Diabetes-Therapie aus dem Garten |
Da auch dauerhafte Entzündungen bei Typ-2-Diabetes eine Rolle spielen, versammelt ein zweites Beet Heilpflanzen, die entzündungshemmende Eigenschaften besitzen. Die Entzündungen seien nicht nur für Diabetes mitverantwortlich, sondern auch ein Grund, warum die Glukose nicht richtig verwertet werde, so Lauber. Ein Muss in diesem Beet ist eine der wohl prominentesten Heilpflanzen: die Kamille. »Eine besondere Pflanze ist aber auch das Mädesüß, das unter anderem Salicylsäure-haltige Verbindungen enthält«, so Lauber. Sie gedeiht in diesem Beet neben so unterschiedlichen Arten wie dem geduckt wachsenden Spitzwegerich, aromatisch duftendem Thymian oder einem Strauch schwarzer Johannisbeeren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei Diabetes ist die verminderte Insulinsensitivität. Hier setzen einige Diabetes-Medikamente an, darunter eines der bekanntesten, das Metformin. »Ich habe in meinen Gärten immer auch versucht, die Wirkstoffe, die es als Medikamente gibt, in ihrer natürlichen Form zu zeigen«, sagt Lauber. »Und Metformin ist im Prinzip nichts anderes als chemisch-pharmazeutisch umgebaute Geißraute.« Auch sie findet sich daher in Laubers Diabetes-Gärten, die sich neben Frankfurt noch in der Nähe von Basel und Lübeck befinden.
Da die Pflanze jedoch auch giftige Alkaloide enthält, darf sie in ihrer natürlichen Form nicht verwendet werden. Sie teilt sich ihren Platz im Beet mit Bittergurke und Zimt, die beide in Studien einen leichten Effekt auf den Blutzuckerstoffwechsel zeigen konnten. Außerdem findet sich dort Laubers persönlicher Liebling, der Bockshornklee. Unter anderem steigere das in ihm enthaltene Hydroxyisoleucin die Insulinfreisetzung und das Hormon wirke dadurch besser.
Foto: Adobe Stock/Gudrun/PZ
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Welches Potenzial in Pflanzen steckt, wusste auch schon der Mitbegründer der Diabetesklinik, Carl von Noorden. Gemeinsam mit Dr. Eduard Lampé hatte von Noorden im Jahr 1895 die »Privatklinik für Zuckerkranke und diätetische Kuren« in Sachsenhausen ins Leben gerufen - die erste Diabetesklinik in Deutschland, vermutlich sogar Europas. Der Mann, der als Erfinder der bis heute gebräuchlichen Broteinheiten gilt und als einer der ersten Insulin einsetzte, habe seinerzeit bereits beschrieben, dass der Wirkstoff Phloricin bei Patienten dazu führte, dass sie vermehrt Zucker über den Urin ausschieden, erzählt Ralf Jung, Chefarzt der Abteilung Diabetologie und Endokrinologie. Der Wirkstoff, der in der Rinde von Apfelbäumen enthalten ist, ist damit der Vorläufer moderner SGLT-2-Inhibitoren.
Zwei weitere Beete beschäftigen sich mit typischen Diabetes-Folgen: schlecht heilende Wunden und Depression. Hier finden sich bewährte Heilpflanzen wie Arnika, Ringelblume oder Beinwell beziehungsweise Pflanzen, die das Gemüt aufhellen und der Seele guttun, zum Beispiel Hopfen oder Johanniskraut.
All diese Pflanzen ersetzen Medikamente zur Diabetestherapie nicht, stellt Lauber klar. Manche daraus hergestellte Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneien können allenfalls die Therapie in Absprache mit dem Arzt ergänzen. Ebenso lassen sich einige Pflanzen, wie Zimt, Bockshornklee, Topinambur oder Knoblauch, im Rahmen einer gesunden Ernährung durchaus in der Küche einsetzen. Schließlich können eine gesunde Ernährung und mehr Bewegung Diabetes-Patienten dabei helfen, ihre Krankheit besser in den Griff zu bekommen.
Das ist auch das Ziel, der im Krankenhaus Sachsenhausen regelmäßig durchgeführten Diabetes-Schulungen. »Wir sehen das als ganzheitlichen Ansatz«, sagt Jung. »Natürlich behandeln wir in der Klinik schulmedizinisch nach den Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft«, so der Mediziner. »Aber mehr über diese Pflanzen zu wissen, ist möglicherweise etwas, das noch einen Zusatznutzen haben kann.« Und so ist ein Besuch des Gartens fester Bestandteil der Diabetes-Schulungen, die regelmäßig in Sachsenhausen stattfinden.