Die wichtigsten Antworten zu Masern |
Masern müssten heute in Deutschland nicht mehr sein. Weil sie schwerwiegende Folgen haben können, existiert eine Impfpflicht. / Foto: Getty Images/angelacolac
Masern werden oft unterschätzt. Die Viruserkrankung ist hochansteckend. Ungefähr 90 Prozent der Menschen, die weder Masern gehabt haben noch dagegen geimpft sind, infizieren sich, wenn sie mit einem Erkrankten Kontakt haben. Eine Erkrankung kann langwierig verlaufen und in seltenen Fällen schwere und sogar tödliche Komplikationen verursachen. Eine Immunität – erworben durch eine durchgemachte Erkrankung oder eine Impfung – bräuchten mehr als 95 Prozent der Bundesbürger, um die Ausbreitung zu verhindern. Das Masernschutzgesetz der Bundesregierung, das am 1. März 2020 in Kraft getreten ist, soll die Impfquote verbessern. Das Gesetz verlangt, dass alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten gegen Masern geimpft sind. Einige Eltern wehren sich dagegen.
Wie kann man sich mit Masern anstecken und wie äußert sich die Krankheit? Infektiöse Tröpfchen können mit der Luft eingeatmet werden oder auf einer Oberfläche landen, wo sie mehrere Stunden lang überleben. Über infizierte Oberflächen ist eine Schmierinfektion möglich.
Typischerweise verläuft die Infektion stufenweise über zwei bis drei Wochen. In den ersten 8 bis 14 Tagen breitet sich das Masernvirus im Körper aus. Die frühen Krankheitsanzeichen sind unspezifisch wie leichtes bis mittelschweres Fieber, anhaltender, trockener Husten, laufende Nase, Konjunktivitis und Halsschmerzen. Die akute Erkrankungsphase prägt ein Hautausschlag aus kleinen roten Flecken, von denen einige leicht erhaben sind. Es beginnt im Gesicht, dann breitet sich das Exanthem über den Körper aus. Es entwickelt sich ein hohes Fieber, das auf 40 bis 41 °C ansteigen kann. Der Masernausschlag verschwindet nach etwa einer Woche allmählich wieder. Andere Menschen anstecken können Patienten etwa drei bis fünf Tage vor dem Auftreten des Exanthems und noch etwa vier Tage danach.
Es gibt keine spezifische Therapie gegen Masern. Die Behandlung besteht darin, die Symptome zu lindern und Komplikationen vorzubeugen. Bei Fieber kann das Apothekenteam Paracetamol oder Ibuprofen für Kinder empfehlen. Bei bakteriellen Sekundärinfektionen kann ein Antibiotikum erforderlich sein. Personen ohne Immunität gegen Masern können innerhalb von 72 Stunden nach der Exposition den Masernimpfstoff verabreicht bekommen, um die weitere Verbreitung einzudämmen (Riegelimpfung). Wenn die Erkrankung dennoch ausbricht, sind die Symptome meist milder und die Krankheitsdauer ist verkürzt. Schwangere Frauen, die nicht immun gegen Masern sind, und schwer immundefiziente Menschen können Immunserumglobulin injiziert bekommen. Wenn diese Antikörper innerhalb von sechs Tagen nach dem Viruskontakt verabreicht werden, können sie Masern verhindern oder zumindest die Symptome lindern.
Masern schwächen vorübergehend die Immunabwehr, sodass andere Krankheitserreger leichter angreifen können. Diese Erreger können verschiedene, teils schwerwiegende Komplikationen hervorrufen. Das Risiko ist bei Kindern unter fünf Jahren und bei Erwachsenen über 20 Jahren erhöht. Eine der häufigsten Komplikationen bei Masern ist eine bakterielle Ohrenentzündung. Durchfall und Erbrechen können dazu führen, dass der Körper viel Wasser verliert (Dehydrierung). Masern können zu Entzündungen der Atemwege wie einer Bronchitis, Laryngitis oder Pneumonie führen. Menschen mit geschwächtem Immunsystem können eine besonders gefährliche Form der Lungenentzündung entwickeln, die tödlich verlaufen kann.
Etwa bei einem von 1000 Erkrankten tritt eine Masern-Meningoenzephalitis auf. In bis zu 20 Prozent der Fälle verläuft diese tödlich. Bei bis zu 30 Prozent bleiben Hirnschäden mit Folgen wie einer lebenslangen geistigen Behinderung oder Lähmungen zurück. Als Spätfolge kann die subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), eine besonders schwere und tödlich verlaufende Entzündung des Gehirns, entstehen. Sie betrifft durchschnittlich vier bis elf Patienten pro 100.000 Masernerkrankungen und entwickelt sich sechs bis acht Jahre nach der Infektion. Kinder, die im ersten Lebensjahr an Masern erkranken, haben ein erhöhtes Risiko. Besonders gefährlich sind Masern für Schwangere. Die Krankheit kann Frühgeburten, niedriges Geburtsgewicht und sogar den Tod des Fetus verursachen.
Der Masernimpfstoff wird in der Regel als kombinierter Masern-Mumps-Röteln-Impfstoff (MMR) verabreicht. Der MMRV-Impfstoff enthält zusätzlich die Vakzine gegen Windpocken (Varizellen). Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine erste MMR-Impfung bei Kindern im Alter von elf bis 14 Monaten und eine zweite, wenn die Kinder 15 bis 23 Monate alt sind. Der Mindestabstand zwischen beiden Spritzen beträgt vier Wochen. Wenn Kinder unter elf Monaten in eine Gemeinschaftseinrichtung aufgenommen werden sollen, können sie bereits ab neun Monaten geimpft werden. Zwei Dosen des MMR-Impfstoffs sind in Deutschland bis zu 99 Prozent wirksam, um Masern vorzubeugen und lebenslang davor zu schützen. Bei den wenigen Menschen, die nach einer Impfung an Masern erkranken, sind die Symptome im Allgemeinen mild. Viele Kinder erhalten allerdings die Impfung, vor allem die zweite, verspätet und sind dann nicht ausreichend geschützt.
Die MMR-Impfung ist allgemein gut verträglich. Der Masernimpfstoff enthält ein abgeschwächtes, aber noch vermehrungsfähiges Masernvirus und ruft bei etwa 5 Prozent der Geimpften sieben bis zehn Tage nach der Impfung einen masernartigen Hautausschlag hervor. Diese Impfmasern sind nicht ansteckend. Eine voll manifeste Masernerkrankung oder Komplikationen wie eine Masern-Enzephalitis treten nicht auf. Auch wenn Nebenwirkungen der Impfung möglich sind, ist das Risiko für schwere Komplikationen wesentlich geringer als bei einer Masernerkrankung.
Alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr müssen einen ausreichenden Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern vorweisen, um in den Kindergarten oder die Schule eintreten zu können. Als geimpft gilt ein Kind, wenn die Impfungen gemäß den Empfehlungen der STIKO erfolgt sind. Die Regelung soll die Ausbreitung von Masern eindämmen und die Menschen schützen, die sich selbst nicht gegen Masern impfen lassen können.
Jede Impfung ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, den einige Menschen ablehnen. Wenn Eltern jedoch auf behördliche Anforderung weder einen Impfnachweis ihrer Kinder noch eine ärztliche Bescheinigung über eine Immunität gegen Masern oder eine medizinische Kontraindikation gegen die Impfung vorlegen, kann das Gesundheitsamt ein Zwangsgeld verordnen.
Nach Ansicht einiger Eltern kommt die Nachweispflicht faktisch einer Impfpflicht gleich. Sie klagen dagegen – mit unterschiedlichem Ausgang. Zwar hat am 21. Juli 2022 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) grundsätzlich die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen bestätigt. Nach Ansicht des Gerichts seien sowohl die Eingriffe in das Elternrecht als auch in die körperliche Unversehrtheit gerechtfertigt. Im September 2023 hat allerdings der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) eine Zwangsgeldandrohung für rechtswidrig erachtet. Das Gericht wies daraufhin, dass der Masernschutz im Kita- und Schulbereich unterschiedlich geregelt ist. Im Kitabereich hebe die Nachweispflicht die Freiwilligkeit der Impfentscheidung nicht auf. Angesichts der Schulpflicht könnten Eltern bei Kindern im schulpflichtigen Alter der Nachweispflicht nicht mehr ausweichen. Grundsätzlich als unzulässig erklärte der Bayerische VGH die Zwangsmittel im Zuge des Masernschutzgesetzes jedoch nicht.