Die wichtigsten Blutwerte beim Herzinfarkt |
Verena Schmidt |
15.03.2024 08:00 Uhr |
Beim Herzinfarkt zählt jede Minute: Eine schnelle Diagnose ist wichtig, um Herzmuskelgewebe zu retten und Komplikationen zu vermeiden. / Foto: Getty Images/Daisy-Daisy
Bei einem Herzinfarkt werden bestimmte Regionen des Herzens nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt, wodurch Herzmuskelgewebe abstirbt. Daraufhin kann es zu einer akuten Herzschwäche kommen: Der Herzmuskel kann nicht mehr genug Blut durch den Körper pumpen. Die häufigsten lebensbedrohlichen Komplikationen nach einem Herzinfarkt sind aber Herzrhythmusstörungen: Kommt es zum Kammerflimmern, tritt ein Kreislaufstillstand ein, der innerhalb weniger Minuten zum Tod führt.
Ein Herzinfarkt muss daher immer umgehend intensivmedizinisch behandelt werden. Besteht der Verdacht, ist sofort der Notruf 112 zu wählen. Die Patienten können sich auch direkt an eine Chest Pain Unit (CPU) wenden (nicht selbst Auto fahren!). Diese Spezialstationen in Kliniken sind Anlaufstationen für Patienten mit akuten Brustschmerzen, hier kann schnell eine Diagnose gestellt und eine Therapie eingeleitet werden. Denn besonders innerhalb der ersten Stunde nach Symptombeginn – der »Golden Hour« – ist es gut möglich, das verschlossene Herzkranzgefäß über eine Herzkatheteruntersuchung zu lokalisieren, wieder zu öffnen und so den Blutfluss im Herzen zu normalisieren.
Das wichtigste Untersuchungsverfahren bei Infarktverdacht ist zunächst das Schreiben eines EKGs. Oft zeigt dieses schon infarkttypische Veränderungen: Im Akutstadium können Überhöhungen der T-Wellen und Veränderungen der ST-Strecke auftreten. ST-Strecken-Hebungen weisen auf den kompletten Verschluss eines Herzkranzgefäßes hin. Auch Herzrhythmusstörungen können im EKG gut erkannt werden. In der Akutphase wird der Patient daher häufig kontinuierlich an ein EKG angeschlossen.
Bei etwa der Hälfte aller Patienten ist das EKG allerdings nicht eindeutig. Dann werden Blutwerte zur Diagnose des Herzinfarkts herangezogen. Die aussagekräftigsten Laborwerte sind dabei die herzspezifischen Troponine T (TnT) und I (TnI). Diese Proteine sind Bestandteile des Herzmuskelgewebes – stirbt dieses ab, gelangen sie ins Blut und sind dort nachweisbar. Der Normwert für Troponin T beträgt < 0,4 µg/l. Werte > 2,3 µg/l sprechen für die Diagnose Herzinfarkt.
Die Troponinwerte steigen bei einem Herzinfarkt typischerweise innerhalb von ein bis drei Stunden an, erreichen nach 12 bis 96 Stunden ihren Höhepunkt und normalisieren sich in einem Zeitraum von ein bis zwei Wochen wieder. Zeigt das Blut eines Patienten dauerhaft, aber auf niedrigem Niveau erhöhte Troponinwerte, lässt das auf eine chronische Erkrankung des Herzmuskels schließen. Auch bei einer Herzmuskelentzündung, einer Lungenembolie oder einer starken Nierenschwäche können die Troponinwerte erhöht sein.
Heute wird vorwiegend hochsensitives Troponin (hs-cTnT und hs-cTnI; hs steht dabei für hochsensitiv, c für cardial) im Blut bestimmt. Mithilfe dieser Tests werden bereits deutlich niedrigere Troponin-Werte erkannt als bei älteren Verfahren; so ist ein schnellerer Nachweis möglich. In der Intensivmedizin stehen zur Sofortdiagnostik außerdem qualitative Troponin-Schnelltests (Lateral-Flow-Tests, ähnlich wie Corona-Tests) zur Verfügung, für die nur wenige Tropfen Blut benötigt werden.
Ein weiterer wichtiger Herzinfarktmarker ist Myoglobin, ebenfalls ein Muskelprotein, das Sauerstoff in Herz- und Skelettmuskelzellen transportiert. Ein bis vier Stunden nach dem Beginn der Herzinfarktsymptome steigt der Wert im Blut an, innerhalb von zwölf Stunden wird der Maximalwert erreicht. Nach etwa 24 Stunden hat sich der Wert wieder normalisiert, da Myoglobin eine kurze biologische Halbwertszeit hat. Der Zeitpunkt der Blutabnahme ist deshalb entscheidend: Ist der Myoglobin-Wert sechs Stunden nach Symptombeginn im Normbereich, kann ein Herzinfarkt mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Der Referenzbereich für Myoglobin ist methodenabhängig, der obere Grenzwert beträgt für Männer etwa 70 µg/l, für Frauen 50 µg/l.
Ärzte bestimmen im Rahmen der Diagnostik auch die Creatinkinase (CK). Das Enzym dient zur kurzfristigen Energiegewinnung und kommt im Körper vor allem in Herz- und Skelettmuskelzellen vor. Im Blut gemessen wird meist der Gesamt-CK-Wert (Normwerte bei Männern < 170 U/l, bei Frauen < 145 U/l) sowie die Isoform CK-MB, die vor allem im Herzmuskel vorkommt (Referenzbereich 5 bis 25 U/l; Anteil normal 3 bis 5 Prozent der gesamten CK). CK-MB steigt nach Symptombeginn typischerweise nach drei bis zwölf Stunden an, ein Maximum wird in 24 Stunden erreicht. Innerhalb von zwei bis drei Tagen sinken die Werte wieder auf Normniveau.
Die Aussagekraft als Infarktmarker ist eingeschränkt, da der CK-MB-Wert auch bei Verletzungen des Skelettmuskels ansteigen kann. Darüber hinaus können Niereninsuffizienz, Verbrennungen, extreme körperliche Belastungen, Alkoholabusus oder Schilddrüsenerkrankungen Erhöhungen von CK-MB nach sich ziehen. Ist bei Verdacht auf einen Herzinfarkt die Gesamt-CK erhöht, steigt der Anteil von CK-MB sehr schnell und beträgt sein Anteil mehr als 6 Prozent, spricht dies für einen Herzinfarkt.
Auch weniger spezifische Enzyme wie die Aspartat-Aminotransferase (AST, auch GOT) – eigentlich ein Parameter zur Diagnose einer Leberschädigung – werden zusätzlich bestimmt. AST (Normwerte: Männer < 50 U/l, Frauen < 35 U/l) ist nicht leberspezifisch, sondern ein mitochondriales Enzym, es kommt in Hepatozyten, Herz- und Skelettmuskelzellen vor. Beim Herzinfarkt steigen die Werte nach etwa vier bis acht Stunden an, der Maximalwert wird innerhalb von 48 Stunden erreicht. Im Zeitraum von sechs Tagen wird der Basiswert wieder erreicht.
Logisch: Die Spezifität der AST ist bei gleichzeitiger Lebererkrankung stark eingeschränkt. Eine Beurteilung des AST-Wertes sollte immer zusammen mit dem ALT-Wert (das leberspezifische Enzym Alanin-Aminotransferase, auch GPT) erfolgen. Der De-Ritis-Quotient beschreibt das Verhältnis von AST zu ALT (AST/ALT). Ein kleiner De-Ritis-Quotient (< 1) spricht prinzipiell für einen geringen Leberschaden, ein großer Quotient (> 1) für einen schwerwiegenderen (wie chronische Hepatitis, Leberzirrhose) oder auch für einen akuten Herzinfarkt.
Ein recht neuer Herzmarker ist die Glykogenphosphorylase BB (GPBB), die im Gehirn und in hoher Konzentration in der Herzmuskulatur vorkommt. Bei einer Ischämie kommt es durch die Aktivierung der GPBB zu einem verstärkten Glykogenabbau. Das dabei freigesetzte GPBB gelangt dann recht schnell in den Blutkreislauf. GPBB (Referenzwert bei Erwachsenen < 10 ng/ml) steigt bereits innerhalb der ersten Stunde nach Beginn der Symptome an und eignet sich daher besonders als Frühmarker. Routinemäßig wird GPBB allerdings noch nicht bei der Herzinfarktdiagnostik bestimmt.
Ein Spätmarker und auch recht unspezifisch ist das Enzym Lactatdehydrogenase (LDH), das in allen Zellen, in hoher Konzentration aber vor allem in der Skelettmuskulatur, im Herzmuskel, in den Nieren, im Gehirn und in der Leber vorkommt. Der LDH-Wert (Normwert Frauen: 135 bis 215 U/l; Männer: 135 bis 225 U/l) ist stark erhöht, wenn im Körper in größerem Umfang Zellen zugrunde gehen. Der Blutspiegel der beiden herzspezifischen Isoformen LDH 1 und LDH 2 (zusammengefasst auch als Alpha-Hydroxybutyrat-Dehydrogenase bezeichnet) steigt nach Beginn der Herzinfarktsymptome nach sechs bis zwölf Stunden, also vergleichsweise spät, an. Ein Maximum wird nach zwei bis sieben Tagen erreicht, innerhalb von 7 bis 15 Tagen normalisieren sich die Werte wieder.
Laborparameter | Referenzbereich beziehungsweise Normwert |
---|---|
Troponine T und I |
Troponin T < 0,4 µg/l Troponin I: abhängig vom verwendeten Test hs-cTnT < 0,014 µg/l |
Myoglobin |
Frauen bis 50 µg/l Männer bis 70 µg/l |
Creatinkinase (CK) |
Gesamt-CK: Frauen < 145 U/l Männer < 170 U/l CK-MB: 5 bis 25 U/l, < 6 Prozent |
Aspartat-Aminotransferase (AST) |
Frauen: < 35 U/l Männer: < 50 U/l |
Alanin-Aminotransferase (ALT) |
Frauen: < 35 U/l Männer: < 50 U/l |
Glykogenphosphorylase BB (GPBB) | < 10 ng/ml |
Lactatdehydrogenase (LDH) |
Frauen: 135 bis 215 U/l Männer: 135 bis 225 U/l |