Der Hunger auf Ungenießbares |
Wurden die Pica-Folgen behandelt, stellt sich die Frage, wie das Essverhalten in normale Bahnen gelenkt werden kann. Dass dies nicht immer einfach ist, wird klar, wenn man die einzelnen Patientengruppen betrachtet. So tritt das Pica-Syndrom im Kindesalter vor allem bei Kindern mit geistiger Behinderung oder bei einem Mangel an emotionaler Zuwendung, Verwahrlosung oder massiver psychischer Belastung auf.
Während bei ansonsten gesunden Kindern mit verhaltenstherapeutischen Methoden wie positiver Verstärkung oder dem Erlernen alternativer Verhaltensweisen gearbeitet werden kann, muss bei Kindern mit Behinderung abgewogen werden, ob derartige Maßnahmen Erfolg versprechen. Experten gehen davon aus, dass bei starker Intelligenzminderung, nach irreparabler Hirnschädigung oder bei Demenzerkrankungen die Betroffenen nicht in der Lage sind, zwischen genießbar und ungenießbar zu unterscheiden.
In diesem Fall kommt die sogenannte Milieugestaltung zum Einsatz. Dabei achten Betreuungspersonen darauf, alle in Frage kommenden essbaren Gegenstände wegzuräumen, zu entfernen oder Alternativen zu finden. Wird zum Beispiel der Wandbelag abgekratzt, kann eine besonders haltbare Farbe die Lösung sein. Eine Kurzhaarfrisur verhindert das Abkauen langer Haare. Dazu kommt die Intensivierung zwischenmenschlicher Beziehungen und die Straffung der Tagesstruktur, um Langeweile zu verhindern.
Vor dem Einsatz therapeutischer Maßnahmen empfehlen Mediziner, bei Kindern sowie Erwachsenen mit schwerer geistiger Beeinträchtigung einen Nährstoffmangel insbesondere einen Eisenmangel auszuschließen. Besteht dieser, reicht oft schon eine Supplementierung, damit das ungesunde Essverhalten abklingt. Tritt das Pica-Syndrom im Rahmen einer anderen psychischen Erkrankung (Schizophrenie, Depression, Zwangserkrankung) auf, gelten Neuroleptika oder Antidepressiva in Kombination mit einer Psychotherapie als wirksam.