Dehydrierung bei älteren Menschen vermeiden |
Ältere Menschen haben oft ein geringeres Durstgefühl. Pflegende oder Angehörige können ans Trinken erinnern. / Foto: Getty Images/AlexRaths
Für den Pflegedienst ist die ausreichende Flüssigkeitszufuhr ein wichtiges Thema. Ramona Rössner, die seit 20 Jahren Pflegerin ist, ist froh, wenn die Seniorinnen und Senioren, die sie ambulant zu Hause pflegt, überhaupt trinken. Vor allem im Sommer kann das überlebenswichtig sein. Denn hohe Außentemperaturen führen laut Robert-Koch-Institut (RKI) im Sommer regelmäßig zu deutlich erhöhten Sterberaten, insbesondere bei Älteren.
Die Gründe werden als vielfältig beschrieben: Es gebe Todesfälle durch Hitzschlag, aber auch komplexere Fälle, etwa, wenn vorher schon Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen bestanden. Für den Sommer 2022, den viertwärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen 1881, geht das RKI von geschätzt rund 4500 Hitzetoten bundesweit aus. In Berlin kamen 2022 dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg zufolge schätzungsweise mehr als 400 Menschen hitzebedingt ums Leben.
In den Sommermonaten schaut Rössner daher ganz genau hin. »Wenn man die Patienten kennt, merkt man schon am Reden, wenn sie nicht genug getrunken haben«, sagt die 47-Jährige. Das Sprechen falle dann schwerer, die Patienten seien fahrig oder hätten eine trockene Zunge. Regelmäßig müsse sie sie ans Trinken erinnern und stelle an mehreren Orten in der Wohnung Wasserflaschen auf. »Manche sagen, ihnen reicht ein Schluck.«
Alte Menschen haben oft ein geringeres Durstgefühl. Dem Geschäftsführer der Diakoniestation in Berlin Schöneberg, Michael Nehls, zufolge wird zudem der Flüssigkeitsverlust bei Hitze stärker. Nehls leitet den ambulanten Pflegedienst, für den Rössner arbeitet. In der ambulanten Pflege sei ein genauer Blick auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr umso wichtiger, da die Patienten viel Zeit allein, also unbeobachtet, verbrächten. Es handle sich oft um ältere Menschen, die stark dement oder altersvergesslich seien. Hinzu komme ein weiteres Problem: »Ältere Menschen, die inkontinent sind, neigen dazu, weniger zu trinken, um ihr Inkontinenz-Problem in den Griff zu kriegen«, sagt Nehls.
Manche Patienten bemerken die Symptome von Dehydration dem gelernten Krankenpfleger zufolge zwar, führen sie aber nicht auf das wenige Trinken zurück. Wenn es mehr als 30 Grad Celsius warm werde, gebe es für die Patienten von Rössner und ihren Kolleginnen daher eine kleine Gedächtnisstütze: »Wir geben unseren Mitarbeitern entsprechend gestaltete Flaschen als Eye-Catcher für die Menschen mit, damit sie daran denken, mehr zu trinken.« Auf dem blau-orangenen Etikett der Wasserflaschen steht »Achten Sie auf sich!« oder »Trinken Sie mehr!«. Außerdem stehen auf den Flaschen weitere Tipps und für den Notfall die Nummer der Diakonie Schöneberg.
Damit das Pflegepersonal die Symptome frühzeitig erkennt, hat Nehls vergangenes Jahr einen Hitzemaßnahmenplan entwickelt. Das rund 30 Seiten lange Dokument listet unter anderem Merkmale auf, die auf Gesundheitsprobleme hinweisen. Dazu zählen etwa Kurzatmigkeit, plötzliche Verwirrtheit, Erbrechen oder Schwächegefühl. Es werden pflegerische Maßnahmen wie leichte Kleidung, keine dicken Decken, wenig Sonneneinstrahlung oder etwa Tipps für die Küche (kalte Suppe, wasserreiches Obst, Lieblingsgetränke) und die richtige Belüftung aufgelistet. Außerdem werden den Mitarbeitern Tipps für den eigenen Hitzeschutz an die Hand gegeben. Ab kommendem Jahr solle das Thema fest in das Fortbildungsprogramm integriert werden.
Auch wenn Rössner nicht müde wird, Wasserflaschen aufzustellen, Lieblingsgetränke zuzubereiten und mit Wasser oder Kaffee anzustoßen, weiß sie: »Wir können die Menschen nicht zum Trinken zwingen.« Durch gutes Zureden klappe es aber meistens. Wenn sich ein Patient in einem brenzlichen Zustand befinde, müsse im Notfall der Arzt gerufen werden. Aber: »So einen Fall hatte ich bisher Gott sei Dank noch nicht.«