Die neue Freundlichkeit |
Bitte recht freundlich – auch zum Hautmikrobiom! / Foto: Adobe Stock/vladimirfloyd
»Ein gesundes Mikrobiom auf der Haut stärkt die Hautbarriere«, sagt Professorin Dr. Michaela Axt-Gadermann, Dermatologin und Ernährungswissenschaftlerin an der Hochschule Coburg, im Gespräch mit PTA-Forum. »Im Prinzip können wir drei Hautbarrieren unterscheiden, die miteinander wechselwirken: die Epidermis als physikalische Barriere, die mikrobiologische Barriere, die für den Säureschutzmantel der Haut verantwortlich ist und etwa Erreger abhält, sowie die immunologische Barriere. Wenn nun das Hautmikrobiom schwächelt, beeinflusst das die anderen Beteiligten. Es könnten sich etwa Entzündungen entwickeln. Umgekehrt gilt das auch: Wenn die Epidermis geschwächt ist, können zum Beispiel Allergene tiefer eindringen«, so die Expertin, zu deren Forschungsschwerpunkten das Haut- und Darmmikrobiom sowie deren Beeinflussung gehören.
Insofern sei es sinnvoll, das Mikrobiom zu schützen beziehungsweise die Hautbarriere zu stärken. »Der Markt der mikrobiomfreundlichen oder probiotischen Kosmetika ist recht uneinheitlich. Ihn differenziert zu betrachten, ist für den Verbraucher eigentlich kaum möglich.« Orientierung biete das Siegel »Microbiome friendly«, ein Zertifikat, das seit wenigen Jahren auch in Deutschland angekommen ist.
Mit standardisierten In-vitro-Tests, die in unabhängigen Laboren in Deutschland durchgeführt werden, wird untersucht, welchen Einfluss die Testzubereitung auf das Erregerspektrum der Haut hat. Das Testprodukt erhält Noten von 1 bis 3. Bestanden hat es mit einer Note von 1,0 bis 2,0. Dann hat der Hersteller die Möglichkeit, das Gütesiegel zu verwenden. Einen Überblick über alle »Microbiome-friendly«-zertifizierten Produkte findet man auf der Website www.mymicrobiome.info. Axt-Gadermann: »Das Siegel gibt einen guten Hinweis, ob das Präparat etwas kann.« Zusätzlich gelte es, die Inhaltsstoffe zu prüfen.
Grundsätzlich lässt sich mikrobiotische Hautpflege in drei Gruppen unterteilen. So sieht es etwa die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche und angewandte Kosmetik. Probiotika enthalten per Definition lebende oder lebensfähige Mikroorganismen. Diese müssen nicht natürlicherweise auf der Haut vorkommen. Als Präbiotika werden Substanzen bezeichnet, die bestimmte Mikroorganismen des Hautmikrobioms in ihrem Wachstum oder ihrer Aktivität selektiv beeinflussen, die also Nährstoffe für das Hautmikrobiom darstellen. Inulin, Joghurtextrakt oder bestimmte Lipide kommen laut Axt-Gadermann dafür infrage. Postbiotika sind wiederum Substanzen, die aus Mikroorganismen gewonnen werden oder aus inaktivierten Vertretern bestehen. Als typisches Beispiel nennt die Dermatologin Milchsäure, die aus Lactobacillus-Arten stammt.
»Unter dem Begriff der mikrobiomfreundlichen Präparate wird eine ganze Menge subsummiert. Tatsache ist: Werden Lysate, Fermente oder Extrakte etwa von Bifidobakterium oder Lactobacillus in der Inhaltsstoffliste aufgeführt, enthält die Zubereitung nichts Lebendes. Es kann also kein Probiotikum sein. Lysate und Fermente können sich nicht aktiv ins Mikrobiom integrieren.« Ihr Tipp: auf die Abwesenheit von Konservierungsmitteln zu achten. Öle benötigen keine Konservierungsmittel und schaden dem Mikrobiom nicht. »O/W- oder W/O-Zubereitungen, die aufgrund ihres Wasseranteils Konservierungsstoffe enthalten, können deshalb keine lebenden probiotischen Bakterien enthalten.«
Die Hautärztin berichtet von eigenen Studienergebnissen, bei denen die enthaltenen Konservierungsmittel in Cremes und Lotionen nicht nur die Bakterien in der Zubereitung töten. »Wir haben dazu eine Bakterienmischung mit verschiedenen handelsüblichen Topika vermischt. Bei der Positivkontrolle – also ohne Creme – sind stets mehr als 300 Bakterienkolonien gewachsen, bei unkonservierten Cremes konnten wir 200 bis 290 Bakterienkolonien zählen. Bei allen anderen Topika – auch solchen, die speziell für Neurodermitiker ausgewiesen wurden – sind teils nur noch 10 von 300 Kolonien gewachsen. Wir haben also nachgewiesen, dass Konservierungsstoffe in der Creme in der Lage sind, das Bakterienwachstum auch außerhalb der Creme zu behindern.«
Auch welches Öl verwendet wird, hat Einfluss auf die Hautbarriere. »Jojoba- und Kokosöl stärken sie, weil sie in der Lage sind, sich in die Barriere zu integrieren. Vom allseits beliebten Olivenöl weiß man dagegen aus Studien mit Babys und Kleinkindern, dass es den Aufbau der Hautbarriere gar stören kann.« Mikrobiomfreundliche Präparate mit Jojobaöl, Haferöl oder Sheaöl sind etwa Freiöl Pflegeöl und Figuröl.