Dem weißen Hautkrebs vorbeugen |
Barbara Döring |
22.08.2022 09:00 Uhr |
Eine aktinische Keratose entsteht an sonnenexponierten Stellen wie Gesicht und Handrücken. / Foto: Adobe Stock/agenturfotografin
Es sind kleine verdickte Stellen oder Knötchen auf der Haut, die sich zum Teil braun oder rötlich verfärben. Manchmal sind sie kaum zu sehen und nur als raue Stellen zu spüren. Die Flecken schmerzen nicht, können aber jucken oder auch bluten. Eine aktinische Keratose (aktis griech. = Strahl), gilt als Vorstufe des Plattenepithelkarzinoms, einer Form des hellen Hautkrebses, umgangssprachlich auch weißer Hautkrebs genannt. Sie entsteht, wenn durch übermäßige UV-Exposition das Tumorsupressor-Gen p53 mutiert. Dieses induziert normalerweise den Untergang von Zellen, die durch UV-Licht geschädigt sind.
Die Mutation lässt die Zellen sich unkontrolliert vermehren, sodass die typischen Hautveränderungen entstehen. In den letzten Jahrzehnten sind die Fälle von aktinischer Keratose und hellem Hautkrebs stark gestiegen. Zum einen, weil sich die Menschen in ihrer Freizeit mehr im Freien aufhalten, zum anderen, weil viele ihren Urlaub in südlichen Ländern verbringen, auch, um gezielt Sonne zu tanken.
Jedes Mal, wenn die Haut ungeschützt der Sonne ausgesetzt ist, entstehen Schäden im Genom, die sich mit der Zeit aufaddieren. Deshalb steigt die Wahrscheinlichkeit, eine aktinische Keratose zu entwickeln, mit zunehmendem Alter. Die Hautveränderungen zeigen sich meist zum ersten Mal zwischen 50 und 60 Jahren. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Die Angaben zur Prävalenz schwanken stark. Nach Schätzungen liegt sie in europäischen Ländern bei den über 60-Jährigen bei 20 bis 35 Prozent. Laut European Skin Cancer Foundation sind sogar mehr als die Hälfte der Männer über 60 Jahren betroffen.
Besonders gefährdet sind hellhäutige Menschen und alle, die sich privat oder beruflich viel im Freien aufhalten. Auch immunsupprimierte Patienten zählen zur Risikogruppe, zum Beispiel nach einer Organtransplantation. Häufig sonnenexponierte Stellen sind besonders gefährdet: Die Hautveränderungen entstehen bevorzugt an Nase, Kopfhaut, Ohren, Handrücken oder an den Armen. Seltener sind die Lippen betroffen.
Treten auffällige Veränderungen an der Haut auf, ist immer eine ärztliche Untersuchung angeraten, auch um andere Formen von Hautkrebs auszuschließen. In bis zu 20 Prozent der Fälle entwickelt sich eine aktinische Keratose zum Plattenepithelkarzinom. Bisher galt, dass die Prognose von der Größe oder der Form der Hautläsion unabhängig ist. Eine aktuelle Studie aus den Niederlanden zeigt aber: Je höhergradig die aktinische Keratose bei der Diagnose, desto höher das Krebsrisiko. Bei den Studienteilnehmern mit schwerer Form (Grad III) lag die Prävalenz bei fast 21 Prozent. Betroffene sollten aber nicht zögern, auch leichtere Veränderungen abklären zu lassen. In der Klinik unterscheidet man drei Schweregrade anhand der sichtbaren Hautveränderung:
Im Kopfbereich beispielsweise kann eine aktinische Keratose innerhalb von 16 bis 34 Monaten zum Plattenepithelkarzinom heranwachsen. Rechtzeitig erkannt, ist dies zu fast 100 Prozent heilbar. Eine Metastasierung ist dennoch nicht ausgeschlossen. Deshalb sollte eine aktinische Keratose immer behandelt werden.
Zur Therapie der aktinischen Keratose stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: Die Läsionen werden chirurgisch oder durch Laser entfernt, durch Kryotherapie mit flüssigem Stickstoff vereist oder im Rahmen der photodynamischen Therapie (PDT) abgetragen. Bei der PDT wird die betroffene Hautstelle in ein bis zwei Sitzungen zunächst mit einer Creme oder einem Gel vorbehandelt. Damit gelangt ein spezieller Wirkstoff in die veränderten Zellen, der diese nach einer anschließenden Lichtbehandlung abtötet.
Etwas mehr Geduld erfordern topische Darreichungsformen mit Diclofenac-Natrium in Hyaluronsäure, Imiquimod oder 5-Fluorouracil, die über mehrere Wochen oder Monate auf die Haut aufgetragen werden. Die Patienten können diese Cremes, Gele oder Lösungen zu Hause selbst anwenden. Im Jahr 2021 kam mit Tirbanibulin ein neuer Wirkstoff zur topischen Anwendung der frühen aktinischen Keratose im Gesicht und auf der Kopfhaut hinzu, der über fünf Tage aufgetragen wird. Welche Therapie im Einzelfall infrage kommt, hängt unter anderem davon ab, ob einzelne Hautstellen betroffen sind oder die Läsionen großflächig auftreten. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine aktinische Keratose sich von selbst zurückbildet, ist gering. In diesen Fällen treten die Symptome häufig nach einem Jahr erneut auf.
Die beste Möglichkeit, einer aktinischen Keratose vorzubeugen, ist ein konsequenter UV-Schutz. In Frühling und Sommer sollte die starke Mittagssonne zwischen 11 und 16 Uhr prinzipiell gemieden werden. Wer sich im Freien aufhält, schützt sich am besten mit langarmiger Kleidung und Sonnenhut. Letzterer ist bei einer Glatze oder lichtem Haarwuchs besonders wichtig. Für unbekleidete Körperstellen ist bei Erwachsenen ein Sonnenschutzmittel mit einem LSF von mindestens 20 zu empfehlen. Kinder sind besonders gut vor UV-Strahlung zu schützen, da gerade Sonnenbrände in jungen Jahren das Risiko erhöhen, später an Krebs zu erkranken. Hautstellen, die sich mit Kleidung nicht bedecken lassen, sollten bei ihnen mit einem LSF von mindestens 30 eingecremt werden.
Ist die Haut der direkten Sonne ausgesetzt, ist es wichtig, alle zwei Stunden nachzucremen, besonders nach dem Schwimmen oder wenn stark geschwitzt wurde. So lässt sich der Schutz erhalten, allerdings nicht verlängern. Am Wasser, in großen Höhen oder in sonnenreichen Regionen empfiehlt das Bundesamt für Strahlenschutz einen LSF 50+. Beim Urlaub in südlichen Ländern oder in den Bergen sollte ein entsprechendes Sonnenschutzmittel im Gepäck also nicht fehlen. Vom Besuch im Sonnenstudio ist in jedem Fall abzuraten.
Ist bereits eine aktinische Keratose entstanden, empfiehlt sich das ganze Jahr über ein besonders hoher Sonnenschutz für alle Hautstellen, die nicht von Kleidung bedeckt sind. Denn auch im Winter und bei bewölktem Himmel ist UV-Strahlung vorhanden. Wichtig ist, direkte Sonneneinstrahlung prinzipiell zu meiden. Um die Haut vor weiteren Schäden zu bewahren, wurden spezielle Emulsionen und Lotionen mit sehr hohem Lichtschutzfaktor (LSF 100) entwickelt (zum Beispiel Eucerin® Sun Actinic Control MD oder Galderma Actinica® Lotion) . Sie schützen gegen UV-A- und UV-B-Strahlung und sind – anders als herkömmliche Sonnenschutzmittel – geprüfte Medizinprodukte.
Ein entsprechend hoher LSF ist auch für alle sinnvoll, die sehr helle Haut haben, leicht einen Sonnenbrand bekommen, in der Mittagssonne draußen arbeiten oder in deren Familie bereits Hautkrebs aufgetreten ist. Damit Pigmentflecken oder Sommersprossen nicht dunkler werden, ist ebenfalls ein LSF 100 hilfreich. Entsprechende Emulsionen und Lotionen sind für alle Hauttypen geeignet. Gut zu wissen ist auch, dass sich die leichte, fluide Textur am ganzen Körper leicht anwenden lässt, auch auf der behaarten Kopfhaut.
Übrigens: Auch wenn sonnengebräunte Haut dem Schönheitsideal entspricht, ist sie ein Zeichen, das bereits Schäden in der Erbsubstanz der Zellen entstanden sind – auch ohne Sonnenbrand. Ein guter Sonnenschutz bewahrt die Haut zudem vor weiteren Folgen der UV-Strahlung wie Pigmentflecken oder vorzeitiger Faltenbildung.
Ob in der Landwirtschaft, im Baugewerbe oder im Sportbereich – wer im Freien arbeitet, ist besonders gefährdet, Krebsvorstufen wie die aktinische Keratose zu entwickeln. Sie wird deshalb in bestimmten Fällen als Berufskrankheit anerkannt. Die Berufsgenossenschaft übernimmt dann alle notwendigen Kosten für die hautärztliche Versorgung und die Ausgaben für Sonnenschutzpräparate. Eine Voraussetzung ist, dass durch die berufliche Tätigkeit mindestens 15 Jahre eine relevante UV-Exposition bestand.