Mehrmals am Tag kurz innehalten und in sich hinein zu spüren, kann Menschen laut einer Psychologin helfen, den »chronischen Stressmodus« zu verlassen. / © Westend61/Getty Images
Die Menschen in Deutschland fühlen mehr – das ergab eine aktuelle Untersuchung. Gefragt nach der Häufigkeit verschiedener Emotionen steigt der Anteil derer, die Ärger, Angst oder Glück »oft« oder »sehr oft« empfinden, das ist eines der Ergebnisse des Glücksatlas 2025.
Warum sind viele Menschen insgesamt emotionaler? Psychologin Nanni Glück (heißt wirklich so) erklärt es damit, dass wir uns in einer Art »chronischem Stressmodus« befinden. Und das liege wiederum daran, dass die Welt, die uns umgibt, immer unübersichtlicher wird.
Glück verweist auf das Akronym der BANI-Welt: Es beschreibt die heutige Welt, die angesichts vieler Krisen von vielen als chaotisch empfunden wird, als
»Und dafür ist unser Nervensystem nicht ausgerichtet«, so Glück; während es bis zur Corona-Pandemie noch relativ gut Stress und Erholung ausbalancieren konnte, sind wir jetzt in eben jenem Stressmodus – »und schaffen es schlecht, uns da raus zu manövrieren«. Mit dem Effekt, dass wir dünnhäutiger werden und alles direkt näher an uns rankommt.
Auch Glück war unter den Gefühlen, die viele Befragte oft oder sehr oft erlebten. Passt das zusammen? Ja, sagt die Expertin für Positive Psychologie. »Das empfinden wir vielleicht öfter, weil wir ohnehin mehr im Fühlen drin sind. Wir haben im Gehirn mehr Energie im limbischen System, das für Gefühle zuständig ist, und weniger im präfrontalen Cortex, wo analytisches Denken und Impulskontrolle verortet sind.«
Was aber kann man machen, um nachhaltig was fürs eigene Glück zu tun und sich nicht von der BANI-Haftigkeit der Welt emotional erschüttern oder gar überwältigen zu lassen? Selbstregulation und Selbstwirksamkeit, sagt Nanni Glück, sind die Schlüssel. Selbst Herausforderungen würden dann als Eu-Stress (v. griech. eu = gut) wahrgenommen, also eher motivieren als belasten.
Sie hat eine Übung entwickelt, die dabei helfen soll, – wieder – gut mit sich selbst in Kontakt zu kommen. »Dadurch können wir wieder wahrnehmen, was wir brauchen und was uns guttut und so die Grundlage zu unserem Wohlbefinden – ja zu unserem eigenen Glück schaffen.«
Die Übung geht so:
Man stellt einen Wecker auf fünf bis acht zufällige Zeiten am Tag. Wenn der Wecker klingelt, hält man kurz inne und geht folgende vier Ebenen (Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen und Sinneseindrücke) durch:
Dann kommt Schritt 5 – der wichtigste Schritt: Was kann ich jetzt tun, jetzt – in genau diesem Moment – um es mir ein wenig leichter, angenehmer und wohliger zu gestalten?
Das kann zum Beispiel sein, dass ich meinen Schultern erlaube, sich von meinen Ohrläppchen zu lösen, oder einen Schluck zu trinken, oder einfach einmal aufzustehen und mich zu bewegen, oder ein Plausch mit der Kollegin.
Wenn man diese Übung ungefähr vier Wochen mache, so Nanni Glück, funktioniere es von allein: »Irgendwann benötige ich den Wecker nicht mehr und ich bin wieder so bei mir, dass ich gut für mich sorgen kann und der wunderbare, gelingende und einzigartige Mensch bleibe, der ich bin und so einen wichtigen Beitrag in der Welt leisten möchte.«