Diabetes beim Haustier |
Diabetes ist bei Haustieren keine seltene Erkrankung. / Foto: Adobe Stock/CHENDONGSHAN
Diabetes mellitus zählt bei Hunden und Katzen zu den häufigsten Stoffwechselstörungen. Schätzungen zufolge sind etwa 1 Prozent der Hunde und 2 Prozent der Katzen betroffen, die Tendenz ist steigend. Wie in der Humanmedizin wird auch in der Veterinärmedizin zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes unterschieden. Der Typ-1-Diabetes wird durch eine autoimmune Zerstörung der Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse ausgelöst, die dazu führt, dass betroffene Tiere kein Insulin mehr produzieren können. Hunde erkranken fast ausschließlich am Typ-1-Diabetes, wobei weibliche Tiere viermal häufiger betroffen sind als männliche. Neben dem Geschlecht sind weitere Risikofaktoren bekannt. Dazu zählen die Kastration männlicher Tiere, ein Gewicht unter 22 Kilogramm und eine genetische Rassedisposition bei Beagle, Cairn Terrier und Samojeden.
Bei Katzen tritt vor allem der Typ-2-Diabetes auf. Als wichtigste Auslöser gelten Übergewicht und ein permanentes Futterangebot. Botenstoffe aus dem Fettgewebe blockieren die Insulinrezeptoren der Körperzellen, es entsteht eine Insulinresistenz. Gleichzeitig ist durch die ständige Futteraufnahme der Blutzuckerspiegel erhöht. Darauf reagiert die Bauchspeicheldrüse zunächst mit einer erhöhten Insulinausschüttung. Mit der Zeit erschöpfen die Betazellen jedoch und sterben ab. Gefördert wird die Diabetes Entwicklung bei Katzen zusätzlich durch wenig Bewegung, ein Lebensalter über zehn Jahren und die Kastration bei Katern. Zudem ist auch hier eine Anfälligkeit bei bestimmten Rassen wie Maine Coon, Russisch blau, Siamkatzen und Hauskatzen bekannt.
Ein sekundärer Diabetes kann sowohl Hunde als auch Katzen treffen. Zu den häufigsten Ursachen gehören chronische Entzündungen, Entzündungen und Tumore der Bauchspeicheldrüse sowie hormonelle Erkrankungen wie eine Schilddrüsenfunktionsstörung oder das Morbus Cushing. Letzteres bewirkt eine übermäßige Ausschüttung von Cortisol durch die Nebenniere, das als Insulinantagonist wirkt. Darüber hinaus kann bei nicht kastrierten Hündinnen im Rahmen der Läufigkeit ein Progesteron induzierter Diabetes auftreten. In diesem Fall wirkt das Progesteron als Insulinantagonist. Nicht kastrierte Kätzinnen bekommen häufig Prostaglandine, damit sie nicht rollig werden. Ebenso wie bei der Gabe von Glucocorticoiden ist auch bei Prostglandinen bekannt, dass sie einen Diabetes begünstigen können.
Alle Diabetestypen zeigen sich bei Hunden und Katzen mit vier typischen Symptomen: Die Tiere trinken viel (Polydipsie) und setzen dadurch erhöhte Harnmengen ab (Polyurie). Die Fresslust (Polyphagie) ist gesteigert, trotzdem verlieren die Tiere an Gewicht. Mitunter bemerken Besitzer auch Veränderungen am Fell. Bei Katzen kann es trocken und schuppig, bei Hunden fettig und struppig werden.
Bleibt ein Diabetes unerkannt, treten Folgeerkrankungen auf. Bei Hunden trübt sich die Linse ein, sie entwickeln einen Katarakt. Tierbesitzern fällt dann ein plötzlicher Verlust des Sehvermögens auf, weshalb sie den Tierarzt aufsuchen. Geschieht dieses rechtzeitig, kann der Katarakt teilweise reversibel sein. Katzen entwickeln eine Neuropathie, eine Störung der Nervenfunktion, die sich in Form einer Bewegungsstörung in den Hinterbeinen zeigt. Betroffene Katzen fangen plötzlich an zu lahmen, können nicht mehr springen oder treten statt mit der Fußspitze mit der gesamten Fußsohle auf. Im Endstadium kommt es sowohl bei Hunden als auch bei Katzen zu einer Stoffwechselentgleisung (Ketoazidose). Durch den Glucosemangel wird der Fettstoffwechsel angekurbelt, was zu einer Anreicherung von Ketonkörpern im Blut und Urin führt. Betroffene Tiere sind lethargisch, abgemagert und können erbrechen. Ohne Behandlung verstirbt das Tier.
Zeigt ein Tier Anzeichen für einen Diabetes, erstellt der Tierarzt ein Blutbild und führt eine Harnuntersuchung durch. Im Blut deutet ein Glukosewert über 180 mg/dl bei Hunden und über 250 mg/dl bei Katzen auf einen Diabetes hin. Über den Harn wird Zucker ausgeschieden, wenn die Blutglukose-Konzentration die Nierenschwelle überschreitet. Bei Hunden ist dies bei 175 bis 225 mg/dl, bei Katzen bei 250 bis 350 mg/dl der Fall. Da vor allem Katzen dazu neigen, bei Stress und Aufregung stark erhöhte Blutzuckerwerte zu zeigen, wird ergänzend die Konzentration an Fructosamin bestimmt. Sie gibt Hinweise auf den Blutzuckerspiegel der letzten ein bis zwei Wochen. Fallen sowohl die Blut- als auch die Harnuntersuchung positiv aus, wird der Bauchraum per Ultraschall auf Entzündungen und Tumoren untersucht.
Je früher und konsequenter ein Diabetes behandelt wird, umso positiver wirkt sich das auf die Lebensqualität und Lebenserwartung der Tiere aus. Gut eingestellte Hunde haben eine ähnliche Lebenserwartung wie gesunde Artgenossen. Lediglich das Risiko für Begleiterkrankungen wie Netzhautveränderungen oder einen Grauen Star sind erhöht, sollten aber aufgrund der regelmäßig notwendigen Kontrolluntersuchungen beim Tierarzt rechtzeitig erkannt werden. Katzen haben gegenüber Hunden und Menschen einen besonderen Vorteil. Bei jedem zweiten Tier ist der Diabetes heilbar, wenn er rechtzeitig behandelt wird. Eine Normalisierung des Blutzuckers zeigt sich in der Regel in den ersten drei Therapiemonaten.
Ein Diabetes mellitus wird bei Hunden und Katzen mit Insulin behandelt. Dieses wird zweimal täglich per Insulin-Pen in den Nacken oder die seitliche Brustwand gespritzt. Bei Hunden erfolgt dies 30 Minuten vor, bei Katzen parallel zur Mahlzeit. Bei Hunden sind zudem festgelegte Futterrationen, die zu regelmäßigen Zeiten gefüttert werden und Bewegung wichtig. Bei Katzen wird eine Gewichtsreduktion angestrebt. Dafür wird das Futter auf ein Diätfutter mit geringem Fettgehalt, hochwertigen Proteinquellen und einem hohen Anteil an unverdaulichen Fasern umgestellt. Erreichen übergewichtige Katzen ihr Normalgewicht, erhöht sich die Chance auf eine Heilung des Diabetes. Problematisch kann es werden, wenn die Katze das neue Futter komplett verweigert. Um eine Unterzuckerung zu vermeiden, sollte in diesem Fall auf das gewohnte Futter zurückgegriffen werden.
Neben dem Spritzen von Insulin müssen Tierhalter regelmäßig den Blutzucker ihrer Tiere kontrollieren. Dafür wird mit einer Einmallanzette ein Blutstropfen aus dem Ohrläppchen oder dem Pfotenballen gewonnen. Wichtig ist, dass für die Messung ein Glukometer verwendet wird, das für die Veterinärmedizin kalibriert wurde. Humanglukometer zeigen oft zu niedrige Werte an.
In der Einstellungsphase sind tägliche Tagesprofile notwendig. Hierfür wird zunächst nüchtern und ab der ersten Mahlzeit alle zwei Stunden gemessen. Ist ein Tier gut eingestellt, ist es meist ausreichend, ein- bis zweimal wöchentlich den Nüchternwert zu messen. Manchmal wird auch noch die Bestimmung des 6-Stunden-Wertes empfohlen. Ein ganzes Tagesprofil wird nur noch alle zwei Monate angelegt.