Das Comeback der LSD-Forschung |
Durch den Missbrauch von LSD als Droge ist die Forschung ins Stocken gekommen. Nun nimmt sie wieder Fahrt auf. / Foto: Getty Images/SergeyKatyshkin
Rückblende 1943: Der Schweizer Chemiker Albert Hofmann sucht in seinem Labor nach einem Mittel zur Kreislaufstabilisierung. Er kreiert mit einer Säure, die er aus dem Pilz Mutterkorn gewonnen hat, die Substanz Lysergsäurediethylamid – kurz LSD. Hofmann kommt aber nicht recht weiter. Am 16. April muss er unbewusst etwas LSD über seine Fingerspitzen zu sich genommen haben, und plötzlich stellt er eine Bewusstseinsänderung fest. Hofmann berichtet später: »Was immer ich mir vorstellte, war bildhaft vor mir, tief beglückend.« Als er das Experiment am 19. April wiederholt, passiert Schreckliches: Er nimmt eine zu hohe Dosis ein und erlebt einen Horrortrip, bei dem seine Nachbarin ihm als bösartige Hexe erscheint und Möbelstücke bedrohliche Formen annehmen.
Hofmann ist von dem Potenzial seiner Entdeckung bei richtiger Dosierung überzeugt. Sein Arbeitgeber Sandoz macht daraus ein Medikament, das in der Psychotherapie, bei Alkoholsucht und als Stimmungsaufheller bei Schwerkranken zum Einsatz kommt. Doch dann beginnt der Freizeitkonsum. Halluzinogene machen zwar anders als Heroin oder Kokain nicht abhängig, aber der Konsum wird nach vielen Schlagzeilen über Gewaltexzesse und Suizide im LSD-Rausch Ende der 60er Jahre in den USA und dann weltweit verboten. Die Forschung schläft ein.
Nun ist sie aber wieder in vollem Gange. Basel, wo Hofmann damals arbeitete, ist heute ein weltweit führendes Zentrum der akademischen LSD-Forschung. Felix Müller, Leiter des klinischen Forschungsbereichs für substanzgestützte Therapie an der Universität Basel, hat 2022 in einer Studie gezeigt, dass zwei Dosen LSD Ängste anhaltend lindern können. Neue Daten zur Wirkung von LSD bei Depressionen stellte er anlässlich des Jubiläums vor. Für die randomisierte, doppelblinde, Parallelgruppen-Studie wurden 61 Patientinnen und Patienten mit niedrigen oder mit mittleren bis hohen Dosen LSD behandelt. Die Erkrankten erhielten die jeweiligen Dosen zweimal im Abstand von vier Wochen.
Die Gabe von 100 oder 200 Mikrogramm LSD habe die depressive Symptomatik sowohl zwei Wochen als auch noch drei Monate nach der Behandlung reduziert, teilte Müller mit. Sein Fazit: »Zwei moderate bis hohe Dosen LSD verminderten im Vergleich zu zwei niedrigen Dosis LSD depressive Symptome signifikant.« Die Studie ist noch nicht von unabhängigen Fachleuten geprüft und in einem Fachjournal veröffentlicht worden. Matthias Liechti, Felix Müller und Kollegen von der Universität Basel führten sie gemeinsam mit dem biopharmazeutischen US-Unternehmen MindMed durch.
»Ebenso läuft hier in Basel eine Studie mit Patienten mit Clusterkopfschmerzen, einer heftigen neurologischen Krankheit, bei der Patienten bei einer Attacke von maximal vorstellbarem Schmerz berichten«, sagte Müller der Nachrichtenagentur dpa.