Die richtige Pflege bei Lichen sclerosus |
Verena Schmidt |
18.03.2024 08:30 Uhr |
Fetthaltige Salben spielen als Basispflege eine wichtige Rolle bei der Therapie des Lichen sclerosus. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Lichen sclerosus ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die hauptsächlich den Anogenitalbereich betrifft, aber auch generalisiert auftreten kann. Sie manifestiert sich durch weißliche oder rötliche Verfärbungen der Genitalhaut, häufig kommt es zu Fissuren. Im Verlauf der Erkrankung könnten sich dann Narben bilden genauso wie Stenosen und atrophische Veränderungen der Haut im Genitalbereich, erläuterte Mendling, Leiter des Deutschen Zentrums für Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe in Wuppertal. Die Erkrankung kann in jedem Alter bei beiden Geschlechtern auftreten. Junge Frauen sind Mendling zufolge zu etwa 1 Prozent betroffen, mit zunehmendem Alter steigt die Häufigkeit auf 3 Prozent. Da die klare Diagnostik nicht einfach ist, gebe es auch eine hohe Dunkelziffer, betonte der Gynäkologe.
»Die betroffenen Frauen sind oft stark körperlich, psychisch und sexuell beeinträchtigt«, so der Gynäkologe. Denn es kommt durch Juckreiz und Schmerzen zu Problemen etwa beim Sitzen, Radfahren oder Reiten. Geschlechtsverkehr wird durch Verengungen zunehmend unangenehm und/oder es kommt zu Schmerzen und Rissen beim Geschlechtsverkehr. »Auch beim Wasserlassen haben viele Frauen Beschwerden, sodass sie den Eindruck haben, sie hätten eine Blasenentzündung«, sagte der Gynäkologe. Im fortgeschrittenen Stadium könne es vorkommen, dass durch Schrumpfung der kleinen Labien kein ungestörter Urinstrahl mehr möglich ist. Viele Betroffene litten unter Minderwertigkeitsgefühlen und bekämen teils Probleme in der Partnerschaft, so Mendling. Studiendaten zeigten, dass bis zu 40 Prozent der Patientinnen mit neu diagnostiziertem Lichen sclerosus Anzeichen einer Depression aufweisen.
Die Diagnose der Erkrankung ist nicht einfach. Differentialdiagnostisch abzugrenzen sei der Lichen planus, so Mendling, ein juckendes, entzündliches Exanthem mit kleinen Papeln. Die histologische Diagnose des Lichen sclerosus sei im Anfangsstadium in rund 30 Prozent der Fälle negativ, die klinische Diagnose gehe daher immer vor. Wichtig: Wegen der Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen sollten nach der Diagnose gegebenenfalls typische Komorbiditäten abgeklärt werden, bei Hypothyreose beispielsweise sollte nach Autoantikörpern gesucht werden (Verdacht auf Hashimoto-Thyreoiditis).
Gemäß der aktuellen europäischen S3-Leitlinie von 2023, an deren Erstellung Mendling mitgewirkt hat, sind topische Corticoide die Therapie der ersten Wahl. Viele Patientinnen hätten Vorbehalte und Angst vor Nebenwirkungen, so Mendling. Dabei sei wichtig zu wissen: »Der Lichen sclerosus verursacht die Atrophie, lässt also die Haut dünner werden, nicht das Corticoid.« Cortison verhindere beziehungsweise reduziere vielmehr die Atrophie. Sind Corticoide kontraindiziert oder nicht ausreichend wirksam, können topische Calcineurin-Inhibitoren off Label eingesetzt werden. Allgemein sind sie laut Mendling aber etwa ein Drittel schwächer wirksam als Clobetasol.