Die grüne Lösung des Hustens |
Bei der Auswahl der geeigneten Hustenarznei spielt auch die Darreichung eine Rolle. Visköse Sirupe, Säfte und Lutschtabletten beruhigen gereizte Schleimhäute. / Foto: Getty Images/RgStudio
Die Atemwege wissen sich zu einem gewissen Grade selbst zu helfen: Durch die unaufhörliche Bewegung der Zilien des Flimmerepithels, mit dem die oberen und unteren Atemwege ausgestattet sind, wird aufliegendes Sekret kontinuierlich in Richtung Rachen abtransportiert und kann abgehustet oder geschluckt werden. Dabei liegt der Schleim der Mukosa in einer flüssigen (Solphase) und in einer darüber gelegenen Schicht höherer Viskosität (Gelphase) auf. Dieser auch als mukoziliäre Clearance bezeichnete Vorgang ist der zentrale Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege, ein reibungslos aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel zwischen Flimmerepithelzellen und locker aufsitzendem Atemwegssekret.
Diese mukoziliäre Clearance wird durch eindringende Erreger wie Viren oder Pollen empfindlich gestört: Das Gleichgewicht zwischen Sol- und Gelphase des Bronchialschleims gerät aus dem Lot. Denn zum einen wird besonders zähflüssiges muköses Sekret produziert. Dieses erschlägt die Zilien regelrecht, sie verkleben. Zum anderen nimmt auch die Höhe der Solphase ab und das Surfactant aggregiert, sodass der Surfactant-Schaumteppich auf dem Epithel nicht mehr gleichmäßig verteilt ist. Eine wirksame, koordinierte Zilienarbeit wie bei einem Förderband ist dadurch nicht mehr möglich, die mukoziliäre Clearance kommt ins Stocken, der Schleim kann nur in ungenügendem Maß weiterbewegt werden. Er ballt sich deshalb zusammen.
Der Druck auf die Basalmembran steigt, darunter liegende Hustenrezeptoren werden gereizt, der sekundäre Reinigungsmechanismus wird aktiviert: Hustenstöße müssen den Schleim entfernen. Untersuchungen haben ergeben, dass Viren im Rahmen einer Infektion die mukoziliäre Clearance auf ein Niveau von 15 Prozent senken. Für den Patienten bedeutet das vor allem eine erschwerte Atmung und erhöhte Anfälligkeit für weitere Infekte. Bis die Zellen erneuert sind, kann es drei Wochen dauern.
Die pathophysiologischen Vorgänge machen verständlich, warum Phytopharmaka eine gut wirkende Option zur Behandlung von Husten im Rahmen eines Infekts sind. Bestimmte Pflanzen beziehungsweise deren Extrakte halten die Schleimproduktion im Fluss, normalisieren die mukoziliäre Clearance und unterstützen das Abhusten von Sekret. Sputum, das leichter abgehustet werden kann, entlastet die Hustenrezeptoren und lindert indirekt den Hustenreiz. Bei den pflanzlichen Arzneimitteln gibt es aufgrund ihres multimodalen Wirkansatzes keine klare Trennung zwischen Expektorans und Antitussivum.
Gemäß der S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie ist die systemische Therapie mit Phytopharmaka empfehlenswert, »da einige pflanzliche Präparate Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien für eine Linderung der Intensität und ein schnelleres Abklingen des Hustens gegenüber Placebo haben«. Und: Ihre Datenlage für die Indikation akute Bronchitis, so halten die Leitlinienautoren fest, sei häufig besser als für synthetische Expektoranzien.
Einen rund zwei Tage schnelleren Heilungsverlauf bringen etwa Spezialextrakte aus Myrtol (Gelomyrtol® forte) und Cineol (wie Sinolpan® forte, Soledum® forte), die Kombinationen aus Efeu und Thymian (Bronchipret® Saft TE) sowie Primel und Thymian (wie Bronchipret TP Filmtabletten, Bronchicum® Elixier und Tropfen), Efeu-Extrakte (wie Prospan®), solche aus Pelargonium sidoides (wie Umckaloabo®) sowie Presssäfte aus frischem Thymiankraut (wie Schoenenberger Thymian naturreiner Heilpflanzensaft).
Je nach Pflanze beziehungsweise deren Extrakt sind in vitro sekretolytische, sekretomotorische, bronchospasmolytische, antiphlogistische, schleimhautprotektive sowie antivirale und antibakterielle Wirkungen nachgewiesen. In vitro verfügen zum Beispiel die Senfölglykosid-reiche Fixkombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettich (Angocin® Anti-Infekt N) über direkte antivirale Effekte. Das könnte der Grund dafür sein, dass dem Senfölglykosid-Präparat ein gewisses vorbeugendes Potenzial vor Infekten in der Erkältungssaison zugeschrieben werden kann. In einer Studie mit mehreren hundert Personen gab es 40 Prozent weniger Erkältungen in der Verumgruppe.