Dronabinol in der Rezeptur |
Dronabinol wird häufig in Form von Tropfen verordnet. / Foto: Adobe Stock/EKKAPON
Seitdem Dronabinol 1998 verkehrs- und verschreibungsfähiges Arzneimittel wurde und mit dem anschließenden Einzug öliger Dronabinol-Tropfen in das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) im Jahr 2001, ist die Herstellung Dronabinol-haltiger Zubereitungen in der Apotheke möglich. Dronabinol, auch bekannt als Tetrahydrocannabinol (THC), ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Cannabinoide, der unmittelbar aus Drogenhanf der Cannabispflanze (Cannabis sativa L.) gewonnen werden kann. Es wird unter anderem als Antiemetikum, Appetitstimulans, Muskelrelaxans bei Multipler Sklerose oder in besonderen Fällen als Analgetikum bei chronischen Schmerzen eingesetzt. Da Dronabinol zu den psychoaktiven Cannbinoiden zählt, fällt es unter betäubungsmittelrechtliche Rahmenbedingen – auch in der Rezeptur.
Dronabinol liegt bei Raumtemperatur als gelbliches Harz vor und ist stark lipophil. Es ist zudem ausgesprochen oxidations- und lichtempfindlich. Diese Eigenschaften stellt das pharmazeutische Personal in der Rezeptur vor besondere Herausforderung. Generell sollte mit Dronabinol möglichst zügig gearbeitet werden, um Qualitätsverluste durch Oxidation zu vermeiden.
Bevor jedoch eine Dronabinol-haltige Rezeptur hergestellt werden kann, muss das Dronabinol wie anderen Rezeptursubstanzen auch auf Identität überprüft werden. Für die Identitätsprüfung bieten sich gleich mehrere Optionen an. Teststreifen oder Testkassetten benötigen zum Nachweis nur eine Kleinstmenge Dronabinol in ethanolischer Lösung. Sie funktionieren ähnlich wie Schwangerschaftstest. Handelt es sich bei der Prüfsubstanz tatsächlich um Dronabinol, wird dies durch eine entsprechende Linie auf den Teststreifen beziehungsweise der Testkassette angezeigt. Eine andere Variante ist der sogenannte Schütteltest. Dabei wird eine kleine Menge Dronabinol in die Prüflösung überführt und nach entsprechender Aufbereitung mithilfe einer Farbreaktion nachgewiesen. In der Praxis liefert der Hersteller mit dem Wirkstoff meist gleichzeitig das Schnelltestkit mit.
Der Arzt verordnet Dronabinol entweder als Tropfen oder Kapseln. Am gängigsten ist die Tropfenform. Hierbei wird das Dronabinol in einer öligen Trägersubstanz gelöst. Das NRF führt hier eine Vorschrift zur Herstellung einer Lösung mit einer Konzentration von 25 mg/mL an (NRF 22.8.). Die Konzentration kann je nach Verordnung verändert werden. Konzentrationen bis zu 75 mg/mL sind hierbei plausibel.
Die Trägerlösung besteht aus mittelkettigen Triglyceriden, die als Antioxidationsmittel Palmitoylsäure enthalten. Es besteht die Möglichkeit, die Trägerlösung selbst herzustellen. Im Sinne der Zeiteffizienz und Arbeitserleichterung bietet es sich allerdings an, diese fertig zu kaufen. Sie sollte zu Beginn auf der Heizplatte auf circa 60 bis 70 °C erwärmt werden, weil sich so das Dronabinol schneller darin löst (im Sinne des zügigen Arbeitens). Alternativ kann man auch auf dem Wasserbad arbeiten, muss aber dabei genauestens darauf achten, dass kein Wasser in die Zubereitung gerät. Um eine reibungsfreie Herstellung gewährleisten zu können, empfiehlt es sich, vorab Heizplatte mit Magnetrührer, Föhn und ein Becherglas mit Glasstab tariert auf der Analysenwaage bereitzustellen.
Im nächsten Schritt wird mit dem Föhn das meist in einer Spritze vorliegende Dronabinol so lange erwärmt, bis es eine honigartige Konsistenz annimmt. Vorsicht: Dronabinol kann gegebenenfalls aus der Spritze austreten. Um das zu verhindern, den Spritzenkolben zugbereit halten, um ihn bei Bedarf schnell nach hinten ziehen zu können. Im Anschluss wird die benötigte Menge möglichst weit unten auf den Glasstab aufgebracht. Alternativ kann man auch ohne Glasstab arbeiten, sollte aber darauf achten, das Dronabinol möglichst an den Becherglasboden zu bringen, weil Wirkstoffreste an der Becherglaswand erfahrungsgemäß schwer in Lösung zu bringen sind. In jeden Fall sollten Herstellende vor der Einwaage unbedingt prüfen, ob für das vorliegende Dronabinol ein Einwaagekorrekturfaktor angegeben ist.
Wird nur eine Wirkstoffteilmenge einer Spritze verwendet, sollte das herstellende Personal unbedingt darauf achten, keine Luft in die Spritze einzuziehen. Ansonsten besteht die Gefahr der Oxidation. Unmittelbar nach Einwiegen des Dronabinols ist die Spritze wieder gut zu verschließen.
Bei der Zugabe der Trägerlösung zum eingewogenen Wirkstoff empfiehlt es sich, zunächst 75 Prozent der benötigten Menge Trägerlösung einzuwiegen und im Anschluss auf der Heizplatte so lange zu rühren, bis eine schlierenfreie, gelbliche Lösung entsteht. Diese füllt man ins Endbehältnis um, wiegt die verbleibende Menge Trägerlösung in das Becherglas ein und spült es damit nach, um das Dronabinol so möglichst quantitativ ins Endbehältnis überführen zu können. Keine Bange bei der Dokumentation nach Betäubungsmittelgesetz: Ein Dronabinol-Mehrverbrauch bis zu 10 Prozent lässt sich herstellungstechnisch problemlos begründen.
Als Endbehältnis bieten sich Tropfflaschen aus Braunglas mit Dosierpumpe an. Diese Variante vereint Dosiergenauigkeit, einfaches Handling und im Vergleich zum Senkrechttropfer spart man sich zudem das Eintropfen mit Miglyol®. Kleine Gedankenstütze: Drei Hübe entsprechen 2,5 mg Dronabinol.
Eine weitere Möglichkeit, Dronabinol in eine Arzneiform zu verpacken, bieten Kapseln. Hier lässt sich eine Vorschrift unter NRF 22.7 finden. Auch in diesem Fall wird der Wirkstoff in eine lipohile Trägersubstanz überführt, hier jedoch Hartfett. In der Praxis gibt es die Möglichkeit, das mit Palmitoylsäure stabilisierte Hartfett (zum Beispiel Softisan®378) zu verwenden oder es selbst herzustellen.
Eine Schwierigkeit, die sich bei der Kapselherstellung ergibt, ist die Notwendigkeit des Füllstoffüberschusses. Nicht immer liefern die Hersteller Wirkstoffmengen mit einem kleinen Überschuss, weswegen in diesem Fall mit dem Arzt Rücksprache zu halten ist, dass nur 97 oder 98 Kapseln hergestellt werden können. Eine andere Lösung für dieses Problem böte auch die Verwendung von Mehrportionsspritzen. Ganz falsch wäre jedoch, einfach mehr Hartfett zu verwenden, weil man so faktisch unterdosiert.
Zur Herstellung der Kapseln wird zunächst die benötigte Menge Kapseln in der Kapselmaschine vorbereitet, das Hartfett geschmolzen und konstant auf 35 bis 45 °C warmgehalten. In ein separates, mit Glasstab tariertes Becherglas wird Dronabinol eingewogen und anschließend mit der benötigten Menge Hartfett aufgewogen. Das Hartfett-Dronabinol-Gemisch wird so lange erwärmt und gerührt, bis eine klare, gelbliche Lösung entsteht. Nun gilt es, die Kapselhüllen möglichst zügig und gleichmäßig mit der Lösung zu befüllen. Hierfür bieten sich zwei Möglichkeiten an: entweder die Verwendung einer 1 mL-Spritze, wobei man eine Füllung für zwei Kapseln verwendet, oder das Arbeiten mit einer halbautomatischen Pipette, mit der man ein exakt abgemessenes Volumen abfüllen kann. Letzteres ist komfortabler und sicherlich auch genauer, allerdings schlagen solche Pipetten mit hohen Preisen zu Buche.
Die Kapseln sollen nach Befüllung eine plane oder leicht konkave Flüssigkeitsoberfläche aufweisen. In keinem Fall darf man eine Kapsel nachträglich auffüllen. Die Kapseln gut abkühlen lassen und erst schließen, wenn die Masse erstarrt ist, erkennbar an einer gleichmäßig matten Erscheinung. Abzufüllen sind die Kapseln in eine Weithalsflasche aus Braunglas mit Schraubdeckel, um möglichst wenig Licht an die Zubereitung kommen zu lassen.
Bei der Abgabe der fertigen Zubereitung sollte das pharmazeutische Personal unbedingt ein paar Aspekte gegenüber dem Kunden zur Sprache bringen: Bei Tropfen gilt es, die Dosierpumpe genau zu erklären. Denn aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Nasentropfenflaschen kommt es in der Praxis durchaus vor, dass Kunden die Flasche fälschlicherweise wie ein solches anwenden. Dronabinol-Tropfen sind jedoch zur oralen Einnahme bestimmt. Betroffene sollten die Tropfen keinesfalls in Wasser geben, weil sie aufgrund ihrer Lipophilie oben aufschwimmen und meist als Film im Glas zurückbleiben. Als besserer Arzneimittelträger bietet sich ein Stück Brot oder Zucker oder auch ein Keks an. Vor allem zu Beginn einer Therapie sollten Patienten unbedingt auf gleiche Einnahmegewohnheiten achten, um einen gleichmäßigen Wirkspiegel zu erreichen und zu halten. Gleiches gilt auch für Kapseln.