktionstoxizität, Entwicklungstoxizität und Studien zur Genotoxizität fehlen ebenfalls.

Es existieren keine Erfahrungswerte, die belegen, dass eine bestimmte Menge der oberirdischen Pflanzenteile von großen Bevölkerungsgruppen über viele Jahre eingenommen nicht zu unerwünschten Wirkungen geführt haben. Wechselwirkungen mit Medikamenten sind denkbar und auch noch nicht erforscht. Es besteht zudem die Gefahr, dass Hersteller illegal und, ohne es zu deklarieren, Steroide zusetzen, um die beworbenen Wirkungen zu erzeugen. Dieses Risiko besteht vor allem bei im Internet angebotener und im Ausland produzierter Ware.

Neben all diesen Risiken ist zu bedenken, dass die mutmaßlichen wünschenswerten Wirkungen als nicht ausreichend belegt anzusehen sind. Am Extrakt interessierte Menschen tun daher gut daran, wenn sie vor der Einnahme professionellen Rat einholen, um sicherzustellen, dass es für ihre spezifischen Zwecke keine etablierten Behandlungen gibt. Nahrungsergänzungsmittel kaufen sie dann – wenn überhaupt – am besten in der Apotheke, um gesicherte Qualität zu erhalten.

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