Der stigmatisierte Patient |
Katja Egermeier |
26.01.2024 15:00 Uhr |
Lebererkrankungen gehen oft mit Vorurteilen und negativen Bewertungen einher und führen zur Stigmatisierung. / Foto: Getty Images/piotr_malczyk
Manchen Erkrankungen stehe die Öffentlichkeit vorurteilsfrei gegenüber, wie beispielsweise den Herzerkrankungen. Andere – wie die der Leber – seien dagegen stark mit negativen Vorurteilen besetzt. »Lebererkrankte sind noch immer häufig von Stigmatisierung betroffen«, schreibt die Stiftung in einer Pressemitteilung anlässlich des heutigen Tag des Patienten.
Das lässt sich laut Professor Dr. Michael P. Manns vor allem hierzulande beobachten: »Bei uns in Deutschland ist kein gutes Bewusstsein für Lebererkrankungen ausgeprägt.« Je nach Nation unterscheide sich die Krankheitswahrnehmung bestimmter Organe. »Europäer sind eher herzfokussiert. In Asien spielt die Leber aufgrund der höheren Anzahl von Lebererkrankungen eine größere Rolle im öffentlichen Bewusstsein.«
So gebe es hierzulande beispielsweise Patienten, bei denen erst nach Jahrzehnten mit erhöhten Leberwerten überhaupt an eine Ursachenforschung gedacht werde. Das schlechte Bewusstsein für Lebererkrankungen betreffe also nicht nur die Patienten und deren Umfeld, sondern auch viele hausärztliche Praxen. »Wir haben eine Vernachlässigung des Organs Leber in Deutschland. Und Lebererkrankungen haben ein schlechtes Image.«
Menschen, die an der Leber erkranken, müssten sich häufig übermäßigen Alkoholkonsum vorhalten lassen und damit den Vorwurf, an der Erkrankung selbst schuld zu sein. Selbst Patienten mit einer Virushepatitis seien von Stigmatisierung betroffen. Die Angst davor, aber auch fehlendes Wissen sei ein Grund für viele Erkrankte, sich der Diagnose nicht zu stellen. »Die falsche Annahme, dass keine wirksamen oder aber nur mit sehr starken Nebenwirkungen behaftete Medikamente zur Verfügung stünden, ist noch immer sehr verbreitet.« Dabei seien Lebererkrankungen und -schädigungen sehr gut und früh nachweis- und auch behandelbar.
Ein Schritt, das Image-Problem zu beseitigen, ist aus Sicht der Leberstiftung die neue, präzisere Nomenklatur für Fettlebererkrankungen. Die im Juni 2023 beschlossenen neuen englischen Fachbegriffe sollen nicht nur eine Stigmatisierung von Erkrankten vermeiden, sondern auch Diagnosen treffsicherer machen.
Insbesondere die Bezeichnung »nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD)« steht schon seit Längerem in der Kritik. Denn obwohl diese nicht durch Alkohol, sondern durch Faktoren des metabolischen Syndroms verursacht wird, ist das Wort Alkohol enthalten. Diese Erwähnung kann laut Leberstiftung trotz Verneinung zur Stigmatisierung führen.
Alter Begriff | Neuer Begriff | Krankheitsbild |
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Fettlebererkrankung | Steatotische Lebererkrankungen (SLD) | Neuer Oberbegriff für alle Fettlebererkrankungen, unabhängig von der Ursache. |
nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) | Metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease (MASLD) | Fettleber in Kombination mit mindestens einem der fünf kardiometabolischen Risikofaktoren (Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Triglyceride, erhöhtes LDL-Cholesterol). |
nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) | Metabolische dysfunktions-assoziierte Steatohepatitis (MASH) | Bezeichnet eine aufgrund einer Stoffwechselstörung entzündete Leber (etwa 4 Prozent der Deutschen betroffen). |
– |
MetALD (gesprochen: Met A-L-D) |
Neue Kategorie: Wenn sowohl Risikofaktoren des metabolischen Syndroms als auch zu hoher Alkoholkonsum vorliegen. |
– | cryptogenic SLD | Bei Fettleber mit unbekannter Ursache, also weder durch Alkohol noch durch metabolische Faktoren verursacht. |