Der Impfstoff, auf den manche warten wollen |
Totimpfstoffe enthalten laut Bundesforschungsministerium abgetötete, also nicht mehr vermehrungsfähige Krankheitserreger. Sie können auch nur Bestandteile oder einzelne Moleküle dieser Erreger enthalten. Beispiele sind Impfstoffe gegen Hepatitis A und Influenza. Der Körper kann dabei den Totimpfstoff nicht vom Erreger unterscheiden und fährt eine gezielte Immunabwehr hoch, die vor einer echten Infektion schützt. Für manche Menschen, die bislang eine Impfung ablehnen, klingt dieser Ansatz »natürlicher« als beispielsweise der von mRNA-Impfstoffen.
Der Begriff Totimpfstoff wird jedoch nicht einheitlich verwendet. Wenn die Definition lautet, dass das echte Virus oder zumindest Teile davon im Impfstoff enthalten sein müssen, wäre zum Beispiel Novavax im engeren Sinne gar kein Totimpfstoff. Denn der entscheidende Bestandteil, der die Immunantwort auslösen soll, wurde nicht einem echten Virus entnommen, sondern ist ein gentechnisch hergestelltes Virus-Protein.
Andererseits könnte man auch sagen, alle Impfstoffe ohne lebende – also vermehrungsfähige – Erreger sind Totimpfstoffe. »Der Name ist falsch«, sagt Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. »Alle bisher zugelassenen Covid-19-Impfstoffe sind Totimpfstoffe.« Was viele mit Totimpfstoff meinten, seien »Impfstoffe, die auf Prinzipien beruhten, die man auch bei anderen Impfungen anwendet«.
Mehrere Produkte sind im sogenannten Rolling-Review-Verfahren der EMA schon in der Begutachtung, obwohl noch nicht alle Teile des Zulassungsantrags vorliegen. Die Impfstoffe der Hersteller Sinovac und Valneva (Frankreich) enthalten beispielsweise abgetötete Coronaviren.
»Wenn sich jemand nur mit einem solchen Impfstoff impfen lassen will, dann ist das immer noch besser als komplett ungeimpft zu sein«, sagt Immunologe Watzl. Darauf zu warten hält er aber für unklug – Novavax komme erst nächstes Jahr, Valneva frühestens im zweiten Quartal 2022.
»Wer auf diese Impfstoffe wartet, ist noch längere Zeit ungeschützt. Daher: Lieber jetzt impfen als warten.« Selbst der Chef des Herstellers Valneva hält von Zögern wenig. »Ich rate niemandem, auf unseren Impfstoff zu warten«, sagte Thomas Lingelbach, Geschäftsführer des französischen Biotechnologieunternehmens, dem »Spiegel«. »Das wäre ethisch inakzeptabel.« Er empfehle Verwandten und Bekannten zurzeit Impfstoffe der anderen Hersteller und habe sich selbst kürzlich mit dem mRNA-Produkt von Biontech boostern lassen.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.