Das Wichtigste zum neuen Coronavirus |
Die meisten Menschen, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind, haben nur eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen – oder gar keine Symptome. / Foto: Getty Images/Guido Mieth
Aufgrund der zunehmenden Verbreitung des Erregers hat das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin die Risikoeinschätzung für die Bevölkerung in Deutschland auf »mäßig« hochgestuft. Die Einschätzung des Coronavirus-Experten Professor Dr. Christian Drosten von der Charité in Berlin zur Gefährlichkeit des Erregers: Die sei im Augenblick sehr schwierig zu bewerten, da noch nicht genügend Daten bekannt seien. Die wichtigen Parameter wie Sterblichkeitsrate und Geschwindigkeit der Ausbreitung könnten noch nicht abschließend bestimmt werden.
Derzeit gehe man von einer Fallsterblichkeit von 0,3 bis 0,7 Prozent aus, sagte der Virologe. Er erwarte aber, dass dieser Wert noch sinke. Insgesamt seien die durch SARS-CoV-2 verursachten Erkrankungen mild und stellten für den Einzelnen kein Problem dar. Nur ein Prozentsatz von etwa 15 Prozent entwickele einen schweren Verlauf mit Lungenentzündung.
In China sterben nach Angaben von deren Gesundheitsbehörde 2,3 Prozent der mit SARS-CoV-2 Infizierten. Betroffen sind demnach vor allem alte Menschen und solche mit schweren Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Bei Menschen über 80 Jahren liegt die aus den dort vorliegenden Daten errechnete Todesrate bei knapp 15 Prozent, es sterben also in dieser Altersgruppe in China im Mittel etwa 15 von 100 Infizierten. In der Gruppe der 10 bis 39 Jahre alten Menschen sterben 0,2 Prozent der Infizierten, also etwa 2 von 1000 Betroffenen.
Experten gehen davon aus, dass die Sterblichkeit geringer ist als in China errechnet, unter anderem weil in der chinesischen Statistik viele mild verlaufende Infektionen gar nicht erfasst werden. Gesicherte Analysen zur Sterblichkeit aus anderen Ländern gibt es bisher aber nicht.
Ein Wert, wie viele Menschen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt, lässt sich noch immer nicht gesichert angeben. Das Virus verbreitet sich durch Tröpfcheninfektion etwa beim Husten und Sprechen. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass das Virus auch über das Verdauungssystem und zumindest einige Tage über Oberflächen verbreitet werden kann. Ein bisher unterschätztes Risiko ist womöglich, dass in Stuhlproben von Patienten in der Initialphase einer Covid-19-Erkrankung »durchaus relevante Mengen« von SARS-CoV-2 nachweisbar sind, wie Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin an der München Klinik Schwabing, erklärt.
Die meisten Menschen haben nur eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen oder gar keine Symptome. Hinzukommen können Fieber, Husten und Atemprobleme, wie sie auch bei einer Grippe auftreten. Auch Kopfschmerzen oder Durchfall sind möglich. Nach Angaben der chinesischen Gesundheitsbehörde komme es bei mehr als 80 Prozent der Infizierten zu milden Infektionsverläufen, knapp 14 Prozent erkranken schwer. Bei knapp 5 Prozent komme es zu lebensbedrohlichen Auswirkungen wie Atemstillstand, septischem Schock oder Multiorganversagen.
Die Inkubationszeit – der Zeitraum zwischen Infektion und Beginn von Symptomen – beträgt nach derzeitigem Stand meist 2 bis 14 Tage. Das ist der Grund dafür, dass Verdachtsfälle zwei Wochen isoliert werden.
Eine spezielle Therapie für die Erkrankung Covid-19 gibt es nicht. Schwer erkrankte Patienten werden symptomatisch behandelt: mit fiebersenkenden Mitteln, der Therapie etwaiger bakterieller Zusatzinfektionen und mitunter mechanischer Beatmung. In Einzelfällen werden auch antivirale Medikamente getestet.
Nein. Labore weltweit forschen derzeit an Impfstoffen, wie es sie auch für die Grippe gibt. Die Entwicklung einer Schutzimpfung nimmt aber viel Zeit in Anspruch. WHO-Chefwissenschaftlerin Soumya Swaminathan glaubt, dass erste Impfstoff-Tests an Menschen in drei bis vier Monaten beginnen könnten. Ein zertifizierter Impfstoff für weitreichenden Einsatz stehe aber wohl erst in 18 Monaten zur Verfügung.
Das US-amerikanische Biotechunternehmen Moderna hatte am vor Kurzem berichtet, einen Impfstoff-Kandidaten entwickelt und an das US-National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) geliefert zu haben. Dessen Direktor Anthony Fauci kündigte laut CNN erste klinische Studien für Ende April an. Auch er rechnet damit, dass es ein bis anderthalb Jahre dauere, bevor ein Impfstoff verfügbar ist.
Zum Schutz vor diesem wie auch anderen Viren empfehlen Experten gewöhnliche Hygienemaßnahmen: regelmäßiges Händewaschen, Desinfektionsmittel und Abstand zu Erkrankten. Den Nutzen von normalen Atemmasken, wie derzeit in China und anderen Ländern überall auf den Straßen zu sehen, schätzen Experten als eher gering ein. Helfen kann es, Umarmungen und Händeschütteln einzuschränken und von vielen Menschen berührte Oberflächen wie Türklinken, Haltegriffe und Aufzugknöpfe nicht anzufassen.
Wer Kontakt zu einem Infizierten hatte, sollte sich laut RKI zunächst bei seinem Gesundheitsamt melden, unabhängig davon, ob Symptome aufgetreten sind oder nicht. Reisende aus Risikogebieten, die Symptome haben, sollen nach telefonischer Voranmeldung mit Hinweis auf die Reise einen Arzt aufsuchen.
Eine Infektionswelle hierzulande könnte unter anderem volle Wartebereiche und Arztpraxen, belegte Intensivbetten und vollkommen überlastete Gesundheitsämter bedeuten, hatte der Berliner Virologe Christian Drosten kürzlich erklärt. Als problematisch sehen Experten, dass derzeit auch die jährliche Grippewelle durch Deutschland rollt und das Gesundheitssystem bereits stark beansprucht. Aus diesem Grund sei es das Ziel, die Ausbreitung des Coronavirus möglichst hinauszuzögern, wie das RKI kürzlich erklärte.
»Wir müssen mit angemessenem Aufwand versuchen, die Ausbreitung zu verlangsamen, um einen intensiven Belastungspuls auf das Gesundheitssystem abzumildern«, sagte Drosten. »Die Zahl der Infektionen sollte über eine möglichst lange Zeit ausgedehnt werden.«
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.