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Stoffwechsel und Blutzuckerregulation

Chrompicolinat – Hype oder Mehrwert?

Chrompicolinat könnte gegenüber anderen Chromverbindungen in Nahrungsergänzungsmitteln Vorteile haben, allerdings scheint der Gesamteffekt einer Chrom-Supplementation wenn überhaupt gegeben, dann schwach ausgeprägt.
Datum 20.05.2025  08:00 Uhr

Ob als Kapsel, Tablette oder Pulver: Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit Chrompicolinat werden oft als Unterstützung für den Stoffwechsel und die Blutzuckerregulation beworben. Es heißt auch, dass die Substanz den Muskelaufbau unterstützt und als »Fatburner« wirkt. Doch was steckt tatsächlich hinter diesen Versprechen?

Chrom gehört zunächst einmal zu den Spurenelementen, die der menschliche Körper in sehr geringen Mengen benötigt. Es ist für den Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel wichtig und wird mit einer verbesserten Insulinwirkung in Verbindung gebracht. Doch nicht jede chemische Form ist gleichermaßen nützlich und unbedenklich für den Körper. Das dreiwertige Chrom ist die physiologisch aktive und als sicher geltende Form, die in Lebensmitteln und NEM vorkommt. Dann gibt es noch Verbindungen mit Chrom(VI), einer toxischen und krebserregenden Form. Sie entsteht vor allem in industriellen Prozessen und birgt schwerwiegende gesundheitliche Risiken für Menschen. 

Die als sicher geltenden Verbindungen mit Chrom(III) sind unterschiedlich gut bioverfügbar. Chromchlorid ist eine anorganische Form, die gering resorbiert wird. Chromhefe (chromhaltige Hefe) ist eine natürliche Form mit höherer Bioverfügbarkeit, jedoch weniger verbreitet in NEM. Bei Chrompicolinat, einer organischen Chromverbindung, ist Chrom(III) an Picolinsäure gebunden.

Studien deuten darauf hin, dass Chrompicolinat vom Darm besser aufgenommen wird als anorganische Chromverbindungen, da die Picolinsäure die Absorption erleichtern soll. Wie viel vom aufgenommenen Chrom jedoch in den Zielgeweben ankommt und ob das zu einer signifikanten Wirkung führt, ist unklar. Ein Großteil des aufgenommenen Chroms wird unverändert über den Urin wieder ausgeschieden.

Schwache Effekte

Es wird angenommen, dass Chrom die Signalübertragung des Insulinrezeptors verbessert, wodurch die Glucoseaufnahme in die Zellen erleichtert wird. Das könnte die Blutzuckerregulation verbessern und im Umkehrschluss könnte ein Mangel an Chrom die Glucosetoleranz verschlechtern. 

Gesundheitsbezogene Angaben, sogenannte Health Claims, sind in der EU durch die Health-Claims-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 1924/2006) geregelt. Nur Claims, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft und durch der Europäische Kommission genehmigt wurden, dürfen verwendet werden. Für Chrom wurden folgende gesundheitsbezogene Aussagen zugelassen: »Chrom trägt zu einem normalen Makronährstoffwechsel bei« und »Chrom trägt zur Aufrechterhaltung eines normalen Blutzuckerspiegels bei«.

Diese Claims dürfen nur verwendet werden, wenn das Produkt eine signifikante Menge Chrom enthält, wie in den entsprechenden EU-Richtlinien definiert. Chrompicolinat könnte sich effektiver als andere Chromverbindungen auf den Stoffwechsel auswirken. Die Forschung liefert jedoch widersprüchliche Ergebnisse. Einige Tierstudien und kleine Humanstudien legten positive Effekte auf den Blutzucker- und Fettstoffwechsel nahe. Studien konnten bislang allerdings nicht bestätigen, dass sich die Chrom-Supplementation auf den Blutzuckerspiegel gesunder Menschen günstig auswirkt.

Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sieht es anders aus. Hier ergab eine Metaanalyse aus 2020, dass Chrom-Präparate Nüchternblutzucker, Insulinspiegel, HbA1c und HOMA-IR (Homeostasis Model Assessment of Insulin Resistance) senken können. Möglicherweise profitieren vor allem insulinresistente Patienten mit erhöhten Nüchternglucose- und HbA1c-Werten. 

Hinsichtlich anderer mutmaßlicher Wirkungen etwa auf den Fettabbau bleibt die Studienlage unklar. Eine Metaanalyse aus 2013 deutete beispielsweise auf eine mögliche Gewichtsreduktion durch Chrom hin, deren klinische Bedeutung ist jedoch fraglich. Eine neuere Metaanalyse aus 2023 zeigte keinen Einfluss von Chrom auf Körperfett und Körpergewicht bei Menschen mit Typ-2-Diabetes. Eine Subgruppenanalyse ergab wiederum, dass sich die Körperfettmasse speziell bei Personen über 55 Jahren durch die Supplementierung reduzierte. Die EFSA hat bislang auch keinen entsprechenden Health Claim, der eine Wirkung auf das Körpergewicht beinhaltet, als belegt anerkannt.

Sicherheit und Alternativen

Die EFSA hat die Sicherheit von Chrompicolinat als Chromquelle bewertet. In ihrer wissenschaftlichen Stellungnahme kam sie zu dem Schluss, dass bei einer zusätzlichen Aufnahme von bis zu 250 µg Chrom pro Tag keine Sicherheitsbedenken bestehen. Dieser Wert entspricht der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegten maximalen zusätzlichen Chromaufnahme. Die EFSA hat Chrompicolinat überdies als neuartiges Lebensmittel zugelassen. Als solches bezeichnet man Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten, die vor dem 15. Mai 1997 in der Europäischen Gemeinschaft noch nicht in nennenswertem Umfang verzehrt wurden.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, dass NEM maximal 60 µg Chrom pro Tag enthalten sollten, da Chrom auch über andere Lebensmittel aufgenommen werden kann. Einige Produkte mit Chrompicolinat können diese empfohlene Höchstmenge übersteigen.

Die Einnahme von Chrompicolinat kann allergische Reaktionen, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit oder Reizbarkeit auslösen. Die Bedenken, dass es eine karzinogene Wirkung geben könnte, wenn Chrompicolinat durch intrazelluläre Umwandlung zu Chrom(VI)-Verbindungen wird, konnten bislang nicht bestätigt werden.

Informationen über spezifische Wechselwirkungen zwischen Chrompicolinat und Medikamenten existieren nicht, diese sind jedoch möglich. Menschen mit Diabetes, die Insulin anwenden, sollten Chrompicolinat nicht oder nur nach Rücksprache mit dem Arzt einnehmen, da es den Insulinspiegel und die Blutzuckerkontrolle beeinflussen kann. Frauen sollten Chrompicolinat auch während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht ohne ärztliche Absprache einnehmen. Das Gleiche gilt für Menschen mit Leber- oder Nierenfunktionsstörung. 

Ob Chrompicolinat tatsächlich eine sinnvolle Ergänzung für den Stoffwechsel ist oder lediglich gut vermarktet wird, bleibt insgesamt eine offene Frage. Die bisherigen Daten legen nahe, dass der Effekt – wenn überhaupt vorhanden – eher gering ist und sich in einer geringfügigen Verbesserung der Blutzuckerkontrolle oder einer minimalen Gewichtsabnahme äußern könnte. Die Wirkung scheint auch von individuellen Faktoren abzuhängen.

Eine Chrom-Supplementierung kann grundsätzlich sinnvoll sein, wenn Menschen mit einem diagnostizierten Chrommangel das Spurenelement nicht ausreichend über Lebensmittel aufnehmen können. Chrom ist jedoch in vielen Lebensmitteln enthalten, wie in Vollkornprodukten (Haferflocken, Vollkornbrot, Weizenkeimen), Fleisch und Innereien (zum Beispiel Rindfleisch, Leber), Fisch und Meeresfrüchten, Nüssen und Hülsenfrüchten sowie Obst und Gemüse. Ein echter Chrommangel, der sich in Symptomen wie Koordinationsschwierigkeiten und Verwirrung äußert, ist daher selten. 

Für die allgemeine Bevölkerung, besonders für Menschen ohne diagnostizierten Chrommangel, wird die routinemäßige Einnahme von Chrompicolinat daher nicht empfohlen.

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