Diese Impfstoffe schützen vor Grippe und Covid-19 |
Die Corona- und Grippesaison naht. Altbekannte und moderne Impfstoffe stehen zur Verfügung. / Foto: Novavax
Aktuell ist das Coronavirus aus vielen Köpfen verschwunden und an die nächste Grippesaison mag auch noch niemand denken. Doch ist die Ruhe bekanntlich vor dem Sturm. Mutationen können dafür sorgen, dass Menschen, die bereits eine Infektion überstanden haben, sich erneut anstecken können. Um gut durch den Winter zu kommen, sollten vor allem Risikogruppen nicht den idealen Zeitpunkt verpassen, sich vorsorglich impfen zu lassen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt zwischen Covid-19-Impfungen und anderen Totimpfstoffen wie dem Influenzaimpfstoff keinen Impfabstand von 14 Tagen mehr. Patienten können sich daher in einem Termin beide Impfungen verabreichen lassen.
Die STIKO empfiehlt Covid-19-Auffrischungsimpfungen im Mindestabstand von zwölf Monaten zur letzten Impfung oder Infektion Menschen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe haben. Sie sollten sich vorzugsweise im Herbst impfen lassen. Zur Risikogruppe zählen Menschen ab 60 Jahren, Bewohner von Alters- und Pflegeheimen, Menschen mit relevanten Grundkrankheiten oder einem erhöhten arbeitsbedingten Infektionsrisiko (medizinisches oder pflegerisches Personal) sowie Familienangehörige und enge Kontaktpersonen von Personen unter immunsuppressiver Therapie.
Gegen Grippe empfiehlt die STIKO eine Schutzimpfung darüber hinaus noch Schwangeren ab dem zweiten Trimenon (bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens schon von Beginn der Schwangerschaft an), Kontaktpersonen von Risikopersonen sowie Personen mit beruflichem Risiko etwa umfangreichem Publikumsverkehr. Die verfügbaren Influenza- und Covid-19-Impfstoffe unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht. Gegen Grippe werden klassische Vakzine eingesetzt, gegen Covid-19 gibt es zusätzlich neuartige Impfstoffe.
Aktuell sind acht verschiedene Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 in Deutschland zugelassen. Zentrales Antigen für die Impfstoffe ist das Spike-Glykoprotein der Virushülle. Dieses benötigt SARS-CoV-2, um an Zellen anzudocken. Antikörper gegen dieses Protein aktivieren daher nicht nur Immunzellen, sondern hindern auch das Virus daran, an die Zelloberfläche zu binden. Die verfügbaren Impfstoffe sorgen auf unterschiedliche Weise dafür, dass Antigene dem Immunsystem präsentiert werden. Auch die Zusammensetzung und Herstellungsverfahren der Vakzine sind unterschiedlich.
Als erste Impfstoffe wurden die die mRNA-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer (Comirnaty) und Moderna (Spikevax) sowie die Vektorimpfstoffe von AstraZeneca (Vaxzevria) und Johnson & Johnson (Jcovden) zugelassen. mRNA-Impfstoffe enthalten genetsiches Material in Form von mRNA, das Zellen zur Expression des SARS-CoV-2-Spike-Proteins veranlasst. Das Antigen wird im Körper selbst hergestellt und das Immunsystem reagiert darauf. In Vektorimpfstoffen ist DNA, die für das SARS-CoV-2-Antigen codiert, in einer Adenovirus-Hülle verpackt. Das genetische Material schreiben Körperzellen in mRNA um, die für das Spike-Protein codiert. mRNA- und Vektorimpfstoffe waren die ersten Impfstoffe, die gegen SARS-CoV-2 in Deutschland zugelassen worden sind. Einige Menschen hatten Vorbehalte gegen diese Impfstoffe. Für sie stehen mittlerweile klassische Vakzine zur Verfügung.
Es sind aktuell drei rekombinante Proteinimpfstoffe (»Totimpfstoffe«) gegen SARS-CoV-2 zugelassen: Nuvaxovid (Novavax), VidPrevtyn Beta (Sanofi-GSK) und Bimervax (HIPRA Human Health). Nuvaxovid ist ein rekombinanter, adjuvantierter, proteinbasierter Impfstoff und wurde am 20. Dezember 2021 in der EU zugelassen. Der Impfstoff enthält winzig kleine, virusähnliche Partikel (VLP). Sie entstehen, wenn sich rekombinant hergestellte Spike-Glykoproteine (rS) von SARS-CoV-2 spontan zusammenlagern. Die Partikel sind frei von genetischer Information in Form von DNA oder RNA. Als Wirkverstärker ist ein Matrix M-1 genanntes Adjuvans auf Saponinbasis enthalten. Das Adjuvans verstärkt die Aktivierung der Zellen des angeborenen Immunsystems und verbessert dadurch die Impfwirkung.
Die Spike-Proteine werden mit einem rekombinanten Baculovirus in Insektenzellkultur hergestellt. Dafür werden Zelllinien aus den Ovarien des Nachtfalters Spodoptera frugiperda (Sf-9-Zellen) verwendet. Das genetisch veränderte Baculovirus, mit dem die Zellen infiziert werden, bringt die Sf-9-Zellen dazu, Spike-Protein zu bilden. In der EU dürfen Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren sowie Erwachsene mit Nuvaxovid zur aktiven Immunisierung gegen Covid-19 geimpft werden. Als Booster ist die Anwendung auf Personen ab 18 Jahren beschränkt und gilt sowohl für homologe als auch für heterologe Auffrischungsimpfungen.
VidPrevtyn Beta ist seit dem 10. November 2022 in der EU zugelassen. Der rekombinante Protein-Untereinheiten-Impfstoff enthält das Spike-Protein der Beta-Variante von SARS-CoV-2. Das Protein wird wie bei Nuvaxovid in Insektenzellen über einen Baculovirus-Vektor produziert. Weiterhin enthält der Impfstoff das Adjuvans AS03 von GlaxoSmithKline Biologicals (GSK). Der Impfstoff darf bei Personen ab 18 Jahren und ausschließlich als Booster angewendet werden. Er wird Erwachsenen gegeben, die bereits vor mindestens vier Monaten einen mRNA- oder adenoviralen Covid-19-Virusimpfstoff erhalten haben.
Bimervax enthält als Antigen ein Fusionsprotein, das Anteile des SARS-CoV-2-Spike-Proteins der Alpha- und Beta-Virusvarianten enthält. Die Antigene werden in einer Zelllinie aus Ovarien des Chinesischen Zwerghamsters hergestellt. Zur Wirkverstärkung ist im Impfstoff ein Squalen(SQBA)-Adjuvans enthalten. Bimervax ist als Auffrischimpfung ab einem Lebensalter von 16 Jahren frühestens sechs Monate nach einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff zugelassen.
Inaktivierte virale Impfstoffe werden seit Jahrzehnten eingesetzt und haben das Vertrauen vieler Menschen gewinnen können. Valneva ist ein aufgereinigter, inaktivierter und adjuvantierter Ganzvirusimpfstoff gegen Covid-19 und basiert auf dem SARS-CoV-2-Wildtypstamm. Er hat den Vorteil, dass er alle Virusantigene von SARS-CoV-2 präsentiert und somit eine umfassendere Immunreaktion hervorrufen könnte als Impfstoffe, die nur eine bestimmte Viruskomponente enthalten. Die STIKO empfiehlt ihn als Alternative zu den bereits empfohlenen Impfstoffen zur Grundimmunisierung für Personen ab 18 bis 50 Jahren. Dazu werden zwei Impfstoffdosen im Abstand von mindestens vier Wochen benötigt.
Die Vakzine der Firma Valneva Austria wird in Vero-Zellen (Zellen der grünen Meerkatze) produziert und durch β-Propiolacton inaktiviert. Dabei bleibt die native Oberflächenstruktur des Virus-Spike-Proteins erhalten. Valneva ist mit CpG 1018 (Cytosin-Phospho-Guanin) adjuvantiert, einem Adjuvans, das auch im Heplisav B-Impfstoff gegen Hepatitis B enthalten ist, sowie mit Aluminiumhydroxid, einer seit den 1930er-Jahren bewährten Impfstoffkomponente. Schwerwiegende Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen treten bei den Covid-19-Impfstoffen nur in Einzelfällen auf. Bei einigen Vakzinen scheint es für die Grundimmunisierung ein erhöhtes Risiko für eine Myokarditis und Perikarditis zu geben. Diese Erkrankungen können sich innerhalb weniger Tage nach der Impfung entwickeln und verlaufen in der Regel mild und ohne Komplikationen.
Die Influenzimpfung ist für viele Menschen schon Routine geworden. Für Erwachsene und Kinder ab einem Alter von sechs Monaten sind verschiedene, stets an die zirkulierenden Viren angepasste Impfstoffe zugelassen. Sie sind alle tetravalent, was man an der Ergänzung »tetra« in ihrem Namen erkennen kann. Die Vakzine enthalten die Antigene von vier Influenzatypen. Es handelt sich dabei um zwei A-Subtypen und zwei B-Stämme. Die empfohlene Zusammensetzung unterscheidet sich, je nachdem, ob die Vakzine im Ei oder in der Zelllinie erzeugt wurde (s. Kasten). Impfstoffe, deren Stämme an die kommende Grippesaison angepasst wurden, erkennt man an der Jahreszahl als Namenszusatz (Impfstoff XY 2023/2024).
Welche Virusstämme im Impfstoff für die Nordhalbkugel enthalten sein sollen, legen Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) bereits Anfang des Jahres fest. Die Änderungen verglichen mit dem Impfstoff der vorangegangenen Saison sind dieses Mal marginal. Es besteht wie jedes Jahr das Risiko, dass sich die Viren zwischenzeitlich verändert haben und die Impfstoffe nicht mehr so gut schützen. Senioren ab 60 Jahren haben Anspruch auf eine Impfung mit einem tetravalenten Hochdosis-Influenza-Impfstoff (Efluelda). Für Menschen mit schwerer Hühnereiweißallergie steht Flucelvax Tetra zur Verfügung. Die Virenstämme für diese Vakzine wurden in Zellkulturen angezüchtet. Menschen mit nur leichter Hühnereiweißallergie können in Hühnereiern erzeugte Impfstoffe bekommen.
Wer sich gegen Grippe impfen lassen möchte, sollte dies im Zeitraum ab Oktober bis Mitte Dezember tun. Diese Monate gelten als ideal, da es noch 10 bis 14 Tage dauert, bis sich der Schutz voll ausgebildet hat. Erfahrungsgemäß sind die Impfstoffe gut verträglich. Genaue Angaben finden sich in der jeweiligen Fach- und Gebrauchsinformationen, auf die das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) auf seiner Liste der zugelassenen Influenzaimpfstoffe verlinkt: https://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoffe/influenza-grippe/influenza-node.html?cms_tabcounter=2 /
Eibasierte und lebend-attenuierte Grippeimpfstoffe:
Zellkultur-basierte Grippeimpfstoffe:
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.