Corona-Selbsttests kommen |
Bisher zur Anwendung durch geschultes Personal gedacht, können nun auch Coronavirus-Schnelltest für Laien auf den Markt kommen. / Foto: Adobe Stock/Klaus Radetzki
Am Mittwoch-Vormittag hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die ersten drei Sonderzulassungen für sogenannte Selbsttest erteilt. In allen drei Fällen handele es sich um Tests, bei denen eine Probe im vorderen Nasenbereich entnommen wird, erklärte ein Sprecher der Behörde. Dies könnten nach den von den Herstellern vorgelegten Studien auch Laien sicher übernehmen. Bis zuletzt hatten verschiedene Firmen beim BfArM für ihre Laientests rund 50 Anträge auf Sonderzulassung gestellt. Das Rennen um Platz eins haben nun zwei deutsche und ein österreichisches Unternehmen gemacht, die hierzulande Tests aus China und den USA vertreiben (siehe Kasten).
Bevor die Tests tatsächlich verfügbar sind, werden allerdings noch ein paar Tage vergehen. So haben Hersteller nach Informationen der PZ die Tests bislang nicht im großen Stil vorproduziert und zunächst die Zulassung abgewartet. Hintergrund waren unter anderem eventuelle Vorgaben der Behörden für die Beipackzettel, die nun erst noch gedruckt werden müssen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte am Mittwochmorgen im ZDF an, dass die ersten Selbsttests in wenigen Tagen auf den Markt kommen sollen. Nach dem Willen der Bundesregierung werden sie dann nicht nur in der Apotheke, sondern auch im Supermarkt, in der Drogerie oder im Internet erhältlich sein.
Spahn sagte außerdem: »Ich gehe davon aus, dass wir schon nächste Woche weitere genehmigen und Sonderzulassungen aussprechen können.« Über die Sonderzulassungen des BfArM können die Heimtests grundsätzlich schneller zur Verfügung stehen als über das reguläre Verfahren. Möglich macht das eine Ausnahmeregelung im Medizinproduktegesetz, die befristete Sonderzulassungen erlaubt, wenn das dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung dient.
Trotz beschleunigter Zulassung betont das BfArM, dass Sorgfalt das oberste Prinzip in den Prüfverfahren sei. Dabei geht es nicht nur das technische Funktionieren des Tests, sondern auch um die Frage, ob der Test sicher von Laien angewendet werden kann. Dazu gehört unter anderem auch eine verständliche Bedienungsanleitung, hieß es vorab. Unabhängig von den Sonderzulassungen erwartete das Bundesinstitut auch auf dem regulären Weg weitere Antigen-Tests zur Laienanwendung.
Schnelltests gelten neben den Impfungen als ein wichtiger Baustein bei der Eindämmung der Pandemie. Das Thema hat durch die rasante Ausbreitung der als noch ansteckender geltenden Coronavirus-Variante, die zuerst in Großbritannien entdeckt worden war, sowie die erfolgten Öffnungsschritte bei Kitas und Schulen weiter an Bedeutung gewonnen.
Mit Blick auf das weitere Vorgehen hat Spahn in der Corona-Krise eine Kombination aus mehr Schnelltests sowie Selbsttests für jedermann vorgeschlagen. »Es stehen mittlerweile deutlich mehr Schnelltests und nun zusätzlich auch Selbsttests zur Verfügung«, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Darin liege in dieser Phase der Pandemie eine Chance – auch mit ansteckenderen Virusmutationen. »Mit mehr Testen finden wir bisher unentdeckte Infektionen.«
Schnelltests sind bereits seit Anfang Februar zur Anwendung durch geschultes Personal zugelassen. Eingesetzt werden sie unter anderem schon in Pflegeheimen und Kliniken. Auch manche Apotheken bieten den Service an. Geplant ist außerdem ein Angebot zu Gratis-Schnelltests für alle Bürger – etwa in Testzentren, Praxen oder Apotheken. Spahn hatte diese ursprünglich für den 1. März angekündigt. Nun soll zunächst darüber bei den anstehenden Bund-Länder-Beratungen zur Pandemie am 3. März gesprochen werden.
Auch Experten sprechen sich für die Antigentest im Kampf gegen die Pandemie aus. So plädiert die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek dafür, die verschiedenen Test-Tools sinnvoll zu verzahnen. Solche Tests hätten zwei große Vorteile, sagte die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Dienstag im NDR-Podcast »Coronavirus-Update«: Sie seien schneller als PCR-Tests – »das heißt, sie können viel schneller reagieren« – und es seien mehr Tests möglich – »das heißt, sie können eine viel größere Anzahl durchführen.«
Ciesek sagte weiter: »Diese Kombination machen sie in bestimmten Bereichen des Leben wie in der Schule zu einem sinnvollen Tool, um Infektionsketten schnell zu unterbrechen und die Ausbreitung in der Schule zu vermeiden.« Schnelltests ermöglichten es nicht nur, dass man schnell erkennt, wenn jemand infiziert ist, »sondern vor allen Dingen auch infektiös (ansteckend) ist«. Man müsse daher die Grenzen solcher Tests gut erklären. Grundsätzlich gelte aber: »Jeder richtig Erkannte zählt.«
In Österreich werden zwei Mal wöchentlich alle Schüler und Lehrer getestet. Das habe »sicherlich einen großen Effekt«, sagte Ciesek. »Es gibt Modellierungen, dass eine Testung zwei Mal pro Woche die Anzahl der Ausbrüche um ungefähr 50 Prozent reduzieren können.« Es könne aber auch zu Problemen führen. Bei so vielen Tests gebe es auch falsch positive Befunde. »Wenn das häufiger passiert, dann kann beim Laien auch das Vertrauen in diese Testung verloren gehen.«
Auch Tests für den Hausgebrauch sieht Ciesek positiv. Es aber sei »vernünftig«, dass sie »unter Real-Llife-Bedingungen« geprüft würden, bevor man sie in die Hand von Laien gebe. Viele falsch positive oder falsch negative Ergebnisse könnten »im schlimmsten Fall zu chaotischen Zuständen führen«. Welche Art der Tests am besten für Laien geeignet ist – ob Abstrich aus der vorderen Nase, Speichel- oder Gurgeltest – »da fehlen uns einfach noch gute Untersuchungen«.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.