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Krebsvorsorge

Diese Prostata-Untersuchungen gibt es

Der PSA-Test als Früherkennungsuntersuchung auf die häufigste Krebserkrankung bei Männern ist umstritten. Warum? Und welche Tests gibt es außerdem? Darüber sollten sich Männer vor einer Entscheidung gut informieren.
Nicole Schuster
08.08.2023  08:30 Uhr

Prostatakrebs ist für viele Männer ein Tabu-Thema. Trotzdem muss man darüber reden, denn es handelt sich um die häufigste Krebserkrankung bei Männern in Deutschland. Jedes Jahr erhalten 65.200 Patienten hierzulande die Diagnose.

Ein wichtiger Risikofaktor ist das Alter. Männer unter 50 Jahren erkranken eher selten. Als Früherkennungsuntersuchung kann in Deutschland jeder krankenversicherte Mann ab 45 Jahren eine Tastuntersuchung der Prostata durch den Enddarm in Anspruch nehmen. Die digital-rektale Untersuchung (DRU) empfinden viele Männer als unangenehm. Sehr kleine Tumoren bleiben unentdeckt, da selbst ein erfahrener Untersucher Karzinome erst ab einer Größe von sieben Millimetern tasten kann. Es ist zudem nicht nachgewiesen, dass Männer, die sich regelmäßig die Prostata abtasten lassen, seltener an Prostatakrebs sterben.

Ein Bluttest als Früherkennungsuntersuchung zählt derzeit nicht zum gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramm. In dieses Programm werden nur Untersuchungen aufgenommen, deren Nutzen eindeutig belegt ist. Als »individuelle Gesundheitsleistung« (IGeL) bieten zahlreiche Arztpraxen dennoch Bluttests auf Prostatakrebs an. Der bekannteste ist der PSA-Test. Für den Test inklusive ärztliche Beratung müssen gesunde, gesetzlich versicherte Männer die Kosten von etwa 25 bis 35 Euro selbst tragen. Ziel des Tests ist es, ein Prostatakarzinom zu erkennen, bevor es Beschwerden verursacht. Bei einer frühen Diagnose und Therapie sind die Heilungschancen besser und das Risiko für Metastasen ist geringer. Der PSA-Test kann Prostatakrebs allerdings weder vorbeugen noch verhindern.

Bei der Untersuchung wird der Wert des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut bestimmt. Dieses Eiweiß wird in der Prostata gebildet und in die Samenflüssigkeit abgegeben. Geringe Mengen PSA gehen in das Blut über. Das Protein eignet sich als Tumormarker, da Karzinomzellen mehr PSA herstellen als gesunde Prostatazellen. Der gemessene Wert wird in Nanogramm pro Milliliter Blut angegeben (ng/ml). Wenn der Wert unter 3 ng/ml liegt, gilt er als unauffällig. Es herrscht allerdings kein allgemeiner Konsens über die Interpretation der Werte.

Das bedeutet der Wert beim PSA-Test

In Studien wurden Grenzwerte unterschiedlich festgelegt. Werte können auch je nach Analysemethode im Labor variieren. Weiterhin bedeutet ein auffälliger PSA-Wert noch nicht, dass tatsächlich Krebs vorliegt. Der PSA-Wert kann ebenso bei einer Entzündung oder gutartigen Vergrößerung der Prostata (Prostatitis beziehungsweise benigne Prostatahyperplasie) oder einer Harnwegsentzündung erhöht sein. Nicht krankheitsbedingte Ursachen sind Druck auf die Prostata, zum Beispiel nach dem Fahrradfahren oder nach einer Tast- oder Ultraschalluntersuchung der Prostata oder einem kürzlich erfolgten Samenerguss.

Einige Medikamente wie die 5-alpha-Reduktase-Hemmer Finasterid oder Statine können Werte senken. Bestenfalls informieren Patienten den Arzt vor der Blutentnahme, wenn bei ihnen einer der Störfaktoren vorliegt. Entweder verschiebt der Arzt dann die Untersuchung oder berücksichtigt die Einflüsse, wenn er den gemessenen PSA-Wert interpretiert. Einen erhöhten PSA-Wert bestätigt der Arzt durch einen zweiten Test. Bei einem bestätigten auffälligen Wert kann eine Biopsie Klarheit verschaffen.

Ab welchem PSA-Wert diese angezeigt ist, ist international unklar. In Deutschland raten Ärzte in der Regel zu einer Gewebeentnahme, wenn ein PSA-Wert über 4 ng/ml durch eine zweite Messung bestätigt wurde oder der PSA-Wert im Laufe mehrerer Messungen deutlich ansteigt. Die Biopsie ist wie jeder kleine Eingriff mit Risiken verbunden. Wenn der PSA-Test unauffällig ist, schließt das nicht hundertprozentig aus, dass der Mann nicht doch an einem Prostatakarzinom erkrankt ist.

Bei der Entscheidung für einen PSA-Test sollte Mann ferner bedenken, dass der Test eine sehr hohe Sensibilität hat. Er detektiert selbst kleine Tumoren, die (noch) keinen Krankheitswert haben. Prostatakrebs wächst meistens sehr langsam und ein kleiner Tumor bereitet einem älteren Mann zu Lebzeiten oft keine Probleme. Die Überdiagnose setzt die Betroffenen jedoch einer psychischen Belastung aus, da sie nun wissen, an Krebs erkrankt zu sein. Sie nehmen häufig Nebenwirkungen und Belastungen einer Krebstherapie auf sich, die eigentlich unnötig für sie wären.

PSA-Test nur bedingt sinnvoll

Der PSA-Test wurde als bisher einzige Früherkennungsuntersuchung auf Prostatakrebs in mehreren großen Studien untersucht. Es konnte darin bislang nicht eindeutig bestätigt werden, dass der Nutzen die Risiken überwiegt. Es bleibt unklar, ob die Früherkennungsuntersuchung die Lebenserwartung von Patienten verlängern kann. Statistisch gesehen liegt das Sterbealter von Männern, die in Deutschland an Prostatakrebs sterben, sogar drei Jahre über dem durchschnittlichen männlichen Sterbealter.

Die große europäische Studie ERSPC (European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer) ist eine multizentrische, randomisierte Studie, in der PSA-Tests bei einer Kernaltersgruppe von mehr als 162.000 Männern im Alter von 55 bis 69 Jahren in acht europäischen Ländern bewertet wurden. Die Hälfte der Männer bekam Tests im Abstand von etwa vier Jahren angeboten, die andere Hälfte erhielt kein Screeningangebot. 2019 wurden die Daten aus dem 16-Jahres-Follow-up veröffentlicht: Der Unterschied in der absoluten Prostatakarzinom-Mortalität war von 0,14 Prozent beim Follow-up nach 13 Jahren auf 0,18 Prozent nach 16 Jahren gestiegen. Um einen Prostatakarzinom-Todesfall zu verhindern, mussten 570 Männer beim Follow-up nach 16 Jahren zum Test eingeladen werden, verglichen mit 742 nach 13 Jahren. Der Nutzen des PSA-Tests nimmt demnach zu, je länger der betrachtete Zeitraum ist.

Mehr Schaden als Nutzen

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zog in seinem Bericht zum PSA-Screening diese und weitere Studien heran. Die Studie ERSPC betrachteten die Experten wegen der unterschiedlichen länderspezifischen Screeningstrategien allerdings als acht Einzelstudien. Die Screeningprogramme in den einzelnen Ländern unterscheiden sich unter anderem bezüglich des Intervalls, des PSA-Grenzwertes, der untersuchten Populationen, der Beteiligung, dem allgemeinen Erkrankungsrisiko und der Nachbeobachtungszeiträume, weshalb die Daten nur bedingt auf Deutschland übertragbar sind.

Vorteile Nachteile
Es lassen sich mehr bösartige Prostatatumoren im Frühstadium erkennen als bei der DRU. fehlende Evidenz aus Langzeitstudien, dass regelmäßig getestete Männer länger leben
erkennt Tumoren in einem frühen Stadium häufige Überdiagnosen und unnötige Krebsbehandlungen
senkt Risiko, an Prostatakrebs zu sterben Es werden auch langsam wachsende Tumoren entdeckt, die vermutlich zu Lebzeiten nie Probleme bereitet hätten.
senkt Risiko für Metastasen Unheilbare Tumoren werden früher entdeckt und Patienten müssen länger mit der Diagnose leben.
Bei frühzeitiger Erkennung ist eine schonendere Therapie möglich. Falsch positive Befunde möglich, das heißt, bei einem auffälligen Testergebnis ist der Mann gesund.
Falsch negative Befunde möglich, das heißt, bei einem unauffälligen Testergebnis hat der untersuchte Mann Krebs.
Vor- und Nachteile des PSA-Tests: Jeder Mann muss für sich selbst entscheiden, ob er das Angebot eines PSA-Tests zur Krebsfrüherkennung nutzen möchte. Es gibt Argumente dafür und dagegen.

Persönliches Risiko

Das Gremium des IQWiG kam zu dem Schluss, dass das Prostatakarzinom-Screening mit PSA-Tests deutlich mehr Männern durch Überdiagnosen schade, als es Männern nutze. Nur etwa drei von 1000 Teilnehmern, die 16 Jahre lang PSA-Tests durchführen ließen, würden durch den PSA-Test davor bewahrt, an Prostatakrebs zu sterben. Dagegen stehe, dass 60 von 1000 Männer eine Überdiagnose erhielten und sich möglicherweise einer unnötigen Behandlung unterzögen. Diese sei mit Risiken und Nebenwirkungen wie Inkontinenz und Erektionsstörungen verbunden. Ein generelles PSA-Screening wird daher nicht als sinnvoll erachtet. Der PSA-Test könne aber durchaus abhängig vom persönlichen Risiko für einige ausgewählte Männer im Sinne eines risikoadaptierten PSA-Screenings wichtig sein.

So sahen das auch die Autoren der S3-Leitlinie »Prostatakarzinom« aus dem Oktober 2021. Sie empfahlen den PSA-Test als Vorsorgemaßnahme nicht allgemein. Stattdessen sollen Ärzte Männer ab 45 Jahren über den PSA-Test als eine mögliche Maßnahme einschließlich der Vor- und Nachteile und die begrenzte Aussagekraft informieren. Eine wichtige Rolle spielt der PSA-Test nach erfolgter Therapie eines Prostatakarzinoms, um Rezidive zu finden und den Verlauf zu kontrollieren. In diesem Fall sowie wenn der Arzt den Verdacht auf ein Prostatakarzinom hat, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Untersuchung.

Weitere Tests

Wenn der PSA-Test oder der Tastbefund auffällig ist, kann der Arzt vor einer Biopsie einen PCA3-Test anbieten. Dabei handelt es sich um einen molekulargenetischen Test, der gutartige Prostataerkrankungen wie eine Prostatavergrößerung oder Prostataentzündung von Prostatakrebs abgrenzen soll. PCA3 ist eine prostataspezifische, nicht proteinkodierende RNA, die bei Prostatakrebs deutlich überexprimiert wird.

Bestimmt wird PCA3 in einer Urinprobe. Bevor der Urin gesammelt wird, massiert der Arzt in einer digital-rektalen Untersuchung die Prostata, damit Prostatazellen über das Gangsystem der Prostata in den Harntrakt gelangen. Der PCA3-Score gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der in einer Biopsie Krebszellen nachweisbar sind. Als positiv gilt der Test, wenn der PCA3 Score bei 35 oder höher liegt. Eine hundertprozentige Sicherheit bietet der PCA3-Test allerdings nicht. Er ist kein Ersatz für andere Früherkennungsmethoden, kann aber ergänzend herangezogen werden. Die Kosten zwischen 350 und 400 Euro müssen Patienten selbst zahlen.

Ein weiterer Bluttest auf Prostatakrebs ist der Stockholm-3-Test (STHLM3-Test). Ein Algorithmus kombiniert Informationen zu fünf Bluteiweißen, genetischen Markern und individuelle Daten wie Prostatakrebs in der Familie. Es gibt einen Risikoscore von niedrig, normal bis erhöht. Bei einem erhöhten Risiko werden weitere Untersuchungen empfohlen. Der STHLM3-Test wurde in Studien erfolgreich getestet, ist in Deutschland bislang aber ebenfalls eine Selbstzahlerleistung. 

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