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Zykluscoaching

Den Zyklus leben, statt steuern

Immer häufiger ist in den sozialen Medien vom Zykluscoaching die Rede. Über den Sinn und Zweck, den weiblichen Zyklus über den Lebensstil steuern zu wollen, sprach PTA-Forum mit der Gynäkologin Dr. Dorothee Struck.
Barbara Döring
19.05.2023  12:00 Uhr

Sie möchten schwanger werden, einen regelmäßigeren Zyklus, etwas gegen Regelbeschwerden tun oder ihre Leistungsfähigkeit optimieren – viele Frauen wenden sich an sogenannte Zykluscoaches, in der Hoffnung, mithilfe des Lifestyles den Zyklus gezielt regulieren zu können. »Holen Sie sich die Kontrolle über Ihren Zyklus zurück!« oder »Wir sprechen darüber, wie dein Lebensstil deinen Zyklus beeinflusst«, so werben manche Zykluscoaches im Internet und bieten schnelle Lösungen mit Ernährungstipps, Yoga oder Nahrungsergänzungsmitteln an. Doch was ist dran an dem Versprechen? Haben Frauen es wirklich selbst in der Hand, ihren Zyklus mit all seinen hormonellen Aufs und Abs zu steuern? »Seinen Zyklus zu verstehen und zu wissen, wie der Körper in den verschiedenen Phasen reagiert, ist grundsätzlich erst einmal sehr nützlich, sagt Dr. Dorothee Struck, niedergelassene Gynäkologin in Kiel, im Gespräch mit PTA-Forum. Doch das Coaching gehe oft darüber hinaus und habe einen Haken: »Der Einfluss, den Frauen mit Ernährung oder Kräutern selbst nehmen können, ist sehr begrenzt«, weiß Struck, die sich bereits als Jugendliche intensiv mit den Themen Zyklus und Familienplanung auseinandergesetzt hat.

Wie funktioniert mein Zyklus? Wie bemerke ich meinen Eisprung? Wie kann ich mit körperlichen Veränderungen umgehen? All das ist hilfreich zu wissen. Wenn beispielsweise bestimmte Symptome immer nur vor der Regelblutung auftreten, könnten sich Frauen, die dann eventuell etwas schlechter schlafen und vielleicht emotional dünnhäutiger sind, besser darauf einstellen, und, wenn es beruflich möglich ist, nicht unbedingt für diese kritische Zeit ein zweites Projekt mit Deadline einplanen, sagt Struck. Für Frauen mit prämenstruellem Syndrom (PMS), die in der zweiten Zyklushälfte oft Heißhungerattacken haben, kann es zudem hilfreich sein, in der Zeit vor der Periode auf zuckerreiche Kost zu verzichten und eher auf eine magnesiumreiche Ernährung zu achten. Denn Zucker ist ein Magnesiumräuber, der die Krampfbereitschaft der glatten Gebärmuttermuskulatur und damit die Beschwerden erhöhen kann. Sportlerinnen könnten dann auch ihren Trainingsplan anpassen und statt des intensiven Fitnesskurses ein leichtes Ausdauertraining einplanen. Für Frauen sei es deshalb absolut nützlich, ihren Zyklus zu kennen, um so mit sich umzugehen, dass es zu der jeweiligen Zyklusphase passt.

Begrenzter Einfluss

Das Versprechen vieler kommerzieller Coaches, auf den Zyklus Einfluss zu nehmen, wenn es mit der Schwangerschaft nicht klappt oder Beschwerden auftreten, indem zu bestimmten Zeiten die Ernährung verändert oder Heilkräuter eingenommen werden, ist allerdings sehr begrenzt. Der Grund liegt im Zyklus selbst, erklärt Struck: »Die zweite Zyklushälfte ist immer ein Resultat der ersten Hälfte, da die Qualität der Eireifung in der ersten Hälfte über die Qualität des Gelbkörpers in der zweiten Hälfte entscheidet.« Wird der Gelbkörper nicht richtig ausgebildet, produziert er zu wenig Progesteron, das Hormon, das die Gebärmutterschleimhaut aufbaut, damit sich ein Ei einnisten kann. Zusätzlich gibt es eine dreimonatige Vorreifungszeit der Eizelle, die die Eireifung in der ersten Zyklushälfte beeinflusst. Beim Einsatz von Heilpflanzen braucht es deshalb etwas Geduld, bis sich der Erfolg einstellt. »Nach viermonatiger Einnahme sehen wir dann oft einen erstklassigen Eisprung«, berichtet Struck.

Um mit Heilpflanzen gegen Zyklusunregelmäßigkeiten vorzugehen, dürfen sie deshalb nicht zyklusbezogen, sondern sollen langfristig angewendet werden. So kann sich auch bei Frauen mit PMS-Beschwerden wie starken Schmerzen und Stimmungsschwankungen, die in der zweiten Zyklushälfte einen niedrigen Gelbkörperhormonwert haben, durch Agnus castus (zum Beispiel Agnucaston®) nach dreimonatiger Einnahme der Wert normalisieren.

Beratung gefragt

»Viele Frauen wünschen sich eine Zyklusberatung«, weiß Struck. In der gynäkologischen Praxis wird diese jedoch nicht honoriert. Das gäbe Zykluscoaches Auftrieb. Eine sehr gute Methode, um Kenntnis zu gewinnen, ist laut Struck die Körperwahrnehmung von zyklisch auftretenden Zeichen wie Veränderungen der Basaltemperatur und des Zervixschleims, Brustsymptome und Blutung, wie sie auch bei der natürlichen Empfängnisverhütung genutzt wird (zum Beispiel Sensiplan®). Hilfreich sei hier auch das Praxisbuch »Natürlich und sicher« der Malteser Arbeitsgruppe NFP (NFP = natürliche Familienplanung), Entwickler der Sensiplan-Methode über die Grundlagen der natürlichen Familienplanung. Sie hilft Frauen, ihren Zyklus kennenzulernen und richtig zu verfolgen.

Die Methode sei nicht nur hilfreich, um zu sehen, in welcher Zyklusphase eine Frau sich befindet, sondern auch bei Kinderwunsch. Anhand von drei bis vier Zykluskurven ließe sich genau sagen, wenn ein Problem besteht. Entsprechende Zyklustracker, die per App funktionieren, gibt es inzwischen viele. Frauen sollten jedoch darauf achten, dass sie NFP-konform sind, also mindestens zwei Zykluszeichen messen wie Temperatur oder Zervixschleim. Zudem sollten sie keine unsicheren Produkte von Anbietern nutzen, die Daten der Frauen weitergeben, etwa wann sie Geschlechtsverkehr haben oder ob sie ein Kind wollen.

Um die Basaltemperatur selbst zu messen, empfiehlt Struck ein hochwertiges Thermometer mit zwei Stellen hinter dem Komma (zum Beispiel Domotherm Rapid). Wenn Frauen lieber einen Zykluscomputer nutzen wollten, rät Struck, Geräte seriöser Firmen zu verwenden, die sich an die Datenschutzgrundverordnung halten (zum Beispiel Cylotest myWay oder mySense). Mit all diesen Methoden könnten Frauen sehr viele Erkenntnisse über ihren Zyklus gewinnen.

Was ist normal?

Manche Frauen setzen sich mit falschen Erwartungen an ihren Zyklus jedoch selbst unter Druck: Wenn er nicht jeden Monat auf den Tag genau die gleiche Länge hat, wird das mitunter schon als Problem angesehen. »Teilweise haben die Frauen auch nur das Gefühl, der Zyklus wäre verkehrt und sie müssten gecoacht werden, weil viele nicht wissen, wie variabel unser natürlicher Zyklus ist«, sagt Struck. Grundsätzlich sei alles zwischen 23 und 35 Tagen in Ordnung. Es gibt auch Frauen mit einem 21- und 42-Tagezyklus, der in sich regelmäßig ist und damit auch im grünen Bereich. Allgemein gilt: Eine Verschiebung von zwei bis drei Tagen nach vorne oder nach hinten ist normal. Bei einer durchschnittlichen Länge von 28 Tagen wären also auch mal 26 und 31 Tage völlig in Ordnung. »Es gibt Frauen, die sind immer sehr pünktlich, andere haben immer mal wieder ein paar Tage Verschiebung, gerade bei Stress, ungewohntem Essen oder auf Reisen«, berichtet die Gynäkologin.

»Wie die europäische Zyklusdatenbank, in die mehr als 20.000 Frauen zu Studienzwecken freiwillig ihre Daten einreichen, zeigt, ist der Zyklus viel unregelmäßiger als wir lange dachten«, sagt Struck. Insgesamt sollte die Periode nicht länger als eine Woche dauern und nicht mehr als drei Tage »vorkleckern«. Aber auch, wenn es einmal etwas länger dauert, sei es nicht gleich dramatisch. Drei Tage vor der Regel, geht der Gelbkörper zugrunde, wenn eine Frau nicht schwanger ist. Das kann sich durch ein bisschen Ziehen im Unterleib bemerkbar machen, weil das freigesetzte Progesteron aus dem Gelbkörper die Muskulatur entspannt. Dann kann es im Unterleib etwas mehr zucken und zwicken und auch mal in den Rücken ziehen, bis die Regel kommt. »Erst wenn es deutlich mehr als drei Tage im Voraus schmerzt, sollte eine Gelbkörperschwäche in Erwägung gezogen werden«, sagt Struck, die sich wünscht, dass junge Mädchen schon in der Schule mehr über ihren Zyklus lernen würden. Dann wären sie ihr eigener Zykluscoach und könnten mitunter viel Geld sparen. /

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