Cashewkerne – mehr als nur Knabberspaß |
Cashewkerne sind nur nach Bedampfen und Entfernen der sie umgebenden Haut genießbar. / Foto: Adobe Stock/monticellllo
Weltweit steigt die Nachfrage nach Cashewfrüchten. Üblicher ist die Bezeichnung Cashewnuss. Botanisch gesehen handelt es sich allerdings nicht um eine echte Nuss. Vielmehr zählt die verhärtete nierenförmige Frucht zu den Schalenfrüchten. Das Besondere an ihrem Erscheinungsbild: Sie befindet sich an der Unterseite des Cashewapfels, einer sogenannten Scheinfrucht, die eigentlich ein Fruchtstiel ist. Der an eine Birne oder Paprika erinnernde Stiel ist stark verdickt und sehr viel größer als die eigentliche, nur etwa drei Zentimeter große dickschalige Frucht. Nach der Ernte lässt sich der nierenförmige Cashewkern aus der harten Ummantelung nur mit Mühe herausschälen. Die Anmutung als Anhängsel hat der ungewöhnlichen Frucht den Namen Elefantenlaus eingebracht.
Im Zuge der Erfolgsgeschichte einer zunehmend pflanzenbasierten Kost hat sich die Nachfrage nach Cashewnüssen enorm gesteigert. Laut Zahlen der Statistikplattform statista.com wurden im Jahr 2019 weltweit rund 3,96 Millionen Tonnen Cashewnüsse geerntet; Deutschland importierte etwa 60.000 Tonnen Cashews – fast dreimal so viele wie 2009. Der Wert für 2020 ist schon wieder etwas angestiegen.
Der immergrüne Cashewbaum (Anacardium occidentale) – auch Nieren-, Kaschu- oder Acajoubaum genannt – stammt ursprünglich aus Brasilien. Von dort nahmen portugiesische Seefahrer das Gewächs mit nach Afrika und Indien. Thailänder bezeichnen den mit Mango und Pistazie verwandten Baum auch als »Mango des Waldes«. Die ersten Plantagen für den gewerbsmäßigen Anbau wurden im 19. Jahrhundert angelegt. Für den Handel am Weltmarkt spielen heute Afrika und Asien, vor allem die Elfenbeinküste und Indien, die größte Rolle. Auch Indonesien und Vietnam setzen aufgrund steigender Nachfrage zunehmend auf die Cashewproduktion, andere afrikanische und asiatische Länder bauen nur kleinere Mengen an. Ein Cashewbaum bringt nach etwa drei Jahren das erste Mal Früchte hervor; erst nach sieben Jahren hat er seine maximale Tragkraft erreicht. Dann produziert er in einer Saison bis zu 15 Kilogramm an Kernen. Pro Cashewapfel kann immer nur ein einziger Kern geerntet werden. Bis heute wird der bis zu zehn Meter hohe Baum auch dazu genutzt, bestimmte Regionen vor Bodenerosion zu schützen. Denn er wurzelt tief und breit, kommt mit wenig Wasser aus und stellt nur wenig Ansprüche an Standort und Pflege.
Sind die Cashewkerne reif, fallen sie zu Boden. Etwa zwei Wochen später folgen ihre apfelartigen Fruchtstiele. Nach dem Aufsammeln müssen die Kerne vor der Weiterverarbeitung trocknen. In der Regel werden sie dazu geröstet, um leichter an das Innere zu gelangen. Auch heute wird die zwei bis drei Millimeter dicke harte Schale häufig noch in Handarbeit aufgebrochen. Denn der weiche, elfenbeinfarbene Kern ist empfindlich und für intakte, nicht gebrochene Ware sind höhere Preise zu erzielen. Sogenannter Cashewbruch ist daher deutlich günstiger im Handel. Doch nicht nur die holzige Hülle erschwert die Verarbeitung. Unter der Schale beziehungsweise in den Harzgängen zwischen Cashewfrucht und Schale befindet sich ein ätzendes Öl. Daher steht vor dem nächsten Schritt ein Röstvorgang an oder eine Behandlung über Wasserdampf, um das Öl zu entfernen. Beim Rösten entsteht jedoch ein schleimhautreizender Rauch. Für die Arbeiter ist es deshalb von Bedeutung, dass das Öl durch Bedampfen unschädlich gemacht wird. Mittels dieser Dampfdestillation kann das Öl gleichzeitig aufgefangen und genutzt werden. Die hautätzende Flüssigkeit ist reich an Phenolen und wird zur Herstellung von Bremsbelägen, für Schmiermittel, Gummi oder Farben eingesetzt. Welches Verfahren angewendet wird, erfahren die Käufer der kostbaren Ware allerdings in der Regel nicht.
Die Verarbeitung erfolgt noch heute überwiegend in Kleinbetrieben. Bei den Arbeitern – überwiegend Frauen – kommt es beim Umgang mit den Früchten häufig zu Verätzungen der Haut. Denn nach dem teilweise maschinellen Knacken der harten Schale wird die dünne Samenhaut meist noch per Hand von den Kernen geschält, bis die Cashewnuss zum Vorschein kommt. Das erklärt auch, warum Cashewkerne anders als andere Nüsse nur geschält in den Handel kommen. Die zahlreichen Arbeitsschritte und die aufwendige Gewinnung rechtfertigen den recht hohen Preis der Ware.
Auch wenn Cashewkerne keine echten Nüsse sind, werden sie in punkto Nährstoffgehalt oft mit diesen verglichen und in Nährstofftabellen bei der Lebensmittelgruppe der Nüsse und ölhaltigen Samen aufgeführt. Sie fallen in der Gruppe durch einen geringeren Fettgehalt von etwa 42 Prozent auf, der von anderen Nüssen liegt um die 60 Prozent. Bei der Zusammensetzung des Fettes überwiegt die einfach gesättigte Ölsäure, nennenswert ist mit rund 14 Prozent auch der Gehalt der Omega-6-Fettsäure Linolsäure. Der Anteil an Kohlenhydraten ist mit 25 bis 30 Prozent deutlich höher als in anderen Nüssen. Beachtlich ist zudem der Proteingehalt von bis zu 20 Prozent. Cashewkerne haben auch einiges an Vitaminen und Mineralstoffen zu bieten: besonders Vitamin B1 und Niacin sowie mit 270 Milligramm pro 100 Gramm enorm viel Magnesium. Der Mineralstoff ist unter anderem für die Funktion der Muskulatur von Bedeutung. Der hohe Proteingehalt sowie Calciumgehalt machen Cashew auch für Veganer interessant. Mit 25 Gramm der Kerne lassen sich zudem 70 Prozent des Tagesbedarfs an Kupfer decken. Auch Eisen und Zink sind mit 4,1 beziehungsweise 4,8 Milligramm pro 100 Gramm in beachtlichen Mengen vorhanden.
Gehalt pro 100 g Cashew | |
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Energie | 578 kcal |
Kohlenhydrate | 30,5 g |
Proteine | 17,5 g |
Fette | 42,2 g |
Ballaststoffe | 2,9 g |
Calcium | 31 mg |
Magnesium | 270 mg |
Vitamin B1 | 0,63 mg |
Vitamin B2 | 0,25 mg |
Bemerkenswert ist darüber hinaus die hohe Konzentration von 450 Milligramm an Tryptophan in 100 Gramm, einer unentbehrlichen Aminosäure. Sie dient im Körper als Vorstufe für den wichtigen Botenstoff Serotonin, der unter anderem für die Stimmung von Bedeutung ist und aus dem das Schlafhormon Melatonin gebildet wird. Tryptophan-reichen Lebensmitteln wird daher eine positive Wirkung auf den Schlaf nachgesagt, ein tatsächlicher Effekt ist aber nicht eindeutig belegt. Auch ein Effekt auf Depressionen durch den Konsum von Tryptophan-haltigen Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungen lässt sich mangels aussagekräftiger Studien wissenschaftlich bislang nicht klar nachweisen. Wechselwirkungen mit Medikamenten, die den Serotoninspiegel beeinflussen, sind nur bei hohem und regelmäßigem Genuss von Cashewkernen denkbar.
Wie andere Nüsse auch, sind Cashewkerne zudem gute Quellen für Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Zu letzteren zählen die Phenolsäuren, denen Forscher antikanzerogene, antimikrobielle und antioxidative Wirkungen zuschreiben. Die enthaltenen Phytosterine können sich günstig auf den Cholesterolspiegel auswirken. Aufgrund der Fülle an Nährstoffen räumen Ernährungswissenschaftler Nüssen und Ölsaaten inzwischen eine höhere gesundheitliche Bedeutung in der täglichen Ernährung ein. So haben Studien gezeigt, dass der regelmäßige Verzehr den Cholesterolspiegel senkt und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert. Daran beteiligt ist unter anderem der hohe Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Der empfohlene Verzehr von rund 25 Gramm am Tag wirkt sich offenbar auch nicht ungünstig auf das Körpergewicht aus. Im Gegenteil: Gründe sind vermutlich die gute Sättigungswirkung von kauintensiven Nüssen und Kernen. Zudem werden die enthaltenen Fette vom Körper offenbar nicht so gut verwertet wie bei vergleichbar energiedichten Lebensmitteln. Voraussetzung für die positiven Gesundheitseffekte ist allerdings, dass Nüsse und Kerne nicht in Fett geröstet und gesalzen oder in gesüßter Form als Knabberzeug konsuliert werden.
Cashews sind nicht nur wertvolle pflanzliche Nährstofflieferanten, sie lassen sich zudem enorm vielseitig nutzen. Die Kerne schmecken pur oder als Bestandteil von Müsli und Studentenfutter ebenso wie als Zutat im Salat. Der angenehme, leicht buttrige Eigengeschmack harmoniert mit einer Reihe von Gewürzen, wodurch sie ganz unterschiedliche Zubereitungen bereichern. Sie passen in Gemüsegerichte wie thailändische Currys oder sorgen für eine nussige Note im Risotto. In einer trockenen Pfanne kurz angeröstet, verstärkt sich das nussige Aroma. Die helle Farbe der Kerne verfärbt sich durch das Rösten ins Goldgelbe und sie gewinnen noch an Biss. Im Handumdrehen lässt sich aus gemahlenen Kernen ergänzt um Kräuter, geriebenen Käse und Öl ein Pesto herstellen und Brot- oder Kuchenteig geschmacklich aufwerten. Die bissfeste, aber dennoch recht weiche Konsistenz macht sie zudem in der Verarbeitung zu Schoko- oder Energieriegeln beliebt. In Wasser oder Pflanzendrink eingeweicht und aufgequollen, lassen sich aus Cashew darüber hinaus in einem üblichen Mixer pflanzlicher Milch- oder Sahneersatz, Soßen, Dips oder Brotaufstriche zubereiten.
Im Handel wächst das Angebot an veganen Produkten und so sind in gut sortierten Supermärkten und Bioläden zahlreiche Produkte auf Basis der Cashewkerne im Regal. Angefangen von Cashewmus als Brotaufstrich oder Soßenzutat, über »Cashewhurt« als Joghurtalternative, Cashew-Pflanzendrink als Milchersatz bis hin zum veganen Frischkäse, Parmesan oder Mozzarella reicht die Vielfalt der Zubereitungen aus den beliebten Kernen. Auf Camembert auf Basis fermentierter Cashewkerne hat sich ein deutsches Unternehmen in Cuxhaven spezialisiert. Die verwendeten Kerne stammen aus biologischem Anbau in Vietnam. Trotz des weiten Transportwegs sind die Hersteller vom positiven Effekt hinsichtlich des Klimawandels überzeugt. Denn aus einem Kilogramm Cashews entstehen zwei Kilogramm pflanzlicher Käse. Um ein Kilogramm Käse aus Kuhmilch herzustellen, sind dagegen rund zwölf Liter Milch nötig. Daher punktet der pflanzliche Käseersatz beim Vergleich der Emissionen von Treibhausgasen. Der Geschmack ist zwar nicht wirklich mit den Originalprodukten aus tierischen Zutaten vergleichbar, aber das Durchprobieren der reichhaltigen Produktplatte lohnt auf jeden Fall.
Der birnengroße Cashewapfel ist ebenfalls essbar und hat überdies allerhand Nährstoffe zu bieten. So ist er reich an Vitamin C, anderen Antioxidanzien und Tanninen. Das süß-säuerliche, saftige Fruchtfleisch liegt im Geschmack zwischen Äpfeln und Ananas. Allerdings verderben die gelborange bis roten dicken Fruchtstiele schnell. Vielerorts fehlt die nötige Ausstattung für eine zügige Verarbeitung, sodass jedes Jahr große Mengen reifer Cashewäpfel auf den Plantagen verrotten. Nur in wenigen Regionen verarbeiten die Kleinbauern sie zu Marmelade, Saft, Wein oder Spirituosen weiter. Vereinzelt lassen sich im Internet getrocknete oder pürierte Fruchtstiele finden, auch Saft oder Konfitüren sind online erhältlich. In der eigentlichen Heimat Brasilien ist ein gegorenes Getränk namens Cajuína aus den Kernen bekannt, das angeblich medizinisch wirken soll. In Indien wird Kaschu-Schnaps sowie Wein hergestellt.
Das Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften der Universität Bonn hat bereits vor Jahren die sogenannte antioxidative Kapazität des Cashewapfels untersucht, um den marktwirtschaftlichen Nutzen einer Vermarktung zu ermitteln. Diese Analyse gibt Auskunft über die Fähigkeit, beispielsweise freie Radikale im Organismus abzufangen und vor oxidativem Stress zu schützen. Erste Ergebnisse ermittelten einen ähnlich hohen Wert wie bei demjenigen von Heidelbeeren. Dennoch wird diese ernährungsphysiologisch durchaus wertvolle Zusammensetzung bis heute kaum genutzt. Bislang stecken solche Bestrebungen noch in den Kinderschuhen.
Trotz des höheren Preises lohnt es sich, biologisch angebaute und fair gehandelte Erzeugnisse zu kaufen. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Mehr als die Hälfte der weltweiten Rohproduktion, das heißt die noch ungeöffnete Cashewfrucht, stammt aus Afrika. Gleichzeitig finden jedoch mehr als 90 Prozent der Weiterverarbeitung und die damit verknüpften Arbeitsplätze und Gewinne außerhalb afrikanischer Länder statt – seit Anfang des 20. Jahrhunderts hauptsächlich in Indien. In Asien ist es offenbar gelungen, bessere Strukturen für die Weiterverarbeitung und den internationalen Handel aufzubauen. Ökologisch gesehen ist der zusätzlich Transport zwischen Ernte und Verarbeitung ein echtes Manko. So legen die leckeren Kerne Tausende von Kilometern zurück, bis sie hierzulande in den Regalen der Supermärkte stehen. Nicht nur für das Klima, auch für die afrikanischen Kleinbauern wäre es sinnvoller, wenn die Verarbeitung vermehrt vor Ort stattfinden würde. Entwicklungsorganisationen setzen daher zusammen mit staatlicher Förderung auf eine Unterstützung afrikanischer Cashewbauern, deren Ernteerträge bislang oft unter ihren Möglichkeiten liegen. Die derzeit große Nachfrage ist eine Chance, vor Ort Arbeitsplätze zu schaffen und den Kleinbauern einen Weg aus der Armut zu ermöglichen.
Seit 2009 unterstützt die Competitive Cashew Initiative Produzenten in fünf afrikanischen Ländern: Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Mosambik und Ghana. In der Initiative haben sich mehr als 100 öffentliche und private Partner zusammengeschlossen – darunter auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Die zahlreichen Produkte auf Basis der buttrigen Kerne sind sicher einen Geschmackstest wert. Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind Cashewkerne in möglichst unverarbeiteter Form allerdings der gesündere Snack. Da Cashewkerne trotz des etwas niedrigeren Fettgehalts relativ leicht verderblich sind, sollte man keine allzu großen Vorräte anlegen. Gut aufbewahren lassen sie sich in gut schließenden Behältnissen, die kühl, trocken und lichtgeschützt lagern. Trotz des höheren Preises lohnt es sich, biologisch angebaute und fair gehandelte Erzeugnisse zu kaufen. Denn auf Bioplantagen profitieren die Bauern von besonderen Sozialleistungen und einem fairen Preis. Das Wissen um die Hintergründe der aufwendigen Ernte macht einen bewussten Genuss umso wertvoller.
Nüsse und Schalenfrüchte gehören zu den Lebensmitteln, die bei empfindlichen Menschen Allergien auslösen können und daher auf Verpackungen deklariert werden müssen. Unter den zwölf wichtigen Arten von essbaren Nüssen, zu denen auch die Cashewnuss gezählt wird, lösen Cashews mit am häufigsten eine Reaktion aus. Die Hauptallergene des Kerns sind Samenspeicherproteine wie bestimmte Albumine und Globuline. Eine amerikanische Studie zeigte in einem Patientenkollektiv von Nussallergikern, dass eine Reaktion auf Cashew die zweithäufigste IgE-vermittelte Baumnussallergie war. Unter 82 Betroffenen reagierten 44 Prozent auf Cashew allergisch. Bei einem Vergleich zwischen Kindern, die entweder auf Erdnüsse oder Cashewnüsse allergisch reagierten, löste die Cashew-Allergie besonders schwere Reaktionen aus. Experten wiesen auch nach, dass Allergiker oft gegen Cashew und gleichzeitig Pistazien überempfindlich reagieren. Wer auf andere Nussarten allergisch ist, sollte daher bei Cashewkernen vorsichtig sein. Eine Allergie gegen Cashewkerne kommt allerdings verhältnismäßig selten vor, die teilweise heftigen Symptomen sollten aber nicht unterschätzt werden.