Der Kleopatra-Moment |
Die Seele baumeln lassen, getragen von der Wärme des Wassers / Foto: Getty Images/ONOKY - Fabrice LEROUGE
Vom Kopf bis zu den Zehenspitzen durchgefroren vom Marsch durch den Regen? Verspannt und gestresst vom Homeoffice? Oder erkältet? Hier ist ein warmes Vollbad durchaus eine Option. Kleopatra, die letzte Pharaonin des antiken Ägyptens, hat noch weitergedacht und nutzte das Baden für ihr ausgiebiges Schönheitsritual. In vielen Kulturen diente das Abtauchen im warmen Vollbad der Hege und Pflege von Körper und Geist. Das kommt nicht von ungefähr, fühlt sich doch der Mensch in warmem Wasser einfach sehr geborgen.
Hinzu kommen medizinische Vorteile gegenüber der Dusche: So wird der Bewegungsapparat komplett entlastet, die Muskeln werden stärker durchblutet und Verspannungen gelöst. Der hydrostatische Druck des Wassers wirkt auf die Lunge, die Atmung wird tiefer und die Herzfrequenz sinkt. Wer dann noch ätherische Öle zusetzt, kann gezielt Reize vermitteln. Im feuchtwarmen Dampf wirken Aromen intensiv und ohne Umwege auf das limbische System im Gehirn. Dort werden Botenstoffe ausgeschüttet, die Gefühle steuern. So pusht ätherisches Zitronen- oder Orangenöl laut einer Studie fast genauso wie eine Tasse Kaffee. Cineol aus Eukalyptus und Menthol aus der Pfefferminze erleichtern die Atmung bei Erkältungen, Rosmarin hilft bei Muskelkater, Lavendel verstärkt den beruhigenden Effekt des warmen Wassers und Vanille vermittelt Geborgenheit.
Die Lieblinge unter den Badezusätzen, die Schaumbäder, sind für trockene Winterhaut weniger geeignet. Denn es sind gerade die Schaum-bildenden Substanzen, die die Haut quellen lassen und ihr vermehrt natürliche Schutzstoffe entziehen. PTA und Apotheker sollten deshalb Schaumbäder, wenn überhaupt, nur bei unempfindlicher oder fettender Haut empfehlen. Auch bei Kindern, deren Haut noch wenig widerstandsfähig ist, ist auf besonders milde waschaktive Substanzen Wert zu legen.
Schaumbäder besitzen eine relativ hohe Konzentration von Tensiden, teils bis zu 60 Prozent. Deshalb sollten die Badezusätze sparsam dosiert und die Waschmittelrückstände nach dem Bad in der Wanne gut abgeduscht werden. Sogenannte Cremeschaum- oder Cremeölbäder enthalten zusätzlich rückfettende Substanzen, um den austrocknenden Effekt der Schaumbäder klein zu halten. Je größer der Anteil an pflegenden Zusätzen, desto geringer ist die Reinigungskraft.
Unter den Badepräparaten haben medizinische Ölbäder einen Sonderstatus. Sie werden meist zu therapeutischen Zwecken bei Hauterkrankungen eingesetzt, die mit fettarmer, trockener, schuppiger oder rissiger Haut einhergehen, also Neurodermitis, Schuppenflechte oder Altershaut. Das prädestiniert sie aber auch für einen Einsatz bei Winter-strapazierter trockener Haut.
Ölbäder werden von der Haut leicht aufgenommen und ersetzen besonders gut die fehlenden Lipide der Horn-Fett-Barriere, da die enthaltenen Öle eine ähnliche Struktur wie die körpereigenen Fette haben. Gleichzeitig bremsen medizinische Ölbäder den transdermalen Wasserverlust der Haut. Die Hydratation sorgt für ein angenehm entspannendes Gefühl, juckende Haut beruhigt sich. Die Ölbäder eignen sich auch zum Duschen. Das Bad in der Wanne ist nur zur Pflege gedacht, nicht zur Reinigung. Deshalb: Zuerst unter die Dusche und dann in die Wanne. Dort sollte eine Temperatur von 35 °C nicht überschritten werden. Zu warmes Wasser löst Lipide aus der Haut und zerstört den Fettfilm, würde also kontraproduktiv wirken.
Baden in Eselsmilch: Jahrhundertelang galt Kleopatras Pflegeritual als ziemlich exzentrisch. Doch mittlerweile haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die darin enthaltenen Milchproteine und Milchsäure als α-Hydroxysäure prima Pflege- und Feuchtigkeitsspender sind. Schließlich ist Natriumlactat mit 12 % Bestandteil des natürlichen NMF, also des Natural Moisturizing Factors. In kosmetischen Präparaten wird Natriumlactat meist mit Milchsäure gemischt eingesetzt und dient als Puffer und Feuchthaltesubstanz.
Die Technologen unterscheiden zwischen spreitenden Badezusätzen ohne oder mit sehr wenigen Tensiden (zum Beispiel Excipial® Mandelölbad) und emulgierenden Zusätzen mit Tensiden. Letztere enthalten beispielsweise Soja- oder Erdnussöl (zum Beispiel Balneum-Hermal, Ölbad Cordes), Paraffinum liquidum (zum Beispiel Linola-Fett Ölbad) oder Mandelöl (zum Beispiel Dermasence Pflegebad). Spreitende Zusätze bilden auf der Wasseroberfläche einen dünnen Film, der sich beim Verlassen der Wanne zart über die Haut zieht. Sie hydratisieren die Haut nachhaltig und wirken rückfettend; damit haben sie den größten Pflegeeffekt.
Bei nichtspreitenden Ölbädern wird das Öl im Wasser durch den Emulgator dispergiert, vermischt sich also mit dem Badewasser zu einer Emulsion. Der Ölfilm zieht während des Badens auf die Haut auf. Das fettet zwar die Haut etwas weniger stark, reinigt aber durch den Tensidzusatz besser. Je nach Menge des Emulgatoranteils haben sie ein milchig-trübes (hoher Emulgatorgehalt) oder ein klares Aussehen (sehr hoher Emulgatorgehalt). Klarlösliche Badeölkonzentrate werden als »Ölschaumbäder« angeboten. Typische Emulgatoren für Ölbäder sind ethoxylierte oder propoxylierte Fettalkohole, Rizinolsäure- und Alkoholethersulfate sowie Phosphatidylcholin. Letzteres begünstigt das Aufziehen des Fettfilms auf die Haut.
Durch den auf der Haut zurückbleibenden Fettfilm kann die Kleidung verschmutzen, und das in stärkerem Ausmaß bei spreitenden Ölbädern als bei emulgatorhaltigen. Die fettigen Rückstände des Bades sind auch relativ schwer von der Wannenoberfläche zu entfernen. Neuere Ölbadkonzentrate aus Phosphatidylcholin und Ölen bilden keine übliche Öl-in-Wasser-Emulsion, sondern eine Mischung aus Liposomen und Nanopartikeln, wenn sie im Wasser verwirbelt werden. Sie setzen sich dadurch nicht am Wannenrand ab.
Der Effekt von Badesalzen – dazu gehören die Salze des Toten Meeres sowie Kochsalz- und Solebäder – ist fraglich. Zwar wird ihnen eine geringere Quellneigung der Haut nachgesagt als durch reines Wasser. Dennoch trocknen sie stark aus. Eine dem Toten Meer entsprechende therapeutische Wirkung ist durch Badesalze wegen zu geringer Salzkonzentration in keinem Fall zu erreichen. Immerhin 20 Kilogramm Salz pro Wannenbad wären dazu nötig.
Kosmetische Badesalze erreichen erst recht nicht die Konzentrationen der therapeutischen Salzbäder. Ihre Wirkung beschränkt sich auf einen psychologischen Wellness-Effekt. Sie enthärten, färben oder parfümieren das Wasser. Parfümierte Tabletten, Granulate oder Kristalle auf der Basis von Kochsalz, Natriumsulfat oder Natriumcarbonaten zeigen nach dem Auflösen in Wasser einen neutralen oder schwach alkalischen pH. Die beliebten Brausetabletten enthalten Soda (Natriumhydrogencarbonat), Zitronen- oder Weinsäure sowie Duft- und Farbstoffe in kristalliner trockener Form. Wenn die Tabletten mit Wasser in Berührung kommen, setzt die Säure Kohlendioxid aus Soda frei.
Je höher der Gehalt an Natriumcarbonat, desto alkalischer wird der pH-Wert des Badewassers. Die beworbene Wirkung, dass durch die Bindung hauteigener Säuren ein Entsäuerungseffekt des Organismus erreicht werden könnte, ist wissenschaftlich nicht haltbar.