Die Haut sieht rot |
Die Diagnose Rosacea sollte man nicht in Eigenregie stellen, sondern stets beim Hautarzt abklären lassen. / Foto: Getty Images/Andrey Popov
Hautkrankheiten belasten. Besonders schlimm ist, wenn die Effloreszenzen im Gesicht für jeden sichtbar sind. Dies ist bei der Rosacea der Fall. Die chronisch-entzündliche Hauterkrankung ist unheilbar und geht mit persistierenden Erythemen und »Flushing«, also einem plötzlichen Erröten, einher. Papeln und Pusteln prägen das Bild in den entzündlichen Episoden. Wie viele Menschen betroffen sind, ist unklar. 2014 wurde in Deutschland auf Basis von Daten der gesetzlichen Krankenkassen eine Prävalenz von 2,3 Prozent berechnet. Andere Studien kommen auf weit höhere Inzidenzen. Am häufigsten ist der keltische, hellhäutige Typ betroffen.
Bei den meisten Patienten manifestiert sich die Krankheit ab dem dritten Lebensjahrzehnt. Das klinische Erscheinungsbild ähnelt der vulgären Akne, wobei Rosacea-Patienten meist deutlich älter sind und keine Komedonen aufweisen. Die Hautveränderungen treten symmetrisch hauptsächlich im Bereich von Nase und Wangen sowie Kinn und Stirn auf. In seltenen Fällen werden benachbarte Hautareale wie behaarte Kopfhaut, Hals, Brust und Rücken einbezogen. Bei bis zur Hälfte der Patienten geht die Krankheit auf die Augen über. Die Ophthalmo-Rosacea äußert sich mit Symptomen wie Bindehaut-, Hornhaut- und Lidentzündungen. Betroffene leiden zudem unter trockenen, gereizten und geröteten Augen.
Ärzte teilen die Krankheit in verschiedene Schweregrade ein und unterscheiden Sonderformen. Patienten entwickeln im Vorstadium flüchtige Erytheme, die irgendwann nicht mehr verschwinden. Während eines Schubs werden unter der Haut dauerhaft erweiterte Blutgefäße sichtbar, die sogenannten Teleangiektasien. Das Gefäßendothel ist geschädigt und es tritt Flüssigkeit aus den erweiterten Gesichtskapillaren aus. Das regt die Freisetzung von Entzündungsmediatoren an, die wiederum Immunzellen wie Granulozyten in das Interstitium einwandern lassen. Es entstehen Papeln, die sich mitunter infizieren und zu eitrigen Pusteln werden können. Vor allem bei Männern können knollenartige Hautwucherungen im Bereich der Nase entstehen. Diese Phyme sind die schwerste Ausprägungsform der Rosacea und müssen operativ entfernt werden.
Wie die Krankheit entsteht, ist noch nicht genau bekannt. Eine genetische Prädisposition wird als wahrscheinlich angenommen. Zu den Rosacea-typischen Triggerfaktoren zählen laut der S2k-Leitlinie »Rosacea« aus 2022 Hitze, Kälte, heißer Wasserdampf, scharfe Speisen, UV-Strahlen, körperliche Aktivität, Alkohol und bestimmte Kosmetika. Ein Zusammenhang wird auch mit einer Dünndarmfehlbesiedlung (small intestinal bacterial overgrowth, SIBO) angenommen. Die Haut der Patienten ist oft übermäßig stark mit Haarbalgmilben (Demodex folliculorum) besiedelt. Ob dieser Befall Ursache oder Folge der Krankheit ist, muss noch erforscht werden. Das gramnegative Bakterium Bacillus oleronius aus den Demodex-Milben könnte ebenfalls eine Rolle spielen. In die Pathophysiologie ist weiterhin die angeborene und adaptive Immunantwort involviert. Eine neurovaskuläre Dysregulation und Neuroinflammation sowie die Mikrobiota der Haut und im Gastrointestinaltrakt werden ebenfalls mit dem Krankheitsgeschehen in Zusammenhang gebracht.
Der Arzt diagnostiziert die Rosacea anhand des charakteristischen klinischen Erscheinungsbildes und muss dabei ähnlich erscheinende Hautkrankheiten ausschließen. Auf der ersten Therapiestufe sollen Betroffene Provokationsfaktoren meiden. Um herauszufinden, welche Auslöser die Krankheit verschlimmern, können Patienten ein Tagebuch führen. Vorlagen dafür zum Ausdrucken oder in Form einer App können sie unter https://rosacea-info.de/ herunterladen. UV-Strahlung kann unter anderem die Expression proinflammatorischer Chemokine, die bei der Rosacea eine Rolle spielen, verstärken. Die PTA kann auf den Hauttyp abgestimmte Breitspektrum-Sonnenschutzmittel empfehlen. Kopfbedeckungen und Sonnenbrille schützen im Freien zusätzlich. Eine spezielle Rosacea-Diät gibt es nicht. Bekannt ist aber, dass einige Lebensmittel zu einer Vasodilatation führen und die Flush-Symptomatik im Gesicht auslösen können. Patienten meiden daher am besten scharf gewürzte Speisen, heiße Getränke und Alkohol. Nahrungsmittel, die reich an biogenen Aminen sind, wie Wein oder Käse, könnten ebenfalls eine Rosacea verschlechtern. Das Gleiche gilt für körperlichen oder psychischen Stress. Ins Krankheitsgeschehen involvierte Demodex-Milben können als ständige Ektoparasiten des Menschen nicht vollständig eradiziert werden. Ihre Anzahl kann jedoch durch antiparasitisch wirksame Substanzen reduziert werden.
Bei der medikamentösen Behandlung wählt der Arzt den Wirkstoff und seine Konzentration individuell nach der Ausprägung der Rosacea, der Akuität der Erkrankung und dem Hauttyp des Patienten aus. Bei leichten bis moderaten Schweregraden kann eine topische Therapie ausreichen, bei schweren, stark entzündlichen Formen unterstützen Topika die systemische Therapie.
In Deutschland sind zur externen Rosacea-Behandlung Arzneimittel mit Metronidazol (0,75 %) in Form von Gel, Creme, Lotion und Mikroemulsion zugelassen, Azelainsäure-Gel (15 %), Brimonidin-Gel (0,33 %) und Ivermectin-Creme (1 %). Am häufigsten wird das antibiotisch und antiparasitär wirksame Metronidazol angewendet. Der Wirkmechanismus bei topischer Anwendung ist noch nicht völlig geklärt. Da an der Pathogenese der Rosacea Hautparasiten wie Demodex-Milben beteiligt sind, könnte der antiparasitäre Effekt eine Rolle spielen. Unerwünschte Wirkungen sind selten und äußern sich meistens als lokale Überempfindlichkeitsreaktionen mit Symptomen wie Rötungen, Brennen und Austrocknung. Ebenfalls gegen die Parasiten wirkt Ivermectin-Creme. Die Creme wird anders als Metronidazolpräparate nur einmal täglich angewandt. Azelainsäure wirkt antibakteriell, antientzündlich und normalisiert die Keratinisierung der Haut. Das Gel wird zweimal täglich angewendet. Der topische Vasokonstriktor Brimonidin ist indiziert zur ausschließlich symptomatischen Behandlung, wenn persistierende Erythemen auftreten. Ärzte können laut Leitlinie weitere Topika etwa mit Minocyclin, Permethrin oder Clindamycin, topische Retinoide, Calcineurininhibitoren oder Benzoylperoxid im Rahmen eines Off-Label-Use einsetzen. Wenn die akute Episode überstanden ist, geht die Behandlung in eine Erhaltungstherapie über. Dazu sind topische Metronidazolpräparate, Brimonidin-Gel und Ivermectin-Creme geeignet.
Bei schweren und therapieresistenten Formen empfehlen die Autoren der Leitlinie eine systemische Therapie. Ärzte verschreiben dafür häufig Doxycyclin und als Alternative Minozyklin. Bei Intoleranz gegen Tetrazykline, Therapieresistenz oder Kontraindikationen wie Schwangerschaft stehen Makrolide wie Erythromycin, Clarithromycin, und Azithromycin zur Verfügung. Auch wenn es Hinweise aus Studien gibt, dass Cotrimoxazol, Clindamycin, Chloramphenicol und Ampicillin ebenfalls wirken, sind die Erfahrungen mit diesen Antibiotika begrenzt. Die Leitlinien-Autoren empfehlen als systemische Therapie weiterhin niedrig dosiertes Isotretinoin und den Betablocker Carvedilol. Glukokortikoide hingegen können die Erkrankung verschlechtern und eine Steroid-Rosacea auslösen. Die einzige Ausnahme ist laut der Leitlinie der kurzfristige Einsatz bei Rosacea fulminans. Es gibt Hinweise, dass orales Rifaximin bei Rosacea helfen könnte. Das nicht resorbierbare Breitbandantibiotikum wirkt lokal im Darm und ist in Deutschland seit 2008 zur Behandlung der Reisediarrhoe bei Erwachsenen zugelassen. Rifaximin scheint einer Fehlbesiedelung des Dünndarms entgegenzuwirken, die bei Rosacea häufig vorliegt und deren Rolle im Krankheitsgeschehen ungeklärt ist. Therapieresistenten Patienten können Ärzte eine Lasertherapie oder eine Therapie mit einer intensiven gepulsten Lichtquelle (IPL) anbieten. Bei einer Knollennase ist eine ablative Lasertherapie mit CO2-Laser oder Er:YAG-Laser eine Alternative zur operativen Korrektur. In einzelnen Fällen kann die photodynamische Therapie (PDT) die Rosacea verbessern.
Nicht zu vergessen ist, dass die Rosacea auch die Psyche belastet. Patienten leiden unter einer Einschränkung der Lebensqualität und Stigmatisierungsgefühlen, einige entwickeln Depressionen oder soziale Phobien. Das Apothekenteam kann auf Möglichkeiten wie die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, eine psychologische Beratung oder eine Psychotherapie hinweisen.
Zum Wohlbefinden vor allem der weiblichen Patienten kann dekorative Kosmetik beitragen. Produkte mit einer grünlichen Färbung können das Erythem der Haut kaschieren. Leichte Puder oder Cremes sind besser geeignet als schwere, lipidreiche Kosmetik. Daher ist Camouflage-Kosmetik, auch wenn sie besser bestehende Erytheme abdeckt, meist keine gute Wahl.
Alle Hautreinigungs-, Pflege- und Sonnenschutzmittel sollten während aktiver Krankheitsphasen und auch im schubfreien Intervall auf die Bedürfnisse der Haut angepasst sein. Bei der Beratung kann die PTA auf leichte hydrophile Hautpflegepräparate aus dem Bereich der medizinischen Kosmetik hinweisen. Ihre Haut reinigen Patienten schonend mit lauwarmem Wasser und pH-hautneutralen Syndets. Da Rubbeln die Durchblutung anregt, tupfen sie die Haut trocken. Von Peelings und durchblutungsfördernden, reizenden oder adstringierenden Stoffen rät das Apothekenteam ab. Bei Hautreizungen und Hitzegefühl kann Thermalwasser-Spray ein guter Tipp sein. Patienten sprühen es bei Bedarf mehrfach täglich auf die gereizte Haut auf. Die Flüssigkeit verdunstet rasch und verschafft dadurch ein Gefühl von Frische und Abkühlung. Eine Nassrasur kann zu Mikrotraumen der Hautoberfläche führen und die Hautbarriere beeinträchtigen. Männer rasieren sich daher besser trocken und verzichten auf alkoholische, reizende Rasierwasser.