Das Superfood der Inka |
Der unterschiedliche Anthocayngehalt ist vorrangig für die vier verschiedenen Farben verantwortlich: cremegelbes, rotes, violettes oder schwarzes Maca. / Foto: Adobe Stock/Pedro
Einige unserer beliebtesten Nutzpflanzen wie Tomaten, Kartoffeln und Kakao stammen ursprünglich aus Südamerika. Ein weiterer Schatz der frühen Hochkulturen der Neuen Welt ist Lepidium meyenii, so der wissenschaftliche Name der Maca-Pflanze. Das Kreuzblütengewächs ist ursprünglich in den Höhenlagen der peruanischen Anden heimisch und wurde vermutlich bereits 1700 vor Christus angebaut. Erstmals beschrieb der spanische Mönch Antonio Vázquez de Espinosa im 16. Jahrhundert die auch als »peruanischer Ginseng« bekannte Pflanze. Wuchsform, Größe und Proportionen erinnern an Radieschen, Pastinaken oder Rüben. Maca wird heute hauptsächlich in Peru, in den Hochanden Boliviens und in geringem Umfang auch in Brasilien als Feldfrucht angebaut. Die Pflanzenblätter werden als Salat verwendet. Populärer ist allerdings der Einsatz des Hypokotyls.
Damit ist der unterste Abschnitt der Sprossachse vom Wurzelhals bis zu den Keimblättern gemeint. Dieser dient der einheimischen Bevölkerung bis heute als Nahrungsmittel und ist Bestandteil der Volksmedizin. Anhand der Wurzelfarbe lassen sich vier Sorten unterscheiden. Diese werden als cremegelbes, rotes, violettes oder schwarzes Maca bezeichnet. Der unterschiedliche Gehalt an Anthocyanen ist hauptsächlich für die Farbunterschiede verantwortlich. Am weitesten verbreitet sind cremefarbene Wurzeln, die in Peru wegen ihrer Süße beliebt sind. Schwarzes Maca hat einen süßlichen und leicht bitteren Geschmack und wird oft bevorzugt von Männern genommen. Ihren Ruf als »Super-Food« verdankt die Maca-Wurzel den enthaltenen Nährstoffen. Sie ist unter anderem reich an Antioxidanzien, Mineralstoffen wie Calcium, Kalium, Eisen, Zink und Jod und verschiedenen Vitaminen. Weiterhin ist sie eine Quelle für Ballaststoffe und Protein. Traditionell erhitzt die indigene Bevölkerung die frische Wurzelknolle vor dem Verzehr. Die Menschen verarbeiten sie dann zu verschiedenen Speisen oder stellen Getränken damit her.
Zum Export kann die rohe Wurzel getrocknet und zu Mehl verarbeitet werden. Dieses »Harina de Maca«, kann zum Beispiel beim Backen einen Teil des normalen Mehls ersetzen oder Speisen zugegeben werden. Zu beachten ist, dass sich die Zusammensetzung und Verdaubarkeit der rohen von der der gekochten Wurzel unterscheidet. Oft wird daher Maca zur Aufbewahrung nicht roh getrocknet, sondern gelatiniert. Bei diesem Verfahren werden die Maca-Wurzeln unter Druck erwärmt, um schwer verdauliche resistente Stärke bekömmlicher zu machen und Enzyme zu inaktivieren.
Seit alters her wird das Hypokotyl auch für medizinische Zwecke eingesetzt. Die Einheimischen nutzen die Andenpflanze bereits seit Jahrhunderten als Adaptogen und zur Behandlung von Anämie, Unfruchtbarkeit und Imbalancen des weiblichen Hormonhaushalts. In Deutschland sind macahaltige Produkte als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) erhältlich, die vor allem über das Internet vertrieben werden. Sie enthalten pulverisierte rohe Wurzel, gelatiniertes Maca-Pulver oder Maca-Extrakt. Seit Ende des letzten Jahrhunderts stieg in Europa das Interesse an diesen Produkten. Das liegt nicht zuletzt an den der Maca-Pflanze in der Volksmedizin zugeschriebenen Wirkungen. Die postulierten Effekte sind jedoch kaum durch wissenschaftliche Daten belegt. So werben zwar Hersteller damit, dass Maca als natürliches Aphrodisiakum bei Männern wirke, die Fruchtbarkeit verbessere, bei Frauen Wechseljahresbeschwerden lindere und sich positiv auf das hormonelle Gleichgewicht auswirke.
Beweise aus klinischen Studien für diese mutmaßlichen Wirkungen sind jedoch rar. So ergab zwar eine systematische Überprüfung aus dem Jahr 2016 Hinweise darauf, dass Maca die Samenqualität bei gesunden sowie unfruchtbaren Männern verbessern könnte. Insgesamt hatten die Autoren jedoch nur fünf Studien – drei randomisierte klinische Studien (RCTs) und zwei unkontrollierte Beobachtungsstudien – gefunden, die alle Einschlusskriterien erfüllten. Eine RCT fand günstige Auswirkungen von Maca auf die Spermienmobilität bei unfruchtbaren Männern. Die beiden anderen RCTs zeigten positive Auswirkungen auf mehrere Samenqualitätsparameter bei gesunden Männern. Die beiden Beobachtungsstudien deuteten ebenfalls auf positive Auswirkungen von Maca auf die Samenqualität hin. Die Autoren warnten jedoch, dass die geringe Gesamtzahl der Studien, die Gesamtstichprobengröße und das Risiko einer Verzerrung der eingeschlossenen Studien es nicht zulasse, eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen.
Die behauptete Wirkung bei Frauen in den Wechseljahren überprüften Autoren in einem Review 2011. Sie schlossen alle auffindbaren randomisierten klinischen Studien ein, in denen Maca-basierte Interventionen mit einem Placebo zur Behandlung von Wechseljahrbeschwerden verglichen wurde. Die Ergebnisse deuteten auf einen gewissen Nutzen hin. Allerdings waren auch hier die Gesamtzahl der Studien, die Gesamtstichprobengröße und die durchschnittliche methodische Qualität der Primärstudien zu begrenzt, um eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat die Sicherheit von macahaltigen Produkten untersucht. Die Experten fanden nur wenige Studien, die sie für eine gesundheitliche Bewertung heranziehen konnten. Eine unbedenkliche Verzehrsmenge in Lebensmitteln und NEM konnte das Gremium nicht ableiten. Die in Maca-Extrakten enthaltene (1R,3S)-1-Methyl-1,2,3,4-tetrahydro--carbolin-3-carbonsäure (MTCA) könnte mutagen wirken. Wegen MTCA warnen einige Behörden vor Gesundheitsrisiken beim Verzehr pulverisierter Maca-Wurzel. Dem wird entgegengehalten, dass MTCA durch Kochen deaktiviert wird.
Da die indigene Bevölkerung bestimmter Regionen Südamerikas Maca seit Langem als Lebensmittel nutzt, ist wohl nicht von ernsthaften Nebenwirkungen erhitzter Wurzel auszugehen. Dem entsprechen auch die wenigen Daten aus Humanstudien. In einer Untersuchung mit 30 Männern, die zwölf Wochen lang täglich 1,5 g, 3 g Maca oder Placebo konsumierten, wurden keine von der Placebogruppe abweichenden unerwünschten Wirkungen beobachtet. Allerdings war es auch nicht das Ziel der Studie, unerwünschte Wirkungen zu erfassen.
In einigen Tierversuchen sind nach Zufuhr von Maca Effekte auf die Geschlechtsorgane beobachtet worden und dass Inhaltsstoffe in Interaktion mit Hormonwirkungen treten könnten. Daraus ließen sich unerwünschte Wirkungen ableiten, allerdings fehlen bislang dafür Belege beim Menschen. Zudem ist zu beachten, dass sich die Untersuchungsergebnisse aus den Tierversuchen zum Teil widersprechen und die Daten mitunter nur aus einer Studie stammen oder mit nur einer Farbvarietät von Maca erzielt wurden. Die Maca-Zufuhr lag darüber hinaus teilweise deutlich über den Mengen, die Verbraucher über NEM einnehmen. Hier werden meistens Verzehrsmengen von täglich zwischen 600 und 2400 mg (8,5 bis 34 mg/kg KG/Tag) empfohlen.
Dennoch sollten die Hinweise, dass Maca oder Maca-Zubereitungen möglicherweise auf Geschlechtsorgane einwirken und/oder in Interaktionen mit Hormonen treten könnten, ernst genommen werden und weitere diesbezügliche Untersuchungen sind wünschenswert. Zu prüfen ist auch, inwiefern verschiedene Farbvarietäten möglicherweise unterschiedliche Wirkungen und Nebenwirkungen hervorrufen. Unklar ist zudem, wie unterschiedliche Extraktionsmittel bei der Herstellung von Maca-Extrakten die Effekte im Menschen beeinflussen. Solange der Kenntnisstand noch eher gering ist, sehen Verbraucher besser davon ab, Maca-NEM zu konsumieren. Bei Potenzproblemen oder Wechseljahrsbeschwerden gibt es bewährte Therapien, von denen einige sogar rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind.