Drastische Ernährungswechsel schaden dem Immunsystem |
Bei einer ansonsten ausgewogenen Ernährung spricht nichts gegen die ein oder andere kleine »Sünde« ab und zu. Drastische Wechsel über mehrere Tage sollten hingegen vermieden werden. / Foto: Getty Images/Jasmin Merdan
Wiederholte kurzfristige Abweichungen von einer ansonsten regelmäßigen und ausgewogenen Ernährung hin zu fettreicher Kost mit wenig Ballaststoffen können erhebliche Konsequenzen für das Immunsystem haben. Davor warnt das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) in einer Pressemitteilung begleitend zu einer entsprechenden wissenschaftlichen Publikation im Fachjournal »Nature Immunology«.
Was hat das Team um Professor Dr. Nicola Gagliani, Forschungsgruppenleiter in der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, nun genau untersucht? Es führte eine Studie mit Freiwilligen und verschiedene Laborexperimente durch. Zunächst einmal fütterten sie Mäuse ganz regulär. Dann erhielten die Tiere eine energiedichte Kost mit viel tierischem Fett, aber wenig Ballaststoffen für drei Tage, dann wieder normale Kost und das Ganze über mehrere Zyklen. Tatsächlich pendelten dadurch unter anderem Körpergewicht und Cholesterol-Spiegel hin und her und das Darmmikrobiom veränderte sich zum Schlechten. Außerdem veränderte sich auch das Dünndarmgewebe, hin zu einem proinflammatorischem Geschehen.
In einem weiteren Experiment zeigten die Forschenden, dass schon eine einzige Ernährungsänderung es den Tieren erschwerte, mit Salmonellen- und Listerien-Infektionen klarzukommen. Nähere Analysen ergaben, dass die kurze, aber schlechte Diät die Effektivität von CD4+-Zellen der Immunabwehr beeinträchtigten, und zwar nicht durch das Fett oder die vermehrten Kalorien selbst, sondern durch eine veränderte Mikrobiota und deren Metabolite. Eine Rückkehr zur normalen (gesunden) Ernährung bei den Mäusen konnte die mukosale und systemische Immunität jedoch wiederherstellen.
Und auch bei Menschen zeigten sogenannte »Cheat Days« negative Effekte auf das Mikrobiom und die Immunreaktion. Sechs gesunde Freiwillige erhielten in der Untersuchung zunächst über fünf Tage eine ballaststoffreiche Ernährung und wechselten dann zu einer ballaststoffarmen, fettreichen Diät für die folgenden fünf Tage. Prompt nahm die Zahl der Ballaststoff-fermentierenden Bakterien wie Eubacterium ab und mit ihnen die von ihnen produzierten und für das Immunsystem wichtigen kurzkettigen Fettsäuren.
»Hierdurch wird die Funktion der CD4+-T-Zellen, ein wichtiger Zelltyp des adaptiven Immunsystems, gedrosselt«, heißt es in der Pressemitteilung. Diese Auswirkungen seien jedoch nur vorübergehend, da die Wiederaufnahme einer ausgewogenen Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen die Körperimmunität wiederherstelle.
»Das Fenster der Immunschwäche öffnet sich für einen bestimmten Zeitraum«, so Seniorautor Gagliani. »In unserer Studie konnten wir zeigen, wie synchronisiert unser Ernährungsverhalten und unsere Immunreaktionen sind und wie selbst eine kurzfristige Umstellung auf Schlemmereien zu einer raschen Beeinträchtigung des Immunsystems führt.«
Erstautor Dr. Francesco Siracusa ergänzt: »Positiv ausgedrückt heißt dies, dass mithilfe einer regelmäßigen ausgewogenen Ernährung etwa die Wirksamkeit von Impfstoffen und Immuntherapien maximiert werden könnte.«