Chlorhexidinsalze – verwandt, aber verschieden |
Die Rezeptur zu zweit besprechen, das kann auch beim Einsatz von Chlorhexidinsalzen sinnvoll sein. / Foto: ABDA
Nach der Begrüßung durch die Apothekenleiterin steigt diese auch direkt in die Thematik des Abends ein. »Welche Gemeinsamkeiten haben diese beiden Arzneistoffe?«, fragt sie und fixiert zwei blaue Karten mit den Begriffen Chlorhexidindigluconat und Chlorhexidindiacetat an die Pinnwand. PTA Jana antwortet: »Ich kenne nur Chlorhexidindigluconat, das als 20-prozentige Lösung zur Verfügung steht. Warum gibt es die Substanz nicht in fester Form?«, möchte sie wissen. Die Teamleiterin dazu: »Chlorhexidindigluconat löst sich in gereinigtem Wasser, aber leider sehr langsam. Deshalb wird das flüssige Rezepturkonzentrat eingesetzt.«
»Ich beobachte bei der Herstellung, dass Basiscreme DAC bei Anwesenheit des Antiseptikums weicher wird«, sagt PTA Hannes. Die Teamleiterin bestätigt: »Das ist eine wichtige Beobachtung. Denn das antiseptisch wirksame Chlorhexidindigluconat ist grenzflächenaktiv, so dass hydrophile Cremes weicher werden«. Sie fragt nach, wie der Kollege die Creme herstellt. Hannes antwortet: »Wie immer – Wirkstoff vorlegen und die Creme in kleinen Anteilen zur Basiscreme ergänzen«. Die Teamleiterin erwidert: »Da der einzuarbeitende Wirkstoff eine Flüssigkeit darstellt, wird sie zum Schluss der Rezepturanfertigung zugegeben«.
Weiter konkretisiert sie, dass sich die Prozentanagabe des flüssigen Wirkstoffes auf Masse pro Volumen bezieht. »Es heißt korrekt Chlorhexidindigluconat-Lösung 20 % m/V beziehungsweise Chlorhexidindigluconat-Lösung 200 g/L. Das erklärt auch, warum 2,66 Gramm beziehungsweise 5,33 Gramm Chlorhexidindigliconat-Lösung für die 0,5-prozentige beziehungsweise 1-prozentige Hydrophile Chlorhexidindigluconat-Creme einzuwiegen sind.« Sie ergänzt, dass dies bei Bedarf in der Vorschrift NRF 11.116 nachlesbar sei. Abschließend meint sie: »Und auch bei diesem flüssigem Rezepturkonzentrat ist ein Einwaagekorrekturfaktor bei Werten größer oder gleich 1,020 zu berücksichtigen«.
PTA-Praktikant Ben meldet sich etwas verhalten zu Wort: »In der PTA-Schule haben wir mit Symbolen gearbeitet. Alle Wirkstoffe, die grenzflächenaktiv sind, haben wir mit einem Emulgator-Zeichen auf dem Standgefäß gekennzeichnet. So ist visuell bei der Herstellung der Rezeptur die Grenzflächenaktivität erkennbar«. PTA Jana ist von dieser Idee begeistert und meint: »Das werde ich in meiner Apothekenrezeptur auch so handhaben! So eine einfache, aber doch so sinnvolle Symbolisierung«. Die Teamleiterin fragt: »Ja, aber in welche Richtung emulgiert der Arzneistoff Chlorhexidindigluconat?«. Sie greift die Idee von Herrn Nolte auf und sucht den blauen sowie gelben Stift auf der Ablage des Flipcharts.
Während sie ein entsprechendes Emulgatorsymbol zeichnet, erklärt sie: »Das große blaue Köpfchen symbolisiert die hydrophile Seite des grenzflächenaktiven Wirkstoffes und der schmale sowie gelbe Strich den lipophilen Part. Und die Sache ist die: Wird zur halbfesten O/W-Emulsion ein grenzflächenaktiver Wirkstoff gegeben, wie in unserem Fall 20-prozentige Chlorhexidindigluconat-Lösung, so emulgiert dieser Arzneistoff mit. Heiß konkret: Hydrophile Cremes wie Basiscreme DAC werden weicher. Das ist keinesfalls als Qualitätsminderung zu interpretieren«, betont sie. Solange die halbfeste Konsistenz erhalten bleibt, sei die antiseptisch wirksame Creme verkehrsfähig.
»Aber aufgepasst – leider verfärben sich die nichtionische Creme DAB sowie die entsprechende SR/DAC-Variante bei Anwesenheit von Chlorhexidindigluconat. Ursache ist das Konservierungsmittel Sorbinsäure beziehungsweise das Pärchen Kaliumsorbat und wasserfreie Citronensäure. Auch der Ausschluss von Licht verhindert die Reaktion nicht. Dann ist eine nicht ionische hydrophile Creme DAB oder DAC/SR ohne Konservierung oder die Variante mit Propylenglycol einzusetzen«. Laut Kenntnis der Teamleiterin ist nur die nicht ionische hydrophile Creme SR ohne Konservierung von der Firma apomix verfügbar.
Eine weitere wichtige Information für alle Stammtischmitglieder ist folgende: Alle lipophilen Cremes brechen sofort bei Anwesenheit von Chlorhexidindigluconat. Das Team des Stammtisches zählt die W/O-Dermatika auf: Wollwachsalkoholcremes DAB sowie die SR-Variante, Wollwachsalkoholcremes DAC und auch die moderne hydrophobe Basiscreme DAC zählen dazu.
Nach diesen aufschlussreichen Informationen befasst sich die Gruppe mit dem Chlorhexidindiacetat. Sie erarbeiten gemeinsam, dass es sich um einen Feststoff handelt, der überwiegend als Konservierungsmittel eingesetzt wird, aber auch bei Kühlcreme DAB als Wirkstoff. Die Teamleiterin erläutert, warum das so ist: »Die emulgatorfreie Kühlcreme DAB wird nur mechanisch stabilisiert. Die quasi-W/O-Creme enthält feste Bestandteile wie Bienenwachs und das Cetylpamitat als rückfettendes Verdickungsmittel. Bei Anwesenheit von Chlorhexidindigluconat-Lösung bricht sie deshalb sofort. Aber die gute Botschaft: Der Feststoff Chlorhexidindiacetat ist stabil in dieser emulgatorfreien Quasiemulsion«.
Die Substanz ist als mikrofeines Pulver zu verarbeiten. Leider ist kein flüssiges Anreibemedium genannt. Doch es können problemlos mittelkettige Triglyceride verwendet werden. Aber nicht vergessen – Diese Zutat ist namentlich auf dem Etikett zu ergänzen, da es nicht Bestandteil der Kühlcreme DAB ist. Abschließend wird allen Stammtischmitgliedern noch mitgeteilt, dass diese Rezeptur in einem Projekt der Bundesapothekerkammern von Apothekern gemeinsam mit Dermatologen erarbeitet wurde. Die Teamleiterin erklärt: »Die Kühlcreme DAB ist beliebt bei den Ärzten. Sie erfüllt die modernsten Ansprüche der Dermatologie wie Abwesenheit von Emulgatoren sowie von Konservierungsmitteln oder anderen Stabilisatoren«.
PTA-Praktikant Ben macht darauf aufmerksam, dass leider alle anionischen Cremes bei Anwesenheit von gelösten Chlorhexidinsalzen brechen. Denn sie zählen zu den kationenaktiven Stoffen und treten in Wechselwirkung mit den anionischen Emulgatoren. »So wird dem O/W-System der Emulgator entzogen und die Wasserphase trennt sich von den Fetten. Das sieht tatsächlich aus wie frischer Quark und nimmt auch dessen feste Konsistenz an«, weiß Ben zu berichten.
NRF Vorschrift oder Empfehlungen von Fachkreisen | Indikation | Rezeptur | Primärverpackung und Aufbrauchsfrist |
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Hydrophile Chlorhexidindigluconat-Creme 0,05 %/1 % (NRF 11.116) Es ist eine Defekturprüfanweisung veröffentlicht |
Als Antiseptikum bei oberflächlichen Schürf-, Riss-, Platz- und Kratzwunden, Ekzeme, die eine Superinfektion mit Staphylococcus aureus aufweisen, insbesondere bei atopischem Ekzem |
2,66 g oder 5,33 g Chlorhexidindigluconat Lösung 200 g/l Basiscreme DAC zu 100,0 g |
Aufbrauchsfrist und Laufzeit: Spenderdose 6 Monate/Tube 1 Jahr |
Hydrophile Triamcinonacetonid-Creme 0,025 %/0,05 %/0,1 % mit Chlorhexidindigluconat 1 % (NRF 11.136.) |
bei entzündlichen Infektionen der Haut insbesondere bei Superinfektionen mit Staphylococcus aureus bei atopischem Ekzem (Neurodermitis) je nach Therapieschema können die Anwendungsintervalle und -dauer variieren |
0,025 % Triamcinolonacetonid, mikrofein oder 1,25 g Rezepturkonzentrat 2 % mit weißer Vaseline 5,33 g Chlorhexidindigluconat Lösung 200 g/l Basiscreme DAC zu 100,0 g |
Aufbrauchsfrist und Laufzeit: Spenderdose 6 Monate/Tube 1 Jahr |
Lipophile Chlorhexidinacetat-Creme 0,25 % Projekt der Bundesapothekerkammer Qualitätszirkel Apotheker – Dermatologen |
Als lipophiles Antiseptikum mit kühlendem Effekt beim Brechen der Quasi-Emulsion |
Chlorhexidindiacetat 0,25 g Kühlcreme DAB zu 100,0 g |
Aufbrauchsfrist: 1 Monat |
Die Teamleiterin erklärt den Stammtischmitgliedern: »Die Herstellung der ethanolischen Chlorhexidindigluconat-Lösung 0,5 %/1 % (NRF 11.126.) ist wirklich simpel: 2,66 g beziehungsweise 5,33 g Chlorhexidindigluconatlösung (200 g/l) wird mit Hilfe eines Glasstabs sorgfältig in einem hohen Becherglas eingewogen und mit Ethanol 70 Prozent (V/V) zu 100 Gramm ergänzt«. Jana möchte wissen, warum man ein hohes Becherglas verwendet. »Das dient der genaueren Einwaage des flüssigem Wirkstoffkonzentrats«, erläutert die Apothekerin. »Denn jede Waage ermittelt das tatsächliche Gewicht der aufgelegten Substanz genauer im Zentrum des Wägetellers. Wird ein breites Becherglas mit passendem Glasstab tariert, so greift das sogenannte Randphänomen. Die Belastung wird großzügig bis zur Außenseite des Wägetellers verteilt. Und dadurch weicht das tatsächliche Gewicht nicht unerheblich vom tatsächlichen Wert ab.«
Sie fragt: »Beim Reinigen der Waagen ist Euch doch sicherlich aufgefallen, dass rückwärtig auf dem Wägeteller lediglich ein kleiner Metalldorn mittig angebracht ist?«. Alle Teammitglieder nicken. »Bei Belastung taucht dieser Dorn in die Magnetspule der elektronische Waage und zeigt dann das Gewicht an. Steht das Becherglas nicht genau über diesem Metalldorn, so reduziert sich die Genauigkeit der Massenerfassung«.
Zum Schluss wird besprochen, dass die ethanolische Chlorhexidindigluconat Lösung 0,5 % / 1 % (NRF 11.126.), verpackt in einer Braunglasflasche sechs Monate lang verwendet werden kann. Die Stammtischmitglieder erfahren, dass dieses flüssige Chlorhexidin-haltige Dermatikum für umstrittene und bedenkliche Wirkstoffe als sinnvolle Ersatzrezeptur empfohlen wird. Es ersetzt den Fabry Spiritus und auch die Castellanische Lösung, die beide unter anderem das toxikologisch relevante Resorcin sowie Phenol enthalten. Resorcin zählt zu den obsoleten Wirkstoffen, und Phenol ist sogar ein bedenklicher Wirkstoff. Dabei ist es unerheblich, ob es auf der Haut oder der Mundschleimhaut appliziert wird.
Am Ende ihrer Sitzung thematisiert der Stammtisch eine Mundspülung mit Chlorhexidindigluconat. Die Teamleiterin fragt: »Ist Euch aufgefallen, dass die Mundspüllösung viel niedriger konzentriert ist als die Dermatika?« Fragend sehen sich die Teammitglieder an und schütteln den Kopf. Die Apothekerin betont: »Lediglich 0,532 g beziehungsweise 1,064 g Chlorhexidindigluconat-Lösung sind für die 0,1- beziehungsweise 0,2-prozentige Mundspüllösung abzuwiegen. Bei den Dermatika waren es 2,66 g beziehungsweise 5,33 g Chlorhexidindigluconatlösung (200 g/l)«.
Weiter erklärt sie, dass das Pfefferminz-Farbmittel-Konzentrat »Blau« (Vorschrift S.21) die Compliance des Anwenders erhöht. »Denn der erfrischende Geschmack nach Pfefferminz und auch die schwache Blaufärbung erhöhen die Akzeptanz der Mundspülung. Auch nicht unerheblich: die süß schmeckende Sorbitol-Lösung 70 Prozent (nicht kristallisierend) überdeckt den bitteren Geschmack der Mundspüllösung. Auch das erhöht die Therapietreue extrem«.
PTA Hannes fragt: »Wie soll denn diese Zubereitung angewendet werden«? Die Teamleiterin antwortet: »Es ist ein graduierter Dosierbecher mit 25 oder 30 ml Volumen aus Polypropylen oder Polyethylen hoher Dichte mitzugeben. Der ist käuflich erwerbbar bei den Firmen iphas, wepa apothekenbedarf oder Z & K«. Erstaunt fragt Hannes weiter: »Wo finden Sie denn diese Informationen«? Die Apothekerin antwortet, dass in der blauen Bibel des NRF die Lieferanten zu finden sind. Mit einem Klick auf den Bezugsquellenhinweis in der NRF-Vorschrift lande man auf einer tabellarischen Liste, die alle Packmittel und Applikationshilfen alphabethisch aufliste.