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Tropenkrankheiten

Chikungunya: Harmlos bis tödlich

In Zeiten der Globalisierung und Klimaveränderung breiten sich auch Tropenkrankheiten in Ländern der gemäßigten Klimazone aus, in die bisher nur Einzelfälle durch Touristen importiert worden waren. Das Chikungunya-Fieber hat vor einigen Jahren Europa erreicht, so dass Einheimische und Urlauber jetzt auch im Mittelmeerraum während der Sommermonate mit der Gefahr dieser Erkrankung rechnen müssen. Vorbeugung ist alles, da es weder eine Impfung noch eine kausale Therapie gibt
AutorKontaktEdith Schettler
Datum 19.06.2019  17:00 Uhr

Die Chikungunya-Erkrankung gehört zu den von Insekten übertragenen Infektionskrankheiten. Sie kommt vor allem in den tropischen und subtropischen Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas vor und dort vor allem in Gebieten mit dichter Besiedelung. Die tropischen Stechmücken wählen ihre Brutplätze in stehendem Wasser, wobei ihnen eine kleine Pfütze wie in weggeworfenen Dosen und alten Autoreifen oder in Astgabeln und großen Blättern schon genügt. Die Mücken brüten deshalb bevorzugt in Städten, in Parks oder auf Müllhalden. Gesundheitsämter der betroffenen Gebiete klären die einheimische Bevölkerung regelmäßig über den Vermehrungszyklus der Mücken auf und rufen dazu auf, keine Gefäße achtlos stehen zu lassen oder beispielsweise die Untersetzer von Blumentöpfen umgehend zu leeren, sobald sich Wasser in ihnen ansammelt. Dieser Aufwand dient jedoch weniger der Chikungunya-Prophylaxe, sondern vor allem dazu, die Ausbreitung des Gelbfiebers zu verhindern, für die die gleichen Stechmücken verantwortlich sind.

Während der Erreger des Gelbfiebers vorwiegend von einer speziellen Mückenart, der Gelbfiebermücke (Stegomyia oder Aedes aegypti), übertragen wird, ist das Chikungunya-Virus bei der Wahl seines Transporters weniger wählerisch. Es nimmt mit den Vertretern verschiedener Stechmücken-Gattungen vorlieb, wissenschaftlich gesichert ist die Verbreitung durch Malaria- (Anopheles) und Gelbfieber-Mücken. Auch die Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist möglich, wenn auch sehr selten, ebenfalls eine Ansteckung des ungeborenen Kindes durch eine Infektion der Mutter. Für die bisher in Europa registrierten Fälle der Jahre 2007 und 2017 ist das Virus in der ursprünglich in Ostasien beheimateten Asiatischen Tigermücke (Stegomyia bzw. Aedes albopticus) nachgewiesen worden.

Der gebeugte Mann

Die Inkubationszeit nach dem Stich einer infizierten Mücke beträgt zwei bis zwölf Tage. Neben rasch ansteigendem, hohem Fieber sind vor allem starke beidseitige Gelenkschmerzen typisch, die es den Betroffenen fast unmöglich machen, sich aufrecht zu halten. Dieses Leitsymptom gab der Krankheit auch den Namen »Chikungunya«, was in der Sprache eines Volksstammes in Tansania so viel wie »gebeugt gehender Mann« bedeutet. Zusätzlich zu Fieber und Gelenkschmerzen können sich Kopf- und Muskelschmerzen, Lymphknotenschwellungen, Übelkeit, Mattigkeit (Fatigue) und punktuelle Haut- und Schleimhautblutungen einstellen. Etwa die Hälfte der Betroffenen leidet an Hautausschlägen und Bindehautentzündungen.

Nach etwa drei Tagen geht das Fieber zurück, typischerweise folgt noch ein kurzer zweiter Fieberschub. Die restlichen Symptome klingen bei der überwiegenden Zahl der Betroffenen im Laufe weniger Wochen meist folgenlos ab. Manche Patienten haben auch keinerlei Beschwerden und spüren von ihrer Infektion gar nichts, während bei jedem zehnten bis zwanzigsten Patienten die Gelenkschmerzen über Jahre bestehen bleiben. Andere hingegen erleiden schwerwiegende Infektionen der inneren Organe. Gefürchtete, wenn auch seltene Komplikationen sind Entzündungen der Leber, des Herzmuskels und des Perikards, Hirnhautentzündungen und neurologische Schäden. In äußerst seltenen Fällen kann ein hämorrhagisches Fieber hinzukommen. Nach überstandener Erkrankung ist der Patient lebenslang immun gegen den Erreger.

Ein charakteristisches Symptom ist die Schmerzhaftigkeit der Handgelenke, die aber nicht bei allen Chikungunya-Patienten auftritt. Eindeutig ist der Nachweis der Viren-RNA direkt im Blut oder in Zellkulturen, der jedoch nur in den ersten drei bis fünf Tagen der Erkrankung möglich ist. Ab achtem bis zehntem Krankheitstag sind dann spezifische Antikörper im Blut nachweisbar.

Diese Labortests sind nur in Speziallabors mit einer bestimmten Sicherheitsstufe möglich. Im Falle eines positiven Testergebnisses muss das Labor die Erkrankung namentlich an die Behörde melden.

Weit verbreitet

Der erste Ausbruch der Krankheit, die stets epidemieartig auftritt, wurde im Jahr 1952 in Tansania und Uganda verzeichnet. Die Viren schlummern in einem so genannten Erregerreservoir, von dem die Ausbrüche in Abständen ausgehen. In diesem Fall machten die Wissenschaftler Affen und Nagetiere als Wirte ausfindig.

Von Ostafrika breitete sich die Erkrankung sowohl nach Westen bis an den Atlantik als auch nach Osten aus, wo sie zunächst Thailand erreichte und dann bis ins tropische Südostasien wanderte. Zusammen mit der Asiatischen Tigermücke hat der Erreger auch Inseln im Pazifik und Indischen Ozean erreicht. Forscher beobachteten, dass die Bevölkerung einiger dieser Länder, vor allem in Asien, bei Eintreffen der Krankheit bereits immun gegen das Virus war und schlussfolgern daraus, dass es dort schon zuvor nicht dokumentierte Epidemien gegeben haben muss.

Bis ins Jahr 2007 war Europa frei von Chikungunya, die Behörden hatten lediglich von Touristen importierte Einzelfälle dokumentiert. In der italienischen Provinz Ravenna erkrankten im Sommer 2007 knapp 200 Personen an der Krankheit, die sich in der Mehrzahl niemals in Chikungunya-Gebieten aufgehalten hatten. Mittlerweile hat sich die Asiatische Tigermücke in Südeuropa so weit verbreitet, dass zumindest in den Sommermonaten immer wieder Ausbrüche möglich sind. Seit dem Jahr 2013 ist die Krankheit auch auf dem amerikanischen Kontinent angekommen. Im Jahr 2014 zählte das Robert-Koch-Institut in Deutschland daraufhin 162 vorwiegend aus der Karibik importierte Fälle, 2017 waren es nur noch 33. 

Therapie nur symptomatisch

In den USA war in den 1980er-Jahren im Rahmen der Biowaffenforschung ein Impfstoff gegen das Chikungunya-Virus entwickelt worden, der auf Grund gravierender Nebenwirkungen nie die Marktreife erlangte. Gegenwärtig arbeiten US-amerikanische und französische Forscher an neuen Impfstoffen, wobei das US-Vaccine Research Center mit einem virus like particle derzeit eine neue, DNA-freie Variante aus dem Hüllenmaterial des Virus erprobt. Da es bislang auch noch keine antivirale Therapie gibt, raten Tropenmediziner bei einem Aufenthalt in den betroffenen Regionen zu konsequentem Mückenschutz mit Repellentien und Moskitonetzen. Die Behandlung der Erkrankung erfolgt symptomatisch mit schmerzstillenden und fiebersenkenden Arzneimitteln, wobei der Einsatz von ASS wegen der Blutungsgefahr kontraindiziert ist.

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