Effizient und sicher in der Rezeptur |
Verena Schmidt |
14.10.2024 09:46 Uhr |
Mehr Prozesssicherheit in der Rezeptur: Dr. Julia Potschadel gab in ihrem Vortrag nützliche Tipps und Tricks. / © PZ/Schmidt
»Jede Individualrezeptur ist erst mal wie ein kleiner Berg, der vor Ihnen liegt«, zog Potschadel einen Vergleich. Es gehe darum, sich bei der Besteigung abzusichern, Haken in die Wand zu schlagen und vielleicht eine zweite Person zur Unterstützung hinzuzunehmen, verdeutlichte sie.
Es habe sich gezeigt, dass in Apotheken, in denen bereits die Annahme einer Rezeptur im Team standardisiert abläuft, viele Fragen nicht mehr aufkommen, so der Rezepturcoach. Die Kammer Nordrhein beispielsweise hat eine Checkliste für Fragen bei der Rezepturannahme entwickelt. Potschadel riet, sich zu fragen: »Was sind wichtige Informationen, die ich bei der Annahme direkt klären kann?« Als Beispiele nannte sie etwa die Fragen nach der Telefonnummer des Patienten, um ihn bei Rückfragen kontaktieren zu können, nach Allergien und ob der Patient überhaupt wisse, wie die Rezeptur anzuwenden ist.
Um bei der Plausibilitätsprüfung nicht zu viel Zeit aufwenden zu müssen, sollte man sich an Standards orientieren, so die Apothekerin. Es sei wichtig zu wissen, wo man Informationen findet und welche Literatur hilfreich ist. Als Beispiele nannte Potschadel unter anderem das NRF für Ärzte, das Kinderformularium sowie den NRF-Rezepturenfinder inklusive Ampelsystem, das zeigt, ob eine Rezeptur überhaupt machbar ist.
Weiter sei es im Prozess wichtig, die Übersicht zu behalten. Prozesse und Verantwortlichkeiten sollten im Qualitätsmanagement festgeschrieben sein, ebenso absolute Verbote wie etwa Substanzen zu mischen oder Chargen beim Umfüllen miteinander zu kombinieren. »Die Arbeitsprozesse müssen so eindeutig sein, dass auch jemand, der nur sehr selten in der Rezeptur ist, weiß, was er oder sie zu tun hat«, so Potschadel.
Bei bestimmten Prozessen wie etwa der Substanzauswahl lohne es sich, immer ein Vieraugenprinzip anzuwenden. Hilfreich könne hier außerdem eine Farbcodierung und das sogenannte Tallman Lettering sein, das etwa in der Notfallmedizin angewendet wird. Dabei werden zur besseren Unterscheidung unterschiedliche Wortteile in Großbuchstaben geschrieben (zum Beispiel PropaFENON und PropraNOLOL).
Die Apothekerin empfahl weiter, von links nach rechts zu arbeiten. Das funktioniere meist gut, vor allem, wenn man während der Herstellung unterbrochen wird. Auch könne man spezifische In-Prozess-Kontrollen etablieren: Bei Substanzen mit Tensideigenschaften wie Benzalkoniumchlorid könne man etwa die konzentrationsabhängige Schaumbildung nutzen. Potschadel empfahl, eine Versuchsreihe mit mehreren Konzentrationen anzulegen, diese zu fotografieren und die Bilder für Vergleiche abzulegen.
»Wenn ich weiß, wo der Prozess unsicher ist, kann ich ihn absichern und an diesen Stellen ein Vieraugenprinzip einführen«, fasste Potschadel zusammen. Sinnvoll ist dieses Prinzip aus ihrer Sicht vor allem bei Rechnungen, der Substanzauswahl, kritischen Herstellungsschritten, Endkontrollen und dem Etikett.