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Exekutive Funktionen

Das Stirnhirn – Steuerzentrale für den Alltag

Um die täglichen Anforderungen in Schule, Beruf und sozialem Miteinander zu meistern, ist es notwendig, dass wir uns mit unserer Umwelt auseinandersetzen können. Wie gut das gelingt, hängt von der Ausprägung der exekutiven Funktionen ab. Fallen sie aus, ist ein geregeltes Leben kaum mehr möglich.
Carina Steyer
21.07.2020  12:30 Uhr

Der planende Blick in den Kalender, das sinnvolle Strukturieren des Tags sowie das konzentrierte Erledigen von Aufgaben gehört für viele Menschen zu einem normalen Miteinander dazu. Solche Fähigkeiten, die gemeinsam dafür sorgen, dass Menschen in der Lage sind, ihr Verhalten zu kontrollieren, werden exekutive Funktionen genannt. Neurowissenschaftler teilen sie in drei große Gruppen ein: Inhibition, Arbeitsgedächtnis und kognitive Flexibilität.

Zentrales Steuerorgan der exekutiven Fähigkeiten ist das so genannte Stirnhirn. Aufgrund seiner enormen Bedeutung für das soziale Miteinander bezeichnen Neurowissenschaftler es mitunter auch als »Organ der Zivilisation«.

Sozial und selbstreguliert

Was ist wichtiger, der Fernseher oder die Hausaufgaben? Die Wäsche oder das gemütliche Lesen auf dem Sofa? Wem es leicht fällt, Handlungen zu vermeiden, die einem Ziel im Weg stehen, selbst wenn die Verlockung noch so groß ist, verfügt in der Regel über eine gute Inhibition. Sie sorgt dafür, dass Menschen ihre  Aufmerksamkeit bewusst lenken können und in der Lage sind, soziales und selbstreguliertes Verhalten zu zeigen. So gelingt es zum Beispiel, Konflikte gewaltfrei auszutragen. Oder sie hilft beim Autofahren, sich auf das Geschehen auf der Straße zu konzentrieren. Dabei müssen störende Reize, die von Mitfahrern, dem Radio oder dem Sonnenlicht ausgehen, weitestgehend ausgeblendet werden.

Das Arbeitsgedächtnis trägt entscheidend dazu bei, dass Funktionen wie Sprache und mathematische Leistungen überhaupt möglich werden. Die Speicherkapazität des Arbeitsgedächtnisses ist mit fünf bis sieben Wörtern, Zahlen oder Objekten über einen Zeitraum von wenigen Sekunden zwar eindeutig begrenzt, dennoch ist es notwendig, damit Menschen überhaupt Rechnen, Schreiben oder Lesen können. So ist etwa beim Sprechen und Verstehen von Sprache wie zum Beispiel bei der Konstruktion von Nebensätzen oder der Kommunikation in einer Fremdsprache, wo mitunter nach Vokabeln gesucht werden muss, das Arbeitsgedächtnis von entscheidender Bedeutung. Schwierigkeiten wie Legasthenie oder Dyskalkulie beruhen auf Einschränkungen des Arbeitsgedächtnisses.

Notwendig ist das Arbeitsgedächtnis außerdem, um sich an Zwischenschritte von Handlungsplänen erinnern oder den Handlungsanweisungen anderer Personen nachkommen zu können. Soll man zum Beispiel auf der Fahrt zum Supermarkt an der dritten Ampel rechts abbiegen, wird man den Supermarkt nicht finden, wenn man vergessen hat, dass man abbiegen muss. Das Arbeitsgedächtnis erlaubt zudem, Handlungsalternativen zu erkennen, zu vergleichen und eventuell eine bessere Lösung zu finden.

Die letzte Komponente der exekutiven Funktionen ist die kognitive Flexibilität. Sie baut auf dem Arbeitsgedächtnis und der Inhibition auf und ermöglicht Menschen, sich auf neue Anforderungen, Aufgaben oder Lebenssituationen schnell einstellen zu können. Mit einer gut ausgebildeten Flexibilität gelingt es leichter, Personen und Situationen aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und zwischen den verschiedenen Perspektiven zu wechseln. Kognitive Flexibilität braucht man auch, um aus Fehlern lernen zu können oder auf die Argumente anderer offen zu reagieren.

Ausfall mit Folgen

Erst im jungen Erwachsenenalter ist das Stirnhirn vollständig ausgebildet, bis dahin reifen die exekutiven Funktionen. Wie gut sich diese entwickeln, scheint nach derzeitigem Kenntnisstand neben der Intelligenz von der Motivation und der Förderung eines Kindes abzuhängen. Wie der Rest des Gehirns ist das Stirnhirn plastisch und kann durch entsprechenden Gebrauch verändert werden. Bildungsexperten sehen das Trainieren der exekutiven Funktionen heute als wichtigen Bestandteil der pädagogischen Arbeit in Kindergärten und Schulen. Eingesetzt werden Bewegungsspiele in der Gruppe und Gesellschaftsspiele. Sogar einige Computerspiele wirken sich positiv auf die Entwicklung aus. Denn wann immer ein Spiel nach Regeln gespielt wird, trainiert es das Arbeitsgedächtnis. Sich nicht ablenken zu lassen, sondern sich auf das Spiel zu konzentrieren, fördert zudem die Inhibition und sich auf wechselnde Spielsituationen einzustellen, schult die kognitive Flexibilität.

Einige Erkrankungen bringen Einschränkungen oder einen Ausfall der exekutiven Funktionen mit sich. Mediziner sprechen dann von einem dysexekutiven Syndrom. Dieses kann sich unübersehbar auf das Verhalten der Betroffenen auswirken: Parkinsonpatienten haben Schwierigkeiten bei der Wortflüssigkeit und bei Entscheidungsprozessen. Eine frontotemporale Demenz äußert sich durch Inflexibilität, fehlende oder unangebrachte emotionale Reaktionen, mangelnde Empathie oder eine geringe bis fehlende Krankheitseinsicht. Alzheimer Patienten verlieren im Krankheitsverlauf die Fähigkeit, planerisch zu denken, wodurch eine selbstständige Lebensführung unmöglich wird. Nach einem Schlaganfall können Betroffene unter Umständen ihre Handlungen nicht mehr so gut planen oder haben Schwierigkeiten Probleme zu lösen.

Bei der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gehören die Störung des Arbeitsgedächtnisses, der Impulskontrolle, der Selbstregulation und der Aufmerksamkeitssteuerung zu den zentralen Symptomen. Für betroffene Kinder hat das gravierende Folgen. Oft fallen sie in der Schule auf, weil sie Aufgaben abbrechen oder verweigern, sich nicht konzentrieren können, Flüchtigkeitsfehler machen, vergesslich sind oder häufig Gegenstände verlieren. Sie handeln ohne nachzudenken, sind ungeduldig, stören andere und reden viel. Mimik und Gestik ihres Gegenübers einzuschätzen bereitet Probleme, wodurch sie sich schnell bedroht oder provoziert fühlen. Die Folge können Stimmungsschwankungen, Wutausbrüche und Distanzlosigkeit sein, welche den Kindern häufig die soziale Integration erschweren. Ihre schulischen Leistungen liegen oft deutlich unter dem, was sie auf Grund ihrer Intelligenz leisten könnten.

Therapie nach Maß

Die Therapie richtet sich nach der Art und Schwere des dysexekutiven Syndroms sowie dem Ausmaß der Krankheitseinsicht und bestehenden weiteren kognitiven Funktionseinschränkungen. Eingesetzt werden Übungen, die gezielt einen Funktionsbereich schulen. So können Betroffene durch leichte Rechenaufgaben das Arbeitsgedächtnis trainieren, indem sie erst zwei Additions-, Subtraktions- oder Multiplikationsaufgaben lösen und deren Ergebnisse anschließend addieren. Auch Computergestützte Übungen werden eingesetzt.

Ein wichtiger Punkt bei der Rehabilitation neurologischer Patienten sind die individuellen Lebensanforderungen. Trainiert wird, wie sich der Betroffene wieder möglichst gut im Alltag oder im Berufsleben zurechtfinden kann. Ist ein Patient nicht in der Lage, seinen Tag zu strukturieren, kann das durch  Erstellen von Tagesplänen für fiktive Personen in verschiedenen Situationen so lange geübt werden, bis es in den eigenen Alltag übertragen werden kann. Andere Patienten lernen, wie komplexe Probleme in handhabbare Schritte unterteilt und schrittweise abgearbeitet werden können.

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