Das 1x1 der Hygiene-Regeln |
Hygienisch arbeiten – das ist PTA meist in Fleisch und Blut übergegangen. Dennoch ist ein einmal jährliches Hygiene-Monitoring wichtig. / Foto: AdobeStock/StockPhotoPro
Wer ist in der Apotheke für Hygiene zuständig? Grundsätzlich alle. Die Verantwortung trägt jedoch die Apothekenleitung. Besonders hoch sind die Hygiene-Anforderungen in der Rezeptur. Mikroorganismen können die Qualität eines Arzneimittels mindern, seinen Verderb fördern und die Gesundheit eines Patienten gefährden. Spezielle Hygieneregeln für diesen sensiblen Bereich verlangt daher die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) in § 4a: »Der Apothekenleiter muss für das Personal und die Betriebsräume, die zur Arzneimittelherstellung genutzt werden, geeignete Hygienemaßnahmen treffen, mit denen die mikrobiologische Qualität des jeweiligen Arzneimittels sichergestellt wird.« Der Mensch spielt dabei als Kontaminationsquelle eine große Rolle. Eine Selbstverständlichkeit sollte sein, dass Mitarbeiter mit ansteckenden Krankheiten oder offenen Wunden an unbedeckten Körperstellen dies der Apothekenleitung melden. Sie müssen den Herstellungsbereich meiden beziehungsweise in der Rezeptur besondere Schutzmaßnahmen beachten. Möglicherweise sind auch Maßnahmen erforderlich, um eine Ansteckungsgefahr für Patienten zu mindern.
In jeder Apotheke muss ein Hygieneplan vorliegen. Darin finden sich Antworten auf alle wesentlichen Fragen:
Besondere Anforderungen können sich aus dem Leistungsspektrum der Apotheke ergeben. Welche Arzneimittel stellt sie rezeptur- und/oder defekturmäßig her? Gehören Blister für die Heimversorgung zum Angebot? Wird auch unter Laminar-Airflow gearbeitet? Sind spezielle Hygieneanforderungen zur Herstellung von Parenteralia oder Augentropfen zu beachten? Kommen die Mitarbeiter bei Untersuchungen mit Patientenblut in Kontakt?
Zum Hygieneplan gehören Formblätter, auf denen das Team durchgeführte Maßnahmen mit Datum und Kürzel dokumentiert. Findet eine turnusgemäße Reinigung nicht statt, ist auch das zu vermerken und zu erklären.
Das Hygienekonzept wird regelmäßig, in der Regel einmal jährlich, überprüft und gegebenenfalls angepasst. Auch bei Bedarf, etwa, wenn sich Verantwortlichkeiten oder das Leistungsangebot ändern, aktualisiert das Team die Vorgaben. Neue Mitarbeiter werden gleich zu Beginn der Tätigkeitsaufnahme mit dem Hygieneplan vertraut gemacht, alle anderen frischen ihre Kenntnisse einmal jährlich oder bei Bedarf auf.
Mikroorganismen haben in Arzneimitteln nichts verloren. Sie mindern die Qualität, fördern den Verderb und können die Gesundheit eines Patienten gefährden. Ein völlig keimfreies, also steriles Produkt lässt sich in der Rezeptur aber nicht herstellen und wird auch nicht gefordert. Die Arzneibücher legen fest, welche Keime und Grenzwerte tolerierbar sind. Im Europäischen Arzneibuch finden sich Vorgaben zur mikrobiellen Reinheit in den Abschnitten 5.1.4 »Mikrobiologische Qualität von nicht sterilen pharmazeutischen Zubereitungen und Substanzen zur pharmazeutischen Verwendung« und 5.1.8 »Mikrobiologische Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln zum Einnehmen und von Extrakten zu deren Herstellung«.
Grundsätzlich gilt, dass die Herstellung pharmazeutischer Zubereitungen in einem räumlich abgetrennten Bereich erfolgen sollte. Reinigungs- und Desinfektionspläne geben vor, wann, wie oft und womit der Raum und die benötigten Geräte zu reinigen sind. Die Arbeitsflächen, aber auch Wände, Decken und Fußböden sollten glatte Oberflächen haben. Dichte Fugen, noch besser fugenfreie Flächen, erleichtern ebenfalls die Reinigung.
Fenster werden durch Fliegengitter geschützt. Räume für Rezeptur/Defektur sollten nicht durch Fenster belüftet werden, die in Kellerschächte führen. Eine deutliche Trennung von Arbeitsfläche und dem Bereich zum Reinigen und Spülen der verwendeten Geräte ist wichtig.
In der Rezeptur halten sich stets nur Personen auf, die dort auch Herstellungstätigkeiten ausführen. Es sollen dort nicht mehr Geräte und Materialien aufbewahrt werden, als für die Herstellung erforderlich sind. Pflanzen, Teedrogen oder Lebensmittel beispielsweise haben im Herstellungsbereich nichts verloren. Auch medizinische Leihgeräte werden in der Rezeptur weder aufbewahrt noch gereinigt. Mitarbeiter dürfen dort nicht essen, trinken oder Kaugummi kauen.
Versuche zum Hygiene-Monitoring zeigen, dass Kittel und Hände zu den größten Kontaminationsquellen zählen. Im Herstellungsbereich ist eine geeignete Hygienekleidung daher unabdingbar. Dazu gehört ein geschlossener Arbeitskittel aus Baumwolle mit langen Ärmeln oder auch ein Einmalkittel aus Kunststoff. Die Ärmel des Kittels sollen die darunter liegende Kleidung vollständig bedecken, ebenso wie Halstücher oder Kapuzen. Ein idealer Kittel hat keine Außentaschen, einen Stehkragen und möglichst enge Bündchen an den Handgelenken. Die Hygienekleidung ist getrennt von der Straßenkleidung aufzubewahren und wöchentlich beziehungsweise nach Verschmutzung zu wechseln.
Vor Herstellungsbeginn legen PTA ihren Schmuck ab, wer lange Haare hat, bindet sie zusammen oder steckt sie hoch. Zusätzlich kann eine Kopfhaube erforderlich sein, die das gesamte Haar abdeckt. Für Bartträger gibt es einen speziellen Bartschutz. Ein Mund- und Nasenschutz muss spätestens nach zwei Stunden gewechselt werden. Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter mit ansteckenden Krankheiten oder offenen Wunden an unbedeckten Körperstellen melden das der Apothekenleitung und meiden entweder den Herstellungsbereich oder beachten besondere Schutzmaßnahmen.
Vor Arbeitsbeginn und nach Unterbrechungen gilt es, die Hände zu reinigen und gegebenenfalls zu desinfizieren. Die Waschplätze sind dazu mit hautschonender Waschlotion in Spendern ausgestattet. Papierhandtücher zum Abtrocknen der Hände eignen sich besser als Baumwollhandtücher, da sie das Übertragungsrisiko vermindern. Sorgfalt beim Händedesinfizieren braucht Disziplin, gelingt aber, je öfter man es aufmerksam wiederholt.
Einmalhandschuhe dienen auch dazu, die eigene Haut vor unverträglichen Substanzen zu schützen. Sie gehören ebenso zu jedem Reinigungsvorgang. Dabei reinigt man die Hände zunächst, desinfiziert sie und zieht dann die Handschuhe an. So verhindert man, Keime ins innere der Handschuhe zu verschleppen. Es könnten sonst bei kleinen Undichtigkeiten im Handschuh Verunreinigungen ins Produkt gelangen. Nach der Tätigkeit werden die Einmalhandschuhe direkt entsorgt. Mehrzweckhandschuhe reinigt man nach jeder Benutzung und trocknet und desinfiziert sie ebenfalls.
Gefäße von Patienten oder Originalrezepte für eine Rezeptur dürfen wegen der Kontaminationsgefahr nicht in den Herstellungsbereich verbracht werden. Produktberührende Teile desinfiziert die PTA unmittelbar vor Gebrauch mit einer Alkohol-Wasser-Mischung geeigneter Konzentration, etwa 2-Propanol 70 % [V/V)]). Vorratsgefäße werden nach der Entnahme sofort wieder verschlossen. Die Herstellung erfolgt stets zügig, am besten von links nach rechts, und wird auch nicht zum Bedienen von Kunden unterbrochen. Die Zubereitung selbst und produktberührende Teile sollten möglichst nicht berührt werden.
Wer husten oder niesen muss, wendet sich dazu vom offenen Produkt ab, auch gesprochen wird nicht in Produktrichtung. Am besten erfolgen Absprachen bereits vor der Herstellung, um das Sprechen während der Herstellung vermeiden zu können. Bei der Entnahme von Proben und Teilmengen darf man den Reinheitsstatus nicht beeinträchtigen. Der Patient sollte das Arzneimittel hygienisch aus dem Abgabebehältnis entnehmen können. Angebrochene Packmittelgebinde werden so gelagert, dass sie nicht nachträglich verschmutzen können. Werden im Ausnahmefall Packmittel wiederverwendet, beispielsweise Glasflaschen, bedarf es einer ausreichenden Reinigung und Sterilisation beziehungsweise Desinfektion außerhalb des Herstellungsbereiches. Das Team sollte dazu eine Arbeitsanweisung vorzeigen können.
Abfälle, die bei der Herstellung anfallen, werden in geeigneten Behältern mit Einhängebeuteln gesammelt und täglich entsorgt.
Der Hygienestatus der Apotheke gehört regelmäßig, das bedeutet mindestens einmal jährlich, auf den Prüfstand. Möglich ist dazu die Teilnahme an externen Qualitätsprüfungen. Das Hygiene-Monitoring als Ringversuch des Zentrallabors Deutscher Apotheker (ZL) kann zum Beispiel zeigen, ob die Hygienemaßnahmen erfolgreich sind. Die Untersuchungen dienen auch dazu, Hauptkontaminationsquellen zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu etablieren. Sogenannte Abklatschtests offenbaren die Keimbelastung bestimmter Oberflächen. Die Apotheke erhält dazu Agarplatten, die an die zu testenden Oberflächen, also zum Beispiel Hände, Kittel oder Arbeitsflächen, gedrückt und anschließend an das ZL gesendet werden. Zusätzlich kann eine Luftkeimzahlbestimmung mit Sedimentationsplatten durchgeführt werden. Dazu werden Platten über vier Stunden offen aufgestellt. Das Ergebnis gibt Auskunft über den Keimstatus in der Raumluft. Zu den möglichen Leistungen des ZL gehört auch eine mikrobiologische Prüfung von Rezepturarzneimitteln.
Überschreitet die Apotheke einzelne Akzeptanzwerte, unterstützt das ZL mit Optimierungsvorschlägen. Weist zum Beispiel der Boden in der Rezeptur eine hohe Keimbelastung auf, kann der Austausch von Mehrwegputzlappen gegen Einweglappen helfen. Eine weitere Maßnahme ist, dass die Mitarbeiter in den Herstellungsräumen nur eigens dafür bereitgestelltes Schuhwerk tragen. Gegenstände, die auf dem Boden abgestellt werden, werden erst auf die Arbeitsfläche gestellt, nachdem sie gereinigt worden sind. Werden neue Hygieneregeln etabliert, ist es wichtig, das ganze Team auch entsprechend zu schulen und dies aufzuzeichnen.