Der Kater-Tag danach |
Der Alkohol-Kater nach einer langen Nacht kann ebenso schmerzen wie es die Zähne des gleichnamigen Tieres vermögen. / Foto: Getty Imges/zsv3207
Nach einer wilden Nacht des Feierns kommt oft das schmerzhafte Erwachen. Katerbeschwerden melden sich mit Symptomen wie Durst und trockenem Mund, Kopfschmerzen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit, geröteten und trockenen Augen sowie mit einem generellen Krankheitsgefühl. Magen-Darm-Beschwerden und psychische Symptome wie Niedergeschlagenheit, Konzentrationsstörungen oder Reizbarkeit können hinzukommen.
Wie genau der Genuss von Alkohol das Katerleid auslöst, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. Es ist bekannt, dass Ethanol ein Zellgift und Neurotoxin ist. Dauerhaft in erhöhten Konzentrationen zugeführt, kann er Organe wie die Leber und Nieren sowie Zellen des Nervensystems schädigen. Für Katersymptome sind jedoch eher Alkohol-Abbauprodukte verantwortlich.
Ethanol wird zum größten Teil in der Leber verstoffwechselt, geringe Mengen werden über die Lunge abgeatmet, über die Nieren ausgeschieden oder durch Enzyme außerhalb der Leber abgebaut. In der Leber zerlegt die Alkoholdehydrogenase (ADH) zunächst Ethanol in Acetaldehyd. Die Aldehyddehydrogenase (ALDH) baut das Zwischenprodukt weiter ab zu Essigsäure, welche weniger schädlich ist und durch weitere Enzyme zu Kohlendioxid und Wasser umgewandelt wird. Acetaldehyd jedoch verstärkt die Bildung von Sauerstoffradikalen, die die Membranen von Zellen angreifen, sodass diese zugrunde gehen. Weiterhin ist Acetaldehyd kanzerogen und schädigt Leber und Herz.
Einige Katerbeschwerden gehen auf den Flüssigkeits- und Elektrolytmangel, der mit dem Alkoholkonsum einhergeht, zurück oder werden dadurch verstärkt. Diese Verluste entstehen, da Alkohol das antidiuretische Hormon hemmt, das in den Nieren die Rückgewinnung von Wasser aus dem Primärharn bewirkt. Es gehen verstärkt Wasser und Elektrolyte verloren, Folgen können Dehydrierung und Kopfschmerzen sein.
Beim Abbau sinkt der Alkoholgehalt im Blut laut einer Faustregel um etwa 0,1 Promille bei Frauen und bis zu 0,2 Promille bei Männern pro Stunde ab. Diese Reaktion läuft unabhängig von der Konzentration der beteiligten Stoffe ab und lässt sich nicht durch Mittel wie Koffein, eine kalte Dusche oder ein Katerfrühstück beschleunigen. Menschen können sich jedoch an den Alkoholkonsum gewöhnen. Wer regelmäßig trinkt, spürt bei demselben Alkoholspiegel weniger Wirkungen als der Gelegenheitstrinker. Einige Menschen bauen Alkohol verlangsamt ab. Das betrifft viele Asiaten, deren Alkoholdehydrogenase weniger aktiv ist als zum Beispiel die von Europäern. Bei ihnen kann schon eine geringe Menge Alkohol ausreichen, um unangenehme Folgen auszulösen.
Wie stark ein Kater ausfällt, hängt weiterhin davon ab, ob und welche Begleitalkohole, die sogenannten Fuselöle, im Getränk enthalten sind. Diese Gemische aus höheren Alkoholen, Estern und Terpenen entstehen bei der alkoholischen Gärung als Nebenprodukte. Sie dienen zwar in Wein und Spirituosen als Geschmacks- und Aromaträger, können die Katersymptome jedoch verstärken. Einige alkoholische Getränke weisen einen geringen Gehalt an Methanol auf. Bei gepanschtem Alkohol ist dieser Anteil besonders hoch und kann zu gefährlichen Folgen führen. Methanol wird durch dieselben Enzyme wie Ethanol abgebaut. Es entstehen als giftige Metaboliten Formaldehyd und Ameisensäure.
Wer verschiedene alkoholische Getränke durcheinandertrinkt, verstärkt dadurch möglicherweise die Katersymptome. Die Reihenfolge spielt dabei keine Rolle. Der vermeintlich gute Tipp »Bier auf Wein, das lass sein, Wein auf Bier, das rat ich dir« gehört daher ins Reich der Mythen. Das Apothekenteam empfiehlt stattdessen, wenn möglich bei einer Sorte von Alkoholika zu bleiben. Bunt gemischte Getränke mit verschiedenen, ebenfalls wirksamen Begleitstoffen überfordern den Organismus sonst.
Alkohol flutet besonders schnell an, wenn er auf nüchternem Magen genossen wird. Durch den direkten Kontakt mit den Schleimhäuten in Mund, Magen und Darm wird er rasch resorbiert. Am Nadelöhr – der limitierten Abbaugeschwindigkeit – verändert die schnellere Aufnahme nichts. Die Resorption lässt sich verlangsamen, wenn Spirituosen im Magen auf eine geeignete Grundlage treffen. Ideal ist eine leichte Mahlzeit mit ballaststoffreichem Gemüse und Kohlenhydraten etwa aus Kartoffeln, Getreide, Reis oder Nudeln. Zu fettiges und deftiges Essen vermeidet man besser vor einem feucht-fröhlichen Abend, da es die Leber und den Verdauungstrakt zusätzlich belasten würde.
Viele vermeintliche Hausmittel helfen nicht gegen einen Kater. So lassen Trinkfreudige am besten die Finger weg vom berüchtigten Konterbier. Dieses am nächsten Morgen genossen, verlängert nur die Symptome. Denn damit wird dem Körper nur noch mehr Alkohol zugeführt, der verarbeitet werden muss. Mehr Sinn am Morgen danach machen saure Gurken, Matjes oder Rollmöpse. Das salzhaltige Frühstück kann den Mineralhaushalt ausgleichen und macht Durst.
Den Verlust an Flüssigkeit und Elektrolyten auszugleichen, kann jedoch schwerfallen, wenn Übelkeit und Erbrechen plagen. Am ehesten können viele Betroffene noch kohlensäurefreie und nicht zu kalte Getränke zu sich nehmen. Diese sind besser verträglich, wenn sie langsam und schluckweise getrunken werden. Ein Elektrolytpräparat kann helfen, den Mineralhaushalt schnell wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Dafür gibt es spezielle Anti-Kater-Mittel, die Mineralien und Vitamine enthalten.
In sozialen Medien wurden für diesen Zweck Elektrolyt-Pulver wie Elotrans oder Oralpädon empfohlen. Diese sind jedoch dafür konzipiert, den Verlust an Mineralien und Zucker auszugleichen, der durch übermäßiges Erbrechen oder Durchfall entsteht. Zudem ist es nur ein Gerücht, dass man diese Präparate vorbeugend einnehmen könnte, um einen Kater zu vermeiden. Sie wirken nur im Nachhinein. Dann tut es aber auch eine würzige Hühnerbrühe, mit der Patienten gleichzeitig einiges an Flüssigkeit und gegebenenfalls auch eine kleine Gemüseeinlage aufnehmen. Wer es lieber süß mag, bereitet sich einen Smoothie mit frischem Obst und Gemüse zu.
Am meisten plagen viele jedoch die Kopfschmerzen. Ibuprofen ist dann eine gute Wahl. Es wirkt schmerzlindernd und entzündungshemmend, beansprucht aber nicht wie Paracetamol die Leber und reizt nicht so sehr den schon geschundenen Magen wie Acetylsalicylsäure (ASS). Tee etwa mit Ingwer oder Kamille beruhigt ihn hingegen.
Um den Kreislauf anzuregen, kann das Apothekenteam einen Spaziergang an der frischen Luft empfehlen. Die Bewegung verbessert die Durchblutung und der zusätzliche Sauerstoff kann den Stoffwechsel anregen. Viele Betroffene fühlen sich auch nach einer erfrischenden Dusche oder einem erholsamen Schlaf besser. Vom Steuer halten sie sich aber noch eine Weile fern. Auch wenn der Kopfschmerz nachlässt, können noch relevante Mengen Alkohol im Blut vorhanden sein.
Aufgenommen ist Alkohol schnell, ihn wieder loszuwerden dauert jedoch und ist mit Unwohlsein verbunden. Konsumenten fragen sich daher am besten vor dem Genuss, wie viel Pein am nächsten Morgen sie für ein paar Feierstunden in Kauf nehmen wollen. Die sicherste Möglichkeit, die unangenehmen Alkoholfolgen zu vermeiden, ist, auf die Getränke ganz zu verzichten. Das ist jedoch für viele Jecken in der fünften Jahreszeit keine Lösung. Dann hören sie aber am besten auf, nachdem sie ein paar Gläschen getrunken haben und steigen auf Mineralwasser um. Wem Wasser nicht schmeckt oder zu langweilig ist, kann es mit etwas Fruchtsaft mischen. Eine Apfelschorle ähnelt auf den ersten Blick einem Bier und kann Fragen verhindern, warum man zur vermeintlichen Spaßbremse geworden ist. Zuletzt kann das Apothekenteam noch den Tipp mitgeben, stets langsam und mit Genuss zu trinken. Alkoholkonsum ist kein Wettstreit und die Getränke laufen nicht weg, wenn sie an diesem Abend nicht alle genossen werden. Wer maßvoll trinkt, braucht dann vor dem nächsten Morgen auch keine Angst zu haben.