Die Schleimhaut braucht Schutz |
Barbara Döring |
21.09.2023 13:45 Uhr |
Eine intakte Schleimhaut in Nase, Mund und Rachen hilft, Krankheitserreger abzuwehren. Feuchtigkeit hilft ihr dabei. / Foto: Getty Images/SimpleImages
Die Schleimhaut unserer Atemwege ist die erste Hürde, die potenzielle Krankheitserreger überwinden müssen. Ihr ist es zu verdanken, dass wir nicht permanent von Infekten geplagt werden. Schließlich atmen wir etwa 20.000-mal am Tag ein und aus und lassen dabei rund 13.000 Liter Luft durch die Atemwege passieren. Neben Staubteilchen gelangen damit auch eine ganze Menge Viren, Bakterien und sonstige Erreger in den Körper. Sie würden uns wohl permanent ans Bett fesseln, wenn die Atemwegsschleimhaut nicht eine ausgeklügelte Abwehrstrategie entwickelt hätte, die auf verschiedenen Ebenen funktioniert. So hält sie unerwünschte Eindringlinge ab, indem sie mithilft der Becherzellen eine Schleimschicht bildet, in der sich die Erreger verfangen.
In diesem Schutzfilm, der nahezu die gesamten Atemwege auskleidet, sitzen dicht gepackt Flimmerhärchen, die mit wellenartigen Bewegungen den Schleim und mit ihm die unliebsamen Invasoren in Richtung Rachen hinaus transportieren. In der Luftröhre erreichen sie dabei eine Geschwindigkeit von etwa 16 Schlägen pro Sekunde und schieben so den von den Becherzellen produzierten Schleim jede Minute etwa einen Zentimeter weiter. Im Rachen angelangt, sorgt der Schluckreflex dafür, dass das Sekret samt eingeschlossener Erreger im Magen landet und mit der Verdauung entsorgt wird.
Diese mechanische Abfallentsorgung ist jedoch nicht die einzige Strategie, mit der sich die Schleimhäute der Eindringlinge erwehren. An der Haupteintrittspforte für Krankheitserreger lohnt es sich für den Organismus, stärkere Geschütze aufzufahren: und zwar mit einem schleimhauteigenen lokalen Abwehrsystem. Sobald Viren, Bakterien oder Pilze auftauchen, werden spezielle Immunzellen aktiviert, die Immunglobulin IgA sezernieren und die Ausbreitung der Erreger verhindern. Gleichzeitig patrouillieren lymphoide Zellen (ILC), um die Grenze zur Außenwelt zu sichern. Dieses lokale Abwehrsystem wird in der Fachwelt auch »Schleimhaut assoziiertes lymphatisches Gewebe« genannt.
Das spezielle lokale Abwehrsystem der Schleimhaut, »Schleimhaut assoziiertes lymphatisches Gewebe« (Mucosa Associated Lymphoid Tissue = MALT), wird bei einer Infektion mit Krankheitserregern aktiviert, und so wird ein Schleimhautschutz, die sogenannte Schleimhautimmunität, aufgebaut. Das geschieht zum Beispiel auch bei einer Infektion mit dem Coronavirus.
Eine Impfung gegen Covid-19 baut dagegen vor allem eine systemische Immunabwehr auf, nicht jedoch eine vollständige Schleimhautimmunität. Das erklärt, warum Geimpfte nicht »steril« sind und nach wie vor Coronaviren übertragen können. Zurzeit sind Impfstoffe in der klinischen Entwicklung, die über Mund oder Nase verabreicht werden können, um auch eine Schleimhautimmunität aufzubauen. Sie wären dann allerdings über längere Zeit, etwa eine Viertelstunde, als Nebel zu applizieren.
Bestimmte Faktoren können jedoch sowohl die Funktion der Schleimhaut als auch die Konsistenz der Schleimschicht so verändern, dass die natürliche Abwehrstrategie nicht mehr rund läuft. Dazu zählt Zigarettenrauch, der die Zellen des Flimmerepithels schädigt und die Flimmerhärchen lahmlegt. Dann kommt als eine Art Notaggregat der Husten zum Einsatz, der dafür sorgt, dass der Schleim nicht in den Bronchien versackt und die Reinigungsfunktion übernimmt.
Dass es den Mikroorganismen gerade in Herbst und Winter leichter gelingt, die Schleimbarriere zu überlisten, liegt weniger an der Kälte als vielmehr an der trockenen Luft, die in der kalten Jahreszeit vorherrscht. Da kalte Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann als warme, ist sie in Herbst und Winter trockener. Das kann dazu führen, dass die Schleimhäute austrocknen.
Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass bei niedriger Luftfeuchtigkeit die Geschwindigkeit, mit der Schleim aus den Atemwegen transportiert wird, verringert ist. All das macht es Krankheitserregern leichter, Fuß zu fassen. Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass das respiratorische Epithel bei trockener Luft weniger gut regeneriert, wenn es durch einen Infekt bereits in Mitleidenschaft gezogen ist. Für Wohnräume empfiehlt sich deshalb eine relative Luftfeuchtigkeit von 40 bis 50 Prozent.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.