Das bringt den Stoffwechsel in Schwung |
Isabel Weinert |
14.10.2024 08:30 Uhr |
Kann man den eigenen Stoffwechsel wirklich in Schwung bringen oder ist man den eigenen Genen ausgeliefert? / © Adobe Stock/freshidea
Was ist überhaupt der Stoffwechsel? Laut Wikipedia wird er wie folgt definiert: »Als Stoffwechsel oder Metabolismus bezeichnet man alle chemischen Umwandlungen von Stoffen im Körper von Lebewesen, beispielsweise die Umwandlung von Nahrungsmitteln in Zwischen- und Endprodukte. Diese biochemischen Vorgänge dienen dem Aufbau, Abbau und Ersatz.« Grundsätzlich laufen diese biochemischen Prozesse bei jedem Menschen in gleicher Weise ab. Wie gut und in welchem Ausmaß, das kann sich zwischen Menschen unterscheiden. Nicht jeder Unterschied lässt sich durch das eigene Zutun ausmerzen, allerdings kann man an der ein oder anderen Schraube selbst drehen.
Zu den gegebenen Faktoren, die den Stoffwechsel beeinflussen, zählen die Gene, das Geschlecht und das Lebensalter. Genetisch bedingt gibt es tatsächlich Menschen, die einen niedrigeren Grundumsatz haben und solche, bei denen er höher liegt. Geschlechtsspezifisch haben Männer mehr Muskelmasse und deshalb einen höheren Grundumsatz als Frauen, weshalb sie mehr Energie verbrauchen. Außerdem sinkt die Stoffwechselaktivität mit den Lebensjahren. Das liegt an der schwindenen Muskelmasse, die jeden Menschen ereilt, wenn er nicht bereit ist, mit Krafttraining entgegenzuwirken. Viele Menschen bewegen sich im Alter auch weniger und verbrauchen deshalb weniger Kalorien. Bei Frauen entfällt mit der Menopause die beträchtliche Menge Energie, die der Eisprung jeden Monat kostet. Neben den genannten Faktoren spielt auch der Schlaf eine Rolle. Wer – unfreiwillig – zu wenig schläft, nimmt eher an Gewicht zu. Möglicherweise liegt das daran, dass Müdigkeit die eigene Disziplin untergräbt. Studien zeigen, dass Menschen eher zu viel essen und naschen, wenn sie müde sind.
In einer Studie aus 2021 zeigte sich, wie sich der Grundumsatz im Laufe des Lebens wandelt. Demnach liegt er bei Säuglingen am höchsten, nimmt dann im Laufe der Kindheit ab und bleibt ab dem 20. bis zum 50. Lebensjahr etwa auf einem Niveau. Ab 60 sinkt der Grundumsatz dann nochmals deutlich, hier scheint sich auch der Stoffwechsel in jeder einzelnen Körperzelle zu verlangsamen.
Ein hierzulande bedeutsamer Faktor, den Stoffwechsel zu bremsen, obgleich man eigentlich abnehmen möchte, sind dauernde Diäten. Der Organismus stellt sich auf Nahrungsknappheit ein und passt sich der mageren Ernährung an. Er drosselt dafür auch den Stoffwechsel, damit die geringe Energiezufuhr dennoch für alle Prozesse ausreicht. Um energieintensive Gewebe loszuwerden, baut der Körper im Mangel bevorzugt Muskulatur ab. Das senkt den Grundumsatz noch mehr.
Um den Stoffwechsel aus dem Dornröschenschlaf durch Dauerhunger durch Diäten herauszubekommen, errechnet man am besten zunächst, wie hoch der eigene Grundumsatz ist und was bei der eigenen täglichen körperlichen Aktivität an Energieumsatz hinzukommt. Die Kalorien, die sich aus der Berechnung ergeben, braucht der Körper auch tatsächlich. Wer an Gewicht verlieren und dabei den Stoffwechsel in Schwung halten will, der sollte nur 300 bis 500 Kalorien pro Tag einsparen und verliert damit knapp ein Pfund pro Woche. Das erscheint wenig, fördert aber eine stabile Gewichtsreduktion ohne Jojo-Effekt.
Wesentlich dafür, dass der Stoffwechsel auch mit geringerer Kalorienzufuhr nicht ermüdet, ist eine abwechslungsreiche Ernährung, die alle wichtigen Nährstoffe beinhaltet. Kohlenhydrate in vollwertiger Form sollen ebenso auf den Teller kommen wie Eiweiß und hochwertige Fette. Hilfreich ist eine pflanzenbetonte Kost, weil man sich damit sehr viele wertvolle Vitamine und Mineralstoffe sowie Ballaststoffe zuführt. Letztere fördern eine geregelte Verdauung, auch ein wichtiger Faktor für einen gut funktionierenden Stoffwechsel.
Einigen Gewürzen und Nahrungsmitteln wird eine den Stoffwechsel ankurbelnde Wirkung zugeschrieben. Dazu gehören scharfe Gewürze, Chili, Grüntee, Kaffee oder dunkle Schokolade. Allerdings fehlt bei den meisten Lebensmitteln wissenschaftliche Evidenz und wäre sie vorhanden, würde der Effekt auf den Organismus in verzehrsüblichen Mengen vermutlich nicht ins Gewicht fallen. So ließ sich etwa nachweisen, dass Capsaicin-haltige Lebensmittel das braune Fettgewebe aktivieren. Doch die Effekte auf den Stoffwechsel und eine mögliche Gewichtsabnahme sind allenfalls marginal. Auch Nahrungsergänzungsmittel aus Extrakten der genannten Lebensmittel oder anderer Substanzen, die den Stoffwechsel anpeitschen oder das Abnehmen fördern sollen, sind mit Vorsicht zu genießen und nicht unbedingt eine Empfehlung für Apothekenkunden.
Ein Tipp für Menschen, die über einen trägen Stoffwechsel im Zusammenhang mit Übergewicht klagen, ist das Trinken von Apfelessig. So zeigte eine Anfang dieses Jahres veröffentlichte Studie, dass Apfelessig bei den gegen Placebo getesteten Probanden zu einer deutlichen Gewichtsabnahme bei gleichzeitiger Verbesserung der Blutzuckerwerte, der Triglyceride und des Cholesterolspiegels führte. Am effektivsten wirkten 15 ml Apfelssig morgens, verdünnt in einem Glas Wasser. Eine überaus günstige Methode, auf den Stoffwechsel Einfluss zu nehmen.
Ob sich mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt oder aber drei große besser auf den Stoffwechsel auswirken, darüber streiten sich die Experten. Sportler fühlen sich häufig mit mehreren kleinen Mahlzeiten über den Tag verteilt energievoller. Andererseits sollen Pausen von vier bis fünf Stunden zwischen zwei Mahlzeiten dafür sorgen, dass sich Magen und Darm regenerieren können und dass durch den in dieser Zeit sinkenden Insulinspiegel der Abbau von Fettgewebe anspringt.
Einen nachhaltigen Effekt auf die Stoffwechselaktivität hat Bewegung. Sowohl Ausdauer- als auch Kraftsport haben das Zeug dazu, einen lahm erscheinenden Stoffwechsel anzukurbeln. Dabei sind zwei Dinge wichtig: die Regelmäßigkeit der Bewegung in einer ausreichenden Intensität und der Aufbau von Muskulatur. Muskeln sind die Stoffwechselaktivatoren schlechthin. Sie verbrennen viel Energie und fördern gute Blutzuckerwerte sowie die Aktivität von für den Organismus günstigen Immunzellen. Menschen, die sich für ihren Stoffwechsel mehr bewegen und mittels Kraftsport Muskulatur aufbauen, dürfen nur nicht dem Trugschluss erliegen, nun mehr essen zu dürfen, weil der Körper ja mehr verbrauche. Die reine Zahl verbrauchter Kalorien durch Bewegung fällt eher bescheiden aus. Und auch der Muskelzuwachs durch Kraftsport ist ab dem mittleren Lebensalter nicht überbordend. Doch gerade Menschen mit einem »trägen« Stoffwechsel profitieren maßgeblich von körperlicher Aktivität.
Was den Stoffwechsel noch anregt, ist Kälte. Nach dem Duschen immer kalt abbrausen, kalte Getränke trinken – das fördert das braune Fettgewebe, auf englisch »Brown Adipose Tissue (BAT). Menschen besitzen es individuell in unterschiedlichen Mengen, doch jeder kann dieses den Stoffwechsel aktivierende und erwünschte Fett sehr einfach aktivieren – eben durch Kältereize. Diese Maßnahmen können sich, regelmäßig ausgeführt, auf das Körpergewicht, auf die Insulinempfindlichkeit und auf die Blutfettwerte auswirken.
Ausreichend (kühles) Wasser trinken, kurbelt zwar nicht maßgeblich den Stoffwechsel an. Die notwendigen etwa eineinhalb Liter pro Tag geben aber die Gewähr, dass Stoffwechselprozesse im Körper zumindest nicht wegen Flüssigkeitsmangels stagnieren.
Ein ganz maßgeblicher Taktgeber für verschiedenste Stoffwechselprozesse ist die Schilddrüse. Eine Unterfunktion hemmt den Stoffwechsel, eine Überfunktion lässt ihn aus dem Ruder laufen. Aber auch Medikamente können den Stoffwechsel beeinflussen. Betablocker etwa setzen den Energieumsatz herab, Antibiotika können über eine veränderte Darmflora Prozesse beeinflussen und Hormone hemmen mitunter den Muskelaufbau und befördern auf diesem Weg eine Gewichtszunahme. Medikamente, die müde machen, dämpfen dadurch unter Umständen die Motivation, sich zu bewegen.
Klagen Patienten über einen neuerdings erlahmten Stoffwechsel, dann können PTA auch danach fahnden, ob ein neu verabreichtes Medikament diesen Effekt haben kann. Eventuell kann der Arzt dann nach einer Alternative suchen.