Ein Antimykotikum, ein Orphan Drug |
Sven Siebenand |
26.03.2024 08:30 Uhr |
Invasive Infektionen mit dem Hefepilz Candida treten vor allem bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem auf. Sie nehmen oft einen schweren, lebensbedrohlichen Verlauf. / Foto: Adobe Stock/Dr_Microbe
Die invasive Candidose ist eine schwere, lebensbedrohliche Infektion der Blutbahn und/oder des tiefen/viszeralen Gewebes. Trotz einer Reihe von Therapieoptionen ist die Sterblichkeitsrate sehr hoch. Der neue Wirkstoff Rezafungin (Rezzayo® Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Mundipharma) ist für die Behandlung der invasiven Candida-Infektion bei Erwachsenen zugelassen.
Das Antimykotikum ist ein weiterer Vertreter aus der Klasse der Echinocandine. Auch die Pilzmittel Caspofungin, Micafungin und Anidulafungin gehören zu dieser Gruppe. Echinocandine hemmen die 1,3-β-D-Glucansynthase von Pilzen. Dadurch wird kein 1,3-β-D-Glucan gebildet, welches aber ein essenzieller Bestandteil der Zellwand von Pilzen ist. Dies führt zu einer schnellen und konzentrationsabhängigen fungiziden Aktivität in Candida-Arten.
Wie andere Echinocandine wird auch Rezafungin infundiert. Dies erfolgt jedoch nur einmal wöchentlich. Am ersten Tag wird eine Initialdosis von 400 mg als Einzelgabe angewendet, gefolgt von 200 mg an Tag 8 und anschließend einmal wöchentlich. Die Infusion soll langsam über einen Zeitraum von circa einer Stunde verabreicht werden. Die Dauer der Behandlung sollte sich nach dem klinischen und mikrobiologischen Ansprechen des Patienten richten. Im Allgemeinen sollte die Therapie über mindestens 14 Tage nach dem letzten Tag, an dem Candida im Blut nachgewiesen wurde, fortgesetzt werden.
Sehr häufige Nebenwirkungen von Rezafungin sind Hypokaliämie, Durchfall und Fieber. Gesonderte Warnhinweise in der Fachinformation von Rezzayo sind unter anderem zu den Themen »Wirkungen auf die Leber«, »infusionsbedingte Reaktionen« und »Phototoxizität« zu finden.
Bei Schwangeren wird Rezafungin nicht empfohlen, es sei denn, der Nutzen überwiegt gegenüber den potenziellen Risiken für den Fötus. Bei Stillenden ist zu entscheiden, ob das Stillen unterbrochen oder ob auf Rezafungin verzichtet wird.
Bislang war die Therapie der schweren neurodegenerativen Erkrankung Friedreich-Ataxie auf symptomorientierte Maßnahmen sowie die Behandlung von Begleiterkrankungen beschränkt. Mit Skyclarys™ Hartkapseln von Biogen steht nun erstmals eine zugelassene Therapieoption für die Behandlung der Erkrankung bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jahren in Deutschland zur Verfügung. Enthalten ist in dem Medikament der neue Wirkstoff Omaveloxolon.
Die vom Mediziner Nikolaus Friedreich erstmals beschriebene und deshalb nach ihm benannte Erkrankung ist eine Erbkrankheit, die das Nervensystem schädigt, was zu Koordinierungs-, Gleichgewichts- und Bewegungsstörungen sowie zu Müdigkeit, Schwierigkeiten beim Sprechen sowie einem erhöhten Risiko für Kardiomyopathie und Diabetes führt. Einer von etwa 50.000 Menschen ist davon betroffen.
Wie das Orphan Drug Omaveloxolon genau bei dieser Erkrankung wirkt, ist bis dato unbekannt. Der Wirkstoff aktiviert den sogenannten Nrf2-Signalweg, der den Zellen hilft, auf oxidativen Stress zu reagieren. Es wird vermutet, dass dies eine wichtige Rolle spielt für die Wirksamkeit von Omaveloxolon bei der Friedreich-Ataxie. Denn es gibt Hinweise darauf, dass bei betroffenen Menschen Konzentration und Aktivität von Nrf2 schwächer sind.
Skyclarys ist einmal täglich einzunehmen. Die empfohlene Dosis ist 150 mg, also drei Hartkapseln mit je 50 mg. Diese sollten Patienten auf nüchternen Magen mindestens eine Stunde vor oder zwei Stunden nach einer Mahlzeit schlucken. Bei Patienten, die die Kapseln nicht im Ganzen schlucken können, ist es möglich, diese zu öffnen und den Inhalt auf zwei Esslöffel Apfelmus gestreut einzunehmen.
Bei mäßiger Leberfunktionsstörung sollte die tägliche Dosis auf 100 mg reduziert werden. Treten bei dieser Dosierung Nebenwirkungen auf, ist eine Reduzierung auf 50 mg pro Tag zu erwägen. Bei schwerer Leberfunktionsstörung ist die Anwendung von Omaveloxolon zu vermeiden.
Die gleichzeitige Behandlung mit moderaten oder starken CYP3A4-Hemmern wird nicht empfohlen. Wenn dies nicht zu vermeiden ist, wird die Dosis von Omaveloxolon reduziert. Details dazu finden sich in der Fachinformation des Präparats. Dort wird zudem mitgeteilt, dass die gleichzeitige Anwendung von starken oder moderaten CYP3A4-Induktoren zu vermeiden ist, weil diese den Wirkspiegel von Omaveloxolon deutlich herabsetzen können. Es sollten nach Möglichkeit andere Arzneimittel in Erwägung gezogen werden.
Sehr häufige Nebenwirkungen des neuen Medikaments sind erhöhte Konzentrationen von Leberenzymen, Kopfschmerzen, Gewichtsverlust, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Müdigkeit, Mund- und Rachenschmerzen, Rückenschmerzen, Muskelspasmen, Grippe und Appetitverlust.
Skyclarys soll während Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, nicht angewendet werden. Zudem teilt die Fachinformation mit, dass Omaveloxolon die Wirksamkeit von hormonellen Kontrazeptiva herabsetzen kann. Patientinnen, die hormonelle Kontrazeptiva anwenden, ist zu raten, während der gleichzeitigen Anwendung von Skyclarys und für 28 Tage nach dessen Absetzen eine alternative Verhütungsmethode zu nutzen.