Das hilft gegen schlaflose Nächte |
Patienten mit Neurodermitis oder Schuppenflechte schlafen durchschnittlich schlechter als Hautgesunde. / Foto: Getty Images/demaerre
Eine große weltweite Umfrage bestätigt eindrucksvoll: Dermatologische Patienten haben häufig Schlafstörungen aufgrund ihrer Erkrankung – und das hat enorme Auswirkungen auf Konzentration und Produktivität am nächsten Tag. Dazu fasste ein internationales Forscherteam die Umfrageergebnisse von insgesamt mehr als 50.000 Personen zusammen, von denen 17.627 an einer Hauterkrankung litten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler Anfang des Jahres im Fachmagazin »Journal of the European Academy of Dermatology & Venerology«.
Knapp die Hälfte (42,3 %) der Patienten mit Neurodermitis, Schuppenflechte, Ekzemen und Co. gab an, nachts schlecht Ruhe zu finden. Diese Patienten mit gestörtem Schlaf waren im Schnitt jünger als solche ohne diese Probleme. Von den dermatologischen Umfrageteilnehmern gaben 42,3 % (7 458 Patienten) an, aufgrund der Hauterkrankungen an Schlafstörungen zu leiden. Frauen nannten diese nächtlichen Ruhestörer häufiger als Männer. Es ist vor allem der Juckreiz (zu annähernd 60 %), der nachts wachhält, daneben aber auch ein Kribbeln und Brennen sowie Schmerzen der Haut.
Dass sich Juckreiz in der Nacht stärker bemerkbar macht, hat mehrere physiologische Gründe. Zum einen steigt nachts die Hauttemperatur an; Wärme provoziert Juckreiz. Zum anderen schwitzen wir nachts in nicht unerheblichen Mengen, was die Haut zusätzlich austrocknet. Hinzu kommt freilich, dass der körpereigene Cortisolspiegel im Tagesverlauf und vor allem gegen Nacht absackt und dann auf einem Tiefstwert liegt. Das hat verminderte entzündungshemmende Wirkungen zur Folge – ein verstärktes Juckreizempfinden in der Nacht ist also die Folge. Überdies nicht zu vergessen: Die Haut hat nachts großflächig Kontakt zu Textilien, was eine mechanische Auslösung von Jucken on top hervorrufen kann.
Hinzu kommen die veränderten Verhältnisse einer gestörten Hautbarriere, wie sie bei jeder dermatologischen Erkrankung vorliegen. Das lässt sich am Beispiel der atopischen Dermatitis gut veranschaulichen. Bei ihr zeigt sich das Hautbild trocken, spröde, schuppig und rau. Die Talgdrüsen produzieren nur wenig Talg, sodass sich kein flächendeckender Fettfilm über die Haut ziehen kann. Außerdem fehlt ihr ein effektives Wasserspeichersystem, von Geburt an mangelt es an natürlichen Feuchthaltefaktoren. Und auch der Zellkitt, der den Raum zwischen den Hornzellen abdichtet, hat eine veränderte Zusammensetzung. Unterm Strich kann Neurodermitis-Haut ihre Barrierefunktion nicht mehr richtig erfüllen, die Haut ist entzündungsanfällig und gerät leicht ins Jucken.
Die Basistherapie einer chronisch-entzündlichen Hauterkrankung besteht deshalb immer in einer ein- bis zweimal täglichen Pflege der Haut, um die gestörte Hautbarriere wieder aufzubauen. Dazu sollten die Pflegezubereitungen fettend, hydratisierend und zudem filmbildend sein. Als Lipidkomponente empfehlen sich Phospholipide, Ceramide oder Ceramid-Derivate, etwa aus Jojoba-, Weizenkeim-, Traubenkern- oder Nachtkerzensamenöl. Sie stärken den Wiederaufbau der epidermalen Hautbarriere. Ceramide fungieren überdies als interzelluläre Kittsubstanzen.
Zusätzlich sollten die Zubereitungen eine ordentliche Portion an Feuchthaltefaktoren enthalten, allen voran Harnstoff, Milchsäure, Glycerol, Pyrrolidoncarbonsäure oder Hyaluronsäure, um die Restfeuchte an epidermalem Wasser in der Haut zurückzuhalten und zu erhöhen. Die filmbildende Komponente in der Pflegerezeptur können etwa Vaseline, Paraffinum liquidum, Cera microcristallina, oder moderner Dimethicon, Polysiloxan oder die oben genannten Lipidkomponenten übernehmen. So kann dann ein dünner, gut spreitender hydrophober Film auf der Hautoberfläche den transepidermalen Wasserverlust begrenzen.
Geeignete Präparate für trockene Haut sind zum Beispiel Physiogel® Calming Relief A. I., Excipial® U10 Lipolotio, Dermasence® Polaneth Lotion und Skinpro Lipo, Imlan® Creme Plus, Avène® Xeracalm A.D., Roche Posay Lipikar® Baume AP+, Eucerin® AtopiControl, Eubos® Kinder Hautruhe Creme oder Alfason Basis Cresa® Creme.
Um akuten Juckreiz bei trockener Haut oder einer akuten Verschlechterung einer Hauterkrankung zu lindern, sind Lotionen oder Cremes mit lokal betäubenden Zusätzen wie Polidocanol oder Lidocain geeignet (wie Optiderm®). Geht der Juckreiz mit Entzündungen und nässenden Stellen einher, wirken Zubereitungen mit Phenol-Methanal-Harnstoff-Polykondensat lindernd (Tannolact®). PTA können zudem zu kühlenden Umschlägen raten, beispielsweise mit einem mit schwarzem Tee getränkten Baumwoll- oder Leinentuch. Nicht nur die Kühlung, auch die enthaltenen Gerbstoffe lindern den Juckreiz.
Ohne Rezept erhältliche Hydrocortison-Präparate sehen Dermatologen bei nächtlichem Juckreiz nicht so gerne. »Hier ist ein stärkeres Präparat gefragt, das rezeptiert werden kann; entweder mit oder ohne Cortison«, rät etwa Professorin Dr. Sonja Ständer, Leitende Oberärztin an der Klinik für Hautkrankheiten des Universitätsklinikums Münster, in einem Gespräch mit PTA-Forum. Wichtig sei es vielmehr, den Kunden bei Hautveränderungen mit auf den Weg zu geben, die Beschwerden zu beobachten und zum Arzt zu gehen, wenn sich der Hautzustand nicht bessert. Zusätzlich könne ein Präparat, das den Schlaf fördert, sinnvoll sein, da der Juckreiz der nächtlichen Erholung oft im Wege steht, führte die Expertin aus.
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