Cortison-Angst? Nein, danke! |
Mit einer Fingertip Unit – entspricht dem Salbenstrang, der das Endglied eines Fingers bedeckt – kann man eine Fläche von zwei Erwachsenenhänden behandeln. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Topische Glucocorticoide sind die am häufigsten verwendete Arzneistoffklasse unter den Dermatika. Aufgrund ihrer antientzündlichen Wirkung sind sie potente Mittel gegen eine Vielzahl von Hauterkrankungen wie Kontaktekzeme, Urtikaria, Lichtdermatosen oder Neurodermitis. Positiv hinzu kommen ihre immunsuppressiven, juckreizstillenden und vasokontriktorischen Eigenschaften. Dementsprechend häufig werden sie auch als Rezepturarzneimittel verordnet.
Externe Corticoide wirken, indem sie an intrazelluläre Glucocorticoidrezeptoren in der oberen Dermis binden. Dazu müssen sie erst mal die Hornschicht, also das Stratum corneum, überwinden und permeieren dann langsam durch passive Diffusion in die Epidermis/Dermis. Die oberen Lagen der Hornschicht speichern den Arzneistoff über längere Zeit und bilden ein Reservoir, aus dem es sukzessive an untere Hautschichten abgegeben wird. Das ist auch der Grund, warum im akuten Zustand eine ein- bis zweimalige Applikation pro Tag ausreicht, um gute Therapieergebnisse zu erzielen. Hat sich das Hautbild gebessert, trägt man nur noch einmal täglich auf. Bei akuten Dermatosen können topische Corticoide abrupt nach der Abheilung abgesetzt werden, während bei chronischen Formen nach dem Absetzen eine Intervalltherapie zur Vermeidung eines Reboundphänomens empfohlen wird.
Die Penetrationsfähigkeit ist auch von der galenischen Zubereitung abhängig. So wird bei der Anwendung von Salben im Vergleich zu Cremes und Gelen aufgrund der höheren Lipophilie in der Regel mehr Wirkstoff in die Haut aufgenommen. Propylenglycol, Salicylsäure oder Harnstoff haben eine Enhancerwirkung und können den Transport von Glucocorticoiden in die Haut verstärken. Das Penetrationsvermögen ist natürlich auch von der Lipophilie des Arzneistoffs abhängig.
Weil die meisten Glucocorticoide dermal nicht ausreichend wirksam sind, kommen ihre Ester zum Einsatz. So sind etwa Betamethasonvalerat, Clobetasolpropionat, Mometasonfuroat oder Triamcinolonacetonid lipophiler und penetrieren besser in die Haut als die jeweilige Grundsubstanz. Achtung: Auf so mancher Verordnung für ein Corticoid-haltiges Rezepturarzneimittel ist die Grundsubstanz angegeben. Ist beispielsweise Betamethason angegeben, kann nach Rücksprache mit dem Arzt bei gleichbleibender Wirkstoffkonzentration gegen den Ester getauscht werden, eine Umrechnung ist nicht nötig. Einige Glucocorticoide wie Hydrocortison, Dexamethason und Prednisolon sind auch als Nicht-Ester hautgängig.
Extern zu verwendende Glucocorticoide werden in Abhängigkeit von ihrer Wirkstärke in vier Klassen eingeteilt:
Allerdings bietet die Einteilung nur eine grobe Orientierung, da die Wirkstärke immer auch von der Konzentration abhängig ist.
Viele Menschen sind nach wie vor skeptisch gegenüber Cortison-haltigen Präparaten oder haben sogar Angst vor den Nebenwirkungen. Bei den Topika ist es vor allem die Hautatrophie, also die dünne Pergamenthaut mit erweiterten kleinen Blutgefäßen, die gefürchtet wird. Am häufigsten treten diese unerwünschten Wirkungen bei einer Applikation von Wirkstoffen der Klassen III und IV auf empfindliche Körperstellen wie Gesicht, Hautfalten wie in der Achselhöhle, Leistenregion und im Genitoanalbereich auf. Grundsätzlich sollten Glucocorticoide bei Erwachsenen auf maximal 20 Prozent der Körperoberfläche appliziert werden, bei Kindern sind es maximal 10 Prozent.
PTA sollten im Beratungsgespräch diese Ängste nehmen. Wird das topische Glucocorticoid in der richtigen Wirkstärke am richtigen Ort beim richtigen Patienten in der richtigen Häufigkeit und Dauer angewendet, sind unerwünschte Effekte äußerst selten. Und die Plasmaspiegel der topischen Glucocorticoide sind bei sachgemäßer Anwendung zu niedrig, um systemische Nebenwirkungen erzielen zu können.
Dermatologen haben versucht, das Verhältnis von Wirksamkeit zu Nebenwirkungen nach einem komplexen Algorithmus zu quantifizieren. Ihre Berechnungen spiegeln sich im Therapeutischen Index (TIX) wider; dieser Wert soll helfen, einen geeigneten Wirkstoff zu wählen. Je höher der TIX-Wert ist, um so günstiger ist das Wirkprofil. Bei Stoffen mit einem TIX-Wert von 1 bis kleiner 2 gilt das Verhältnis als ausgeglichen. Dazu gehören die Glucocorticoide Hydrocortison, Betamethasonvalerat, Triamcinolonacetonid und Clobetasolpropionat. Günstiger sind Substanzen mit einem TIX-Wert zwischen 2 und 3, da hier die erwünschten Wirkungen die unerwünschten deutlich überwiegen. Im Rezepturbetrieb spielen aus dieser Gruppe vor allem die Wirkstoffe Prednicarbat und Mometasonfuroat eine Rolle.
Um ein Gefühl für die benötigte Creme-Menge zu bekommen, empfiehlt es sich, mit der sogenannten Fingertip Unit (1 FTU = 0,5 g Zubereitung, wenn der Durchmesser der Salbentube 0,5 cm beträgt) zu arbeiten. Eine FTU entspricht einem Salbenstrang, der das Endglied eines Fingers eines Erwachsenen bedeckt (siehe Tabelle). Mit 1 FTU kann man eine Fläche von zwei Erwachsenenhänden behandeln, wie es etwa die S2k-Leitlinie zum Gebrauch von Präparationen zur lokalen Anwendung auf der Haut rät. Und daran denken: Nur die betroffenen Stellen behandeln und nach dem Auftragen die Hände waschen. Ansonsten würden bei jeder Applikation die Hände mitbehandelt!
Körperfläche | Gesicht und Nacken | Arm und Hand | Bein und Fuß | Brust und Bauch | Rücken und Gesäß |
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Alter | FTU | FTU | FTU | FTU | FTU |
3 bis 6 Monate | 1 | 1 | 1,5 | 1 | 1,5 |
1 bis 2 Jahre | 1,5 | 1,5 | 2 | 2 | 3 |
3 bis 5 Jahre | 1,5 | 2 | 3 | 3 | 3,5 |
6 bis 10 Jahre | 2 | 2,5 | 4,5 | 3,5 | 5 |
Erwachsene | 2,5 | 4 | 6 | 7 | 7 |