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Arzneimitteltherapie

Drei Neulinge, drei Indikationen

Seit Anfang Februar gibt es drei neue Wirkstoffe im Handel. Ihr Anwendungsgebiet ist breit gefächert. Fezolinetant kommt bei vasomotorischen Symptomen in der Menopause zum Einsatz, Ublituximab bei multipler Sklerose und Quizartinib bei bestimmten Leukämiepatienten.
Sven Siebenand
12.02.2024  09:00 Uhr

Vasomotorische Symptome (VMS) wie Hitzewallungen und Nachtschweiß gehören zu den häufigsten Beschwerden von Frauen in den Wechseljahren. Grundsätzlich standen neben nicht pharmakologischen Interventionen wie der kognitiven Verhaltenstherapie bislang Phytopharmaka und insbesondere eine Hormonersatztherapie für die Behandlung zur Verfügung. Mit Fezolinetant (Veoza™ Filmtabletten, Astellas Pharma) ist ein neuer Wirkstoff für die nicht hormonelle Behandlung hinzugekommen. Das verschreibungspflichtige Medikament ist zugelassen zur Behandlung von moderaten bis schweren VMS, die mit der Menopause assoziiert sind. Es ist laut Hersteller bei Indikationsstellung und Verordnung durch einen Arzt voll erstattungsfähig.

Um das Wirkprinzip von Fezolinetant zu verstehen, ist es sinnvoll, einen kurzen Blick auf den Ablauf der Thermoregulation im Gehirn zu schauen. Die Aktivität der sogenannten Kisspeptin-Neurokinin-B-Dynorphin-Neuronen (KNDy-Neuronen) ist hierfür von großer Bedeutung. Diese Zellen werden durch Neurokinin B (NKB) angeregt und durch Estrogen gehemmt. Sinkt der Hormonspiegel in der Menopause, wird die »Bremse« schwächer. Die KNDy-Neuronen sind dann überaktiv und das thermoregulatorische Zentrum wird übermäßig stimuliert. Beschwerden wie Hitzewallungen und Nachtschweiß sind die Folge. NKB wirkt über den Neurokinin-3-Rezeptor. An diesem Rezeptor wirkt Fezolinetant als Antagonist und sorgt damit dafür, dass das thermoregulatorische Zentrum im Gehirn nicht weiter übermäßig stimuliert wird.

Die empfohlene Dosis sind 45 mg, die die Anwenderinnen täglich einnehmen sollen. Eine gleichzeitige Anwendung mit einer estrogenbasierten Hormonersatztherapie wird nicht empfohlen. Ausgenommen davon sind lokal wirksame vaginale Präparate. Bei schwerer Nierenfunktionsstörung sowie bei moderater und schwerer Leberfunktionsstörung wird Veoza nicht empfohlen. Bei Frauen im Alter über 65 Jahren ist Fezolinetant nicht untersucht, sodass für diese in der Fachinformation keine Dosisempfehlung gegeben wird.

Da Fezolinetant primär über CYP1A2 verstoffwechselt wird, ist die gleichzeitige Einnahme von moderaten oder starken Inhibitoren dieses Enzyms kontraindiziert. Ansonsten würde der Wirkspiegel des neuen Wirkstoffs zu stark ansteigen. Einen Warnhinweis gibt es in der Fachinformation für Frauen mit bekannter oder vorangegangener Brustkrebserkrankung oder estrogenabhängigen Malignomen. Frauen, die sich dagegen aktuell einer onkologischen Behandlung unterziehen, wird die Anwendung von Fezolinetant nicht empfohlen. Bei Frauen mit vorangegangener onkologischer Behandlung dagegen soll eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden, bevor die Therapie mit dem neuen Wirkstoff startet.

Häufig beobachtete Nebenwirkungen von Fezolinetant sind Schlaflosigkeit, Durchfall und Abdominalschmerz. Auch ein Anstieg von Leberenzymwerten ist häufig. Bei Schwangeren ist Fezolinetant tabu und es soll auch nicht bei Stillenden zum Einsatz kommen.

Neues MS-Medikament

Der Antikörper Ublituximab (Briumvi® Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Neuraxpharm) kommt für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose (MS) mit aktiver Erkrankung infrage.

Ublituximab führt dazu, dass die Aktivität von B-Zellen herunterreguliert wird. Diese Blutzellen attackieren im Rahmen des Entzündungsgeschehens die Myelinscheiden der Nervenzellen und spielen bei MS eine bedeutende Rolle. Der Antikörper bindet an das Oberflächenprotein CD20 der B-Zellen, reduziert so deren Aktivität und hilft letztlich, Krankheitsschübe zu verhindern. Dieses Wirkprinzip ist nicht neu. Andere CD20-Antikörper, die ebenfalls bei MS zugelassen sind, heißen Ocrelizumab und Ofatumumab.

Ublituximab wird intravenös infundiert. Die Dosierung der ersten Infusion beträgt 150 mg. Die zweite erfolgt zwei Wochen später. Dabei werden 450 mg verabreicht. Danach werden alle 24 Wochen 450 mg infundiert. Vor jeder Gabe wird eine Prämedikation gegen infusionsbedingte Reaktionen verabreicht. Neben Atemwegsinfektionen sind diese die häufigsten Nebenwirkungen der Behandlung. Die Prämedikation besteht aus einem Glucocorticoid und einem Antihistaminikum. Zudem kann der Arzt die Gabe eines Antipyretikums wie Paracetamol in Betracht ziehen. Während der Infusionen sollten die Patienten hinsichtlich des Auftretens von infusionsbedingten Reaktionen beobachtet werden. Nach den ersten beiden Infusionen sollten sie zudem für mindestens eine Stunde überwacht werden. Bei den Folgeinfusionen ist Letzteres nur dann erforderlich, wenn infusionsbedingte Reaktionen früher beobachtet worden sind.

Ublituximab darf bei schweren aktiven Infektionen, einem stark immungeschwächten Zustand und bei bekannten aktiven malignen Erkrankungen nicht angewendet werden. Zum Thema Impfungen heißt es in der Fachinformation, dass die Gabe von Lebendimpfstoffen oder attenuierten Lebendimpfstoffen während der Antikörper-Behandlung und bis zur B-Zell-Repletion nicht empfohlen wird. Die Immunisierung sollte mindestens vier Wochen vor der ersten Anwendung von Ublituximab abgeschlossen sein. Im Falle von inaktivierten Impfstoffen wird empfohlen, dass die Immunisierung mindestens zwei Wochen zuvor beendet ist.

Ublituximab soll bei Schwangeren nicht zum Einsatz kommen, es sei denn, der potenzielle Nutzen für die Mutter überwiegt das Risiko für den Fetus. Abgesehen von den ersten Tagen nach der Geburt kann Briumvi während der Stillzeit angewendet werden, sofern dies klinisch erforderlich ist. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung und für mindestens vier Monate nach der letzten Infusion eine zuverlässige Empfängnisverhütung anwenden.

Gegen Leukämie

Quizartinib (Vanflyta® Filmtabletten, Daiichi Sankyo) ist zur Behandlung erwachsener Patienten mit neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie (AML) zugelassen. Allerdings gilt dies nur, wenn eine FLT3-ITD-Mutation nachgewiesen ist. Zunächst wird der Wirkstoff kombiniert mit einer Standard-Induktions-Chemotherapie, gefolgt von einer Standard-Konsolidierungschemotherapie. Danach wird eine Erhaltungs-Monotherapie mit Quizartinib durchgeführt.

Die Kinase FLT3 spielt eine wichtige Rolle bei AML und ist häufig übermäßig aktiv. Die genannte Mutation im FLT3-Gen wirkt sich besonders ungünstig auf die Prognose aus. Quizartinib hemmt wie Gilteritinib und Midostaurin die FLT3-Kinase. Damit werden nachgeschaltete Signalwege und letztlich die FLT3-ITD-abhängige Zellproliferation blockiert.

Während der 28-tägigen Chemotherapie-Zyklen wird Quizartinib einmal täglich in einer Dosis von 35,4 mg über einen Zeitraum für jeweils zwei Wochen eingenommen. Nach Abschluss der Chemotherapie wird der Kinasehemmer als Erhaltungstherapie einmal täglich allein eingenommen. Die Anfangsdosis liegt bei 26,5 mg in den ersten zwei Wochen, wenn das QT-Intervall am Herzen ≤ 450 ms ist. Danach ist die Dosis auf einmal täglich 53 mg zu erhöhen, wenn das QT-Intervall ≤ 450 ms ist. Die Behandlung kann über bis zu 36 Zyklen von jeweils vier Wochen fortgesetzt werden.

Empfohlene Dosisanpassungen bei Nebenwirkungen können der Fachinformation entnommen werden. Zudem muss bei gleichzeitiger Anwendung von starken CYP3A-Inhibitoren die Quizartinib-Dosis reduziert werden. Da der Wirkstoff das QT-Intervall am Herzen verlängern kann, ist er bei angeborenem Long-QT-Syndrom kontraindiziert. Auch bei Stillenden ist er tabu. Während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, darf er nicht angewendet werden, es sei denn, dass eine Behandlung aufgrund des klinischen Zustandes der Frau erforderlich ist.

Die Liste möglicher Nebenwirkungen ist lang. Sehr häufig sind zum Beispiel verminderte Zahl der Blutplättchen, erniedrigtes Hämoglobin, Durchfall, Übelkeit, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Erbrechen und verminderte Zahl der Neutrophilen.

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