Diese Methoden erleichtern die Entscheidung |
Andreas Nagel |
19.10.2022 16:00 Uhr |
Soll ich oder soll ich nicht? Spezielle Techniken helfen, wenn Entscheidungen schwer fallen. / Foto: Adobe Stock / Contrastwerkstatt
Kleine und alltägliche Entscheidungen treffen die meisten Menschen schnell und intuitiv, zum Beispiel über die Art der Freizeitgestaltung oder die Wahl der Kleidung. Manche Entscheidungen sind wegen ihrer weitreichenden Auswirkungen aber deutlich schwieriger. Zu den wichtigsten Lebensentscheidungen gehören sicherlich die Berufs- und Partnerwahl, Entscheidungen über einen Berufswechsel oder eine Scheidung sowie große Investitions- und Kaufentscheidungen. Oft sind dann nicht nur sachliche Argumente, sondern auch Emotionen mit im Spiel. Besonders schwer fallen Entscheidungen, von denen auch andere Personen betroffen sind und die gegenüber anderen Menschen begründet werden müssen. Ob eine Entscheidung in diesen Fällen »richtig« ist, ist dann oft eine Frage der persönlichen Sichtweise.
Manche Menschen sind »intuitive Schnellentscheider«. Es fällt ihnen leicht, auch in schwierigen Situationen sofort eine Wahl zu treffen. Andere Menschen prüfen zunächst alle denkbaren Alternativen und Einflussfaktoren sehr intensiv. Im Extremfall führt dieses Verhalten dazu, dass die Entscheidung wegen zeitraubender Analysen immer wieder verschoben wird. Manche lassen sich durch die Komplexität und Vielfalt der Informationen auch so verunsichern, dass letztlich überhaupt keine Entscheidung getroffen wird. In der Psychologie nennt man diesen Effekt »Paralyse durch Analyse«. Wer allerdings aus Unsicherheit oder aus Angst vor einer Fehlentscheidung keine Entscheidung trifft, entscheidet sich damit unbewusst dafür, alles so zulassen wie es derzeit ist. Bei längerem Zögern treffen dann manchmal andere Menschen die erforderliche Entscheidung. Mit einigen bewährten Methoden können Entscheidungen oft deutlich leichter gefällt werden. Am besten man wählt bei künftig anstehenden Entscheidungen diejenige Methode aus, die am besten zu der betreffenden Situation passt.
Die Pro-Contra-Liste eignet sich für Entscheidungen, bei denen mehrere Einflussfaktoren berücksichtigt werden müssen. Teilen Sie ein Blatt Papier durch einen senkrechten Strich in zwei Spalten. Über die linke Spalte schreiben Sie das Wort »Pro« und listen darunter alle Argumente, die für die geplante Entscheidung sprechen. In die rechte Spalte schreiben Sie das Wort »Contra« und führen dort alle Gegenargumente auf. Die Zahl der Argumente ist oft schon ein Indiz für oder gegen eine Entscheidung. Wenn einzelne Argumente unterschiedlich wichtig sind, so können Sie die Argumente zusätzlich mit einer Punktzahl von 1 (unwichtig) bis 6 (sehr wichtig) beurteilen. Vielleicht identifizieren Sie auf diese Weise ein Argument, das so bedeutsam ist, dass es die Entscheidung bestimmt.
Manche Menschen suchen bei Entscheidungen stets nach der perfekten Lösung. Auch wenn bereits ein akzeptabler Weg gefunden wurde, überlegen sie, ob es nicht doch noch eine bessere Lösung gibt. Auf diese Weise wird die Entscheidung immer wieder verschoben. Beispiel: A möchte mit einem Fitnessprogramm beginnen und sucht im Internet intensiv nach dem »perfekten Trainingsplan«. Angesichts der zahlreichen Anleitungen kann A sich nicht entscheiden und verschiebt den Trainingsbeginn immer weiter. Statt zeitraubender Recherchen könnte A auch beschließen, sofort ins nächste Fitnessstudio zu gehen, unter Anleitung eines Trainers mit dem Training zu beginnen und im Laufe der Zeit den Trainingsplan nach seinen individuellen Vorstellungen zu optimieren. Definieren Sie daher, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit eine Lösung »gut genug« ist.
Bei der Entscheidungsliste werden mehrere Alternativen paarweise verglichen bis schließlich nur noch eine Möglichkeit übrig bleibt. Beispiel: Bei vier Wahlmöglichkeiten entscheiden Sie zunächst nur zwischen Option 1 und 2. Wenn Sie sich für Alternative 1 entscheiden, vergleichen Sie anschließend Alternative 1 mit Alternative 3. Wenn Sie nun Alternative 3 bevorzugen, vergleichen Sie anschließend Alternative 3 mit Alternative 4. Falls Alternative 3 nun auch besser als Alternative 4 ist, entscheiden Sie sich letztlich für Option 3, da sie im paarweisen Vergleich besser war als alle anderen Alternativen.
Bei dieser Methode begeben Sie sich gedanklich in die Zukunft und fragen sich: Wie werde ich vermutlich in einem Monat, einem Jahr oder in fünf Jahren über meine Entscheidung denken? Beispiel: Sie möchten gerne den Segelflugschein machen, konnten sich aber bisher nicht dazu entscheiden, weil sie dann am Wochenende weniger Zeit für die Familie haben. Gehen Sie gedanklich fünf Jahre in die Zukunft und stellen sich vor, dass Sie den Segelschein gemacht haben und dann regelmäßig geflogen sind. Stellen Sie sich anschließend vor, dass Sie auf den Segelschein aus zeitlichen Gründen verzichtet haben und niemals ein Segelflugzeug geflogen sind. Ihre Gefühle in diesen beiden Zukunftsszenarien werden Ihnen die Entscheidung vermutlich deutlich erleichtern.
Bei emotionalen Entscheidungen hilft häufig ein bewusster Perspektivwechsel. Fragen Sie sich: »Was würde ich einem Freund raten, der vor dieser Entscheidung steht?« Bei anderen Menschen sieht man die Entscheidungskriterien oft klarer und sachlicher als bei sich selbst. Oder Sie fragen zum Perspektivwechsel fünf Freunde nach ihrer Meinung zu Ihrer Entscheidungssituation. Fordern Sie Ihre Freunde auf, die drei wichtigsten Argumente für und gegen die geplante Entscheidung zu nennen. So erhalten Sie mehrere unterschiedliche Sichtweisen und zahlreiche Argumente, die Ihnen selbst vielleicht nicht eingefallen wären.
Durchdenken Sie für jede Alternative die besten und die schlechtesten Konsequenzen, die sich aus der Entscheidung ergeben können. Jede Entscheidung, deren schlechtester Ausgang nicht akzeptabel ist, wird sofort aussortiert. Bei den verbleibenden Alternativen können Sie sich fragen, ob und wie leicht die Entscheidung korrigierbar ist, wenn sie sich nachträglich als falsch herausstellen sollte. Fragen Sie sich: Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Wie wahrscheinlich ist das schlimmste Ergebnis? Wie kann ich dieses Ergebnis vermeiden? Was tue ich, wenn das Ereignis doch eintritt? Oft sind die negativen Konsequenzen gar nicht so gravierend wie zunächst vermutet. Diese Erkenntnis reduziert die Angst vor wichtigen Entscheidungen oft erheblich.
Wenn Sie eine schwierige Entscheidung schon längere Zeit aufgeschoben haben, dann legen Sie einen Termin fest, an dem die Sie den endgültigen Entschluss treffen werden. Falls es in die Situation passt, können Sie Freunde oder Kollegen über diesen Termin informieren. Wenn Sie die Entscheidung ankündigen, werden Sie die Deadline vermutlich auch einhalten, um Ihre Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren. Vielleicht hilft Ihnen auch ein extremes Gedankenspiel: Wenn Ihr Leben davon abhinge, dass Sie innerhalb von 60 Sekunden eine Entscheidung treffen, wie würden Sie dann entscheiden? In dieser fiktiven Extremsituation sind die meisten Menschen bereit, sich sofort für eine von mehreren Wahlmöglichkeiten zu entscheiden.
Trainieren Sie Ihre Entscheidungsfähigkeiten, indem Sie die genannten Methoden regelmäßig anwenden. Dabei hilft Ihnen vielleicht auch die Frage, wie Sie sich selbst als Persönlichkeit sehen und wie Sie von Ihren Mitmenschen gesehen werden möchten: Sehen Sie sich als entscheidungsfreudige oder entscheidungsschwache Person? Als Zauderer oder als Macher? Als sicher oder unsicher? Diese Fragen und die hier genannten Methoden werden Ihnen zukünftige Entscheidungen sicherlich deutlich erleichtern.