Cholesterolspiegel senken |
Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl ergänzen die Therapie mit Statinen und senken das kardiovaskuläre Risiko. / Foto: Shutterstock/Africa Studio
Cholesterol ist für den menschlichen Körper unentbehrlich. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Bildung von Hormonen wie unter anderem Testosteron und Cortisol, und es ist ein wesentlicher Baustein der Zellwände. Den größten Teil seines Cholesterolbedarfs stellt der Körper in der Leber, dem Gehirn und dem Darm selbst her, einen kleineren Teil nimmt er mit der Nahrung auf. Enthält die Nahrung zu viel davon oder ist die Eigenproduktion von Cholesterol genetisch bedingt gesteigert, kann sich das in einem erhöhten Cholesterolspiegel und damit auch einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen niederschlagen, berichtet Dr. Katrin Gebauer, Oberärztin und Fachärztin für Innere Medizin und Angiologie am Universitätsklinikum Münster: »Cholesterol ist bei Herz-Kreislauf-Krankheiten ein sehr wichtiger Faktor.«
Cholesterol wird auch als »Blutfett« bezeichnet, obwohl das chemisch nicht ganz korrekt ist. Ebenso wie Fett löst sich Cholesterol nicht in Wasser oder Blut. Zum Transport durch Arterien und Venen wird es deshalb in der Leber in winzige Pakete verpackt, die nach ihren Hauptbestandteilen »Lipoproteine« genannt werden. Je nachdem, wie dicht diese Transport-Lipoproteine angeordnet sind, unterscheiden sie sich in mehrere Typen.
LDL (Low-Density-Lipoprotein oder Lipoprotein niedriger Dichte) transportiert Cholesterol aus der Leber in den Körper. Da ein hoher LDL-Wert – ebenso wie ein hoher Wert an Triglyceriden - mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht, steht LDL gemeinhin für »schlechtes« Cholesterol.
Das HDL (High-Density-Lipoprotein oder Lipoprotein hoher Dichte) transportiert Cholesterol aus dem Gewebe zurück zur Leber. Ein hoher HDL-Wert galt lange als schützender Faktor vor Gefäßverkalkungen, dieser Zusammenhang lässt sich aber durch neuere Untersuchungen nicht bestätigen. »Verrechnen« lassen sich die beiden Lipoprotein-Typen daher nicht, warnt Gebauer. »Ein hoher HDL-Wert gleicht einen hohen LDL-Wert nicht aus.«
Der Grund, weshalb ein erhöhter LDL-Wert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vergrößert: Bei den meisten Menschen finden sich in den Innenwänden der Blutgefäße kleine Entzündungsherde – im Alter tendenziell häufiger, auch der persönliche Lebensstil und andere Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck und eine Zuckerkrankheit spielen dabei eine Rolle. Bei Menschen mit hohem LDL-Cholesterol nehmen die Entzündungszellen mehr Cholesterolpartikel auf, die sich dann an der Gefäßwand anlagern. Das schwächt die Gefäßwände, sie können einreißen. Kommt das Blut dann plötzlich mit der cholesterolreichen, nicht löslichen Ablagerung in Kontakt, kann sich ein schorfähnliches Gerinnsel bilden und eventuell einen Infarkt in Herz oder Hirn auslösen. Kleine Gerinnsel haben dagegen zunächst keine spürbaren Folgen. Aber sie können Verkalkungen und Narben verursachen, die langfristig das Gefäß verengen oder verhärten, also zu einer Arteriosklerose führen. Entzündungen an Arterienwänden können sich überall im Körper bilden. Besonders ungünstig sind sie in den großen Arterien, die das Gehirn und das Herz versorgen.
Eine ausgewogene und vollwertige Ernährung mit Betonung auf frischem Gemüse, Obst, Salaten, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Fisch, Nüssen sowie gesunden pflanzlichen Ölen mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Oliven-, Raps- oder Leinöl wirkt einem erhöhten LDL-Spiegel entgegen, betont die Angiologin. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung empfiehlt in ihrer Leitlinie die »Verminderung der Aufnahme von trans- (also durch Verarbeitung des Lebensmittels mit Wasserstoff angereicherten) und gesättigten Fettsäuren wie sie beispielsweise in frittierten Lebensmitteln und Backwaren enthalten sind«.
Als förderlich sieht Gebauer auch die Aufnahme vieler Ballaststoffe, die zur einer Bindung von cholesterolhaltigen Gallensäuren im Darm führen und somit auf natürliche Weise eine Senkung des LDL-Spiegels erwirken. Phytosterol- haltige Lebensmittel wie etwa Pflanzenöle, Gemüse, Obst, Getreide und Hülsenfrüchte haben ebenso einen positiven Effekt auf den LDL-Wert. Rotschimmelreis (Rot fermentierter Reis) enthält Monacolin K, welches sehr ähnlich dem Lovastatin ist. Zwar lässt sich durch den Rotschimmelreis der LDL-Spiegel in geringem Maße beeinflussen, jedoch sind im Rahmen der Produktion Verunreinigungen mit Toxinen häufig. Die sicherere Alternative stellt in jedem Fall ein zugelassenes Statin dar.
Grundsätzlich haben an erster Stelle auch die Reduktion von Übergewicht und regelmäßige körperliche Betätigung (≥ 30 min täglich) ihre Bedeutung und sollten vor einer Pharmakotherapie angestrebt werden. Eine besonders positive Wirkung auf Blutfettwerte und Herzschutz sei für hochgereinigte Omega-3-Fettsäuren (Eicosapentaensäure) belegt, welche bei erhöhten Triglyceriden und hohem kardiovaskulären Risiko zusätzlich zu einer Statintherapie zum Einsatz kommen, betont Gebauer. »Sie senken das Herzinfarktrisiko signifikant.«
Wenn gesunde Ernährung, Bewegung und Gewichtsreduzierung nicht ausreichen, um das Herz-Kreislauf-Risiko wirksam zu senken, ist meist eine Behandlung mit Medikamenten angezeigt. Menschen, die noch nie einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine andere Herz-Kreislauf-Erkrankung hatten und keine anderen Risikofaktoren aufweisen, sollten einen LDL-Wert von weniger als 116 mg/dl im Blut anstreben, erklärt die Vertreterin der Deutschen Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin.
Liegt der LDL-Wert aber höher oder ist die betroffene Person mit Risikofaktoren wie einem Diabetes mellitus, Bluthochdruck, einer Nierenfunktionsstörung oder genetisch vorbelastet, reiche ein gesünderer Lebensstil nicht aus: »Dann sind Statine sinnvoll.« Von dieser Medikamentengruppe sind in Deutschland eine ganze Reihe an Wirkstoffen zugelassen: Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pitavastatin, Pravastatin, Rosuvastatin und Simvastatin. Sie alle hemmen die körpereigene Bildung von Cholesterol in der Leber in unterschiedlichem Ausmaß und sorgen so dafür, dass die Zellen mehr LDL-Cholesterol aus dem Blut aufnehmen. Wie stark die LDL-Wert-Senkung als Risikoreduktion durch Statine für eine einzelne Person sein sollte, hängt entscheidend vom individuellen Risiko ab. Je höher das Risiko, desto niedriger sollte der LDL-Wert sein.
Die meisten Menschen vertragen Statine gut, das ist auch den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zu entnehmen. Einzelne Studien deuten allerdings an, dass es eine kleine Gruppe von Personen gibt, die empfindlicher auf Statine reagieren und bei denen die Mittel Muskelschmerzen auslösen können. Gebauer hat eine Statin-assoziierte Rhabdomyolyse (Muskelauflösung) im klinischen Alltag noch nie erlebt und gibt zu bedenken, dass es durchaus Studien gebe, die zeigten, dass es sich bei den Muskelbeschwerden ebenso wie bei Juckreiz, Unwohlsein oder auch Flecken auf der Haut in den allermeisten Fällen um Nocebo-Effekte handele.
»Statine haben leider bei vielen einen schlechten Ruf, einige Patienten haben Angst vor ihnen.« Hier sei es Aufgabe von PTA, Apothekern und Ärzten zu erläutern, dass ernsthafte Nebenwirkungen äußerst selten auftreten. So trat die Nebenwirkung einer ernsthaften Muskelschädigung laut IQWiG in Studien bei einem von 10.000 Menschen auf, die längerfristig Statine anwendeten.
Ezetimib (wie Ezetrol®) gehört zu einer Klasse von Lipidsenkern, die gezielt die Aufnahme von Cholesterol und damit verwandten pflanzlichen Substanzen (Phytosterine) im Dünndarm hemmen. Der LDL-Plasmaspiegel kann mit Ezetimib um etwa 20 Prozent gesenkt, das HDL jedoch nur geringfügig angehoben werden. Somit ist Ezetimib etwas weniger wirksam als Statine, die bis zu 60 % LDL-Senkung möglich machen. In Kombination mit diesen addiert sich allerdings die blutfettsenkende Wirkung beider Substanzen.
Ebenfalls relativ neu im Einsatz gegen Blutfette ist Bempedoinsäure (Nilemdo®). Sie kann allein oder auch in Kombination mit Ezetimib bei Patienten angewendet werden, deren LDL-Zielwerte mit der maximal verträglichen Statin-Dosis nicht erreicht werden. Anders als Statine hat die Bempedoinsäure auf die Muskelzelle keinen Einfluss. Daher kann diese Substanz bei Personen mit vermuteten statinbedingten Muskelbeschwerden einen Vorteil haben.
Die dritten Arzneistoffe mit lipidsenkenden Eigenschaften sind die PCSK9-Inhibitoren Evolucumab (Repatha®) und Alirocumab (Praluent®), monoklonale Antikörper, die sich gegen das körpereigene Protein PCSK9 richten. Durch die Hemmung dieses Enzyms wird in den Cholesterinstoffwechsel eingegriffen und die Entfernung des LDL-Cholesterins aus dem Blut vorangetrieben. Die starke LDL-C-Senkung um 60 % ist dabei äußerst nebenwirkungsarm.