Im geplanten Apothekenreformgesetz steckt Sprengstoff. Die heutige Apothekenlandschaft könnte sich komplett verändern, würden die Vorschläge 1:1 umgesetzt. / © imago images/Future Image
Derzeit sieht der Referentenentwurf zur Apothekenreform vor, dass erfahrene PTA, die eine spezielle Weiterbildung absolviert haben, die Apothekenleitung für insgesamt 20 Tage im Jahr übernehmen können. Das lehnt die ABDA strikt ab und führt »gravierende ordnungsrechtliche und fachliche Bedenken« an. Die Struktur der inhabergeführten Apotheke würde dadurch geschwächt. Ohne Approbierte vor Ort könnten zudem viele Leistungen gar nicht angeboten werden.
Die vorgesehene PTA-Vertretung könne gar zum Türöffner für Fremd- und Mehrbesitz von Apotheken werden, machte ABDA-Justiziar Lutz Tisch bei der Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg vergangenen Woche deutlich. Das bisherige System der inhabergeführten Apotheke stelle den Versorgungsauftrag sicher, außerdem schütze es das eigenverantwortliche Arbeiten des Apothekers. »Das ganze Konvolut macht aber nur Sinn, wenn auch wirklich ein Apotheker in der Apotheke steht«, so Tisch.
Wenn nun die PTA-Vertretung komme und der Apotheker scheinbar 20 Tage im Jahr nicht gebraucht werde – wieso solle er dann im Rest des Jahres gebraucht werden? Dieses Argument könnten Politik beziehungsweise Gerichte als Vorwand für die Abschaffung des Fremdbesitzverbots nutzen. Dies passiere wahrscheinlich in einem sehr kurzen Zeitraum, sollte die PTA-Vertretung kommen, warnte Tisch – denn viele Interessenten und Lobbyisten stünden in den Startlöchern und warteten nur darauf, neue Apothekenformen zu etablieren.
Wenn die inhabergeführte Apotheke eine Zukunft haben solle, bedürfe es genau des Gegenteils der vorgeschlagenen Reform: eine sofortige Honorarerhöhung und den Wegfall aller Ansätze, die von der permanenten eigenverantwortlichen Leitung des Apothekers weg- und damit zu Fremd- und Mehrbesitz hinführen.
Ins gleiche Horn stieß Apotheker Dr. Martin Weiser, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Hessen. Er zeichnete bei der jüngsten Delegiertenversammlung folgendes Szenario: »Apotheke ohne Apotheker/PTA-Vertretung, Erleichterung Zweigapotheken, gesenkte Anforderungen an die Apothekenräumlichkeiten, frei wählbare Öffnungszeiten oder die Zentralisierung von Rezepturen: Alle diese Punkte des Referentenentwurfs ermöglichen, dass andere Player wie Amazon, die Rossmänner und die dms dieser Welt in den Markt der Arzneimittelversorgung einsteigen. Sie klatschen jetzt schon Beifall. Denkbar ist etwa eine ›Prescription Corner‹ im Drogeriemarkt, also eine von einer PTA betreute ›Rezept-Ecke‹. Und wenn es dann doch mal weitergehende Fragen gibt, wird der Apotheker einfach telepharmazeutisch dazugeschaltet.«
Auch der hessische Kammerpräsident Dr. Christian Ude sieht die vermeintlichen Erleichterungen, die der Referentenentwurf enthält, äußerst kritisch. Sie läuteten vielmehr eine Aufweichung des Systems ein. »Das ist das eigentlich Tragische, dass die Regierungsparteien offensichtlich immer noch nicht verstanden haben, dass damit keine Entlastung für die Apotheke vor Ort geschaffen, sondern ein Systembruch eingeläutet wird«, bedauerte Ude.