Die wahren Gründe für den Krankenstand-Rekord |
Am Vortag hatte der Allianz-Vorstandsvorsitzende eine Debatte über den Krankenstand in Deutschland angestoßen. Dieser liegt statistisch im internationalen Vergleich hoch. Bäte sprach sich in einem Interview dafür aus, die Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag zu streichen. Daraufhin hagelte es Kritik, etwa vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Der DGB warnte vor Folgekosten und Ansteckungs- und Unfallgefahren durch immer zahlreichere Fälle von krank bei der Arbeit erscheinenden Personen.
In der Bundesrepublik gilt – anders als in einigen anderen Ländern – seit Jahrzehnten die Lohnfortzahlung ab dem ersten Krankheitstag. Auch der CDU-Sozialflügel warnte davor, daran zu rütteln. DAK-Vorstandschef Andreas Storm forderte, die in der Arbeitswelt bestehende »wachsende Misstrauenskultur« einzudämmen. »Unsere Studie zeigt, dass weder die telefonische Krankschreibung noch das Blaumachen die wirklichen Gründe für den sprunghaften Anstieg sind.« Der Statistikeffekt durch die EAU und Erkältungswellen hätten die zentralen Rollen gespielt.
Nach einer Statistik der DAK-Gesundheit hatten 2023 weit über die Hälfte der DAK-Versicherten mindestens eine Krankschreibung, im Gesamtjahr waren es im Schnitt 20 Fehltage pro Kopf.
Laut Reinhardt ist zudem festzuhalten, dass sich seit der Corona-Pandemie mehr Menschen generell bei Infekterkrankungen krankschreiben ließen. »Der Aspekt des Nichtansteckens hat eine andere Qualität gewonnen in den zwei, drei Jahren des Lockdowns und der Infektionsvermeidung.«
Weise ein Unternehmen besonders hohe Krankenstände auf, »muss man ins Unternehmen gehen und gucken, wie die Unternehmenskultur ist«, sagte Reinhardt weiter. »Vor dem rein ärztlichen Hintergrund würde man sagen: Wenn jemand krank ist, ist er krank – wenn er nicht arbeitsfähig ist, dann ist er nicht arbeitsfähig«.
Genau untersucht wurde das Krankschreibe-Verhalten auch vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): Deutschland weise »vermutlich eine der höchsten Fehlzeiten weltweit« auf. Unterschiedliche Quellen zeigten einen starken Anstieg seit 2022. Zu den Haupterklärungen zählten Covid-19, mehr Infektionen, verändertes Fehlzeitenverhalten und eine verbesserte elektronische Datenübermittlung. »Es gibt starke Anhaltspunkte, dass der Großteil des Anstiegs der Fehlzeiten auf eine bessere statistische Erfassung der Fehlzeiten zurückzuführen ist.«
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.