Ein doppelter Mantel für Curcumin |
Curcuma gehört wie Ingwer zu den Zingiberaceae. Die enthaltenen Scharfstoffe sind therapeutisch interessant. / © Getty Images/Liudmila Chernetska
Hierzulande kennt man Curcuma vor allem als Gewürz, und zwar als Bestandteil von Curry-Mischungen, bei denen es für die stark gelbe Farbe des Pulvers verantwortlich ist. Traditionell werden Curcuma-Extrakte von Curcumae longae oder Curcumae zanthorrhizae bei Verdauungsstörungen wie Völlegefühl oder Blähungen verwendet. Eine größere Bedeutung hat der Curcumawurzelstock in der ayurvedischen und traditionellen chinesischen Medizin: Dort kommt er bereits seit Jahrtausenden bei entzündlichen Erkrankungen wie aus dem rheumatischen Formenkreis, Verdauungsbeschwerden und Atemwegserkrankungen zum Einsatz.
Zwei Inhaltsstoffgruppen sind pharmazeutisch von Interesse: Die geruchsbestimmenden ätherischen Öle und vor allem die Curcuminoide, die dem Wurzelstock seine Schärfe verleihen. Hauptbestandteil dieser Gruppe von phenolischen Substanzen ist das Curcumin. Es ist pharmakologisch umfangreich untersucht.
Während In-vitro-Daten für die Curcuminoide ziemlich vielversprechend sind – besonders das antiinflammatorische, antiproliferative und antioxidative Potenzial ist von Interesse –, zeigt sich klinisch deutlich seltener eine Wirkung. Vermutlich liegt das an der extrem schlechten Wasserlöslichkeit der Curcuminoide von nur etwa 260 Nanogramm pro Milliliter Wasser. Die phenolischen Substanzen können deshalb im Magen-Darm-Trakt nur schlecht resorbiert werden. Die Bioverfügbarkeit liegt unter einem Prozent. Daraus folgt: Die Anwendung in Form eines Teeauszugs ist nicht sinnvoll, da die wirksamen Inhaltsstoffe überhaupt nicht in Lösung gehen können.
»Wenn man bei einer Substanz mit so niedriger Bioverfügbarkeit möchte, dass systemische Effekte zum Tragen kommen, muss man dafür sorgen, dass die Inhaltsstoffe überhaupt im Organismus ankommen. Um die Bioverfügbarkeit von Kurkuma-Extrakt zu steigern, muss man spezielle Aufbereitungsverfahren einsetzen«, sagte Professorin Dr. Susanne Alban von der Universität Kiel bei einer digitalen Presseveranstaltung des Naturheilmittel- und Mikronährstoff-Herstellers Hevert-Arzneimittel.
Die älteste Methode zur Löslichkeitsverbesserung von Curcuma-Extrakt sei der Zusatz synthetischer Emulgatoren wie Polysorbate oder den Bio-Enhancer Piperin aus schwarzem Pfeffer – beides Substanzen, die zunehmend kritisch beurteilt würden, informierte die Apothekerin und Professorin für pharmazeutische Biologie. »Neuer sind Ansätze, die Bioverfügbarkeit mit Liposomen, anderen mizellenartigen Verabreichungsformen oder Nano-Applikationen zu verbessern – wobei niemand weiß, wie es um die Sicherheit von Nanopartikeln bestellt ist.« Das neu entwickelte Dual-Coating-Verfahren bezeichnete sie dagegen als spannend und sehr interessant, weil es ohne bedenkliche Zusatzstoffe auskommt. Es kommt bei dem Nahrungsergänzungsmittel Curcumin Hevert Optisolv® zum Einsatz.
David Ofner von Evanium Healthcare erklärte bei der gleichen Veranstaltung seine neue technologische Methode. Die doppelte Ummantelung basiert auf dem Einsatz von Cyclodextrinen, also ringförmigen Zuckermolekülen. »Cyclodextrine können schwerlösliche Gast-Substanzen einschließen und damit wie ein trojanisches Pferd fungieren.« In ihren hydrophoben Hohlräumen schließen sie die apolaren Curcumin-Moleküle ein; ihre hydrophile Hülle macht es möglich, dass eigentlich unlösliche Substanzen zu gut löslichen Komplexen werden.
Doch ein zweiter Überzug wird notwendig. »Native Cyclodextrine neigen zur Reagglomeration und zur Ausflockung. Zusätzlich bilden Curcuminoide dicht gepackte Kristallgitter aus, die die Wassermoleküle kaum durchbrechen könnten. Damit die Komplexe nicht zusammenklumpen können und sie stabil in Lösung bleiben, haben wir an einer zweiten Beschichtung gearbeitet«, stellte Ofner seine Entwicklung vor.
Nach seinen Ausführungen besteht der zweite Überzug aus Maisstärke und Phospholipiden aus Sonnenblumen. »Das bringt die mit Curcumin beladenen Cyclodextrin-Komplexe komplett in Lösung, weil diese zusätzliche Schutzschicht die Clusterstruktur aufbricht und deren Zusammenklumpen verhindert. So können die Komplexe komplett und stabil in Lösung gehen. Dieses Verfahren erhöht die Freisetzung von Curcuminoiden während des Verdauungsprozesses um mehr als das 1000-Fache im Vergleich zu nativen Curcuma-Extrakten«, so Ofner.
Ofner legte Wert darauf, dass die technologisch bessere Nutzung von Cyclodextrinen auf rein natürlichen, essbaren Ausgangsstoffen – Mais und Phospholipiden – basiert. »Ein wesentlicher Vorteil im Vergleich zu anderen auf dem Markt verfügbaren Curcuma-haltigen Präparaten, die zur Löslichkeitsverbesserung Polysorbate oder Piperin zusetzen.«
Professor Dr. Werner Kunz, Leiter des Zentrums für nachhaltige Chemie der Universität Regensburg, erklärte, wieso. »Polysorbate sind Ethylenglycol-Ether vom Sorbitol und damit erdölbasiert. Die ungeklärte Frage nach der Toxizität macht sie vor allen Dingen für den Lebensmittelbereich zunehmend unattraktiv. Binnen der kommenden zehn Jahre werden Polysorbate komplett aus dem Nahrungsmittelbereich verschwinden.« Einige Untersuchungen zeigten, dass sie ihre emulgierenden Effekte im Prinzip auch auf der Darmschleimhaut entfalten und die Darmbarriere schwächen können.
Piperin als Inhaltsstoff des schwarzen Pfeffers steigere zwar die Bioverfügbarkeit von Curcumin um etwa den Faktor 20. Doch weil Piperin gleichzeitig ein starker Inhibitor von Cytochrom CYP3A4 ist, das den Abbau vieler Arzneistoffe regelt, und es damit zu unerwünschten Wechselwirkungen mit der sonstigen Medikation führen kann, sei es als Zusatzstoff in Nahrungsergänzungsmitteln nicht akzeptabel.
Kurkuma wurde bereits kurz nach seiner Entdeckung verwendet, um den deutlich teureren Safran zu fälschen. In gepulverter Form ist zwischen den beiden Gewürzen kaum ein Unterschied zu erkennen, allerdings unterscheiden sie sich deutlich in Geruch und Geschmack. Daher wird Kurkuma oft auch nur zum Strecken von Safranpulver verwendet.
Die Labor-affine PTA weiß Rat, denn der Verschnitt lässt sich relativ leicht nachweisen: Bei Zugabe von Natronlauge bleibt die Farbe von Safran stabil. Kurkuma färbt sich dagegen rot, was durch eine unterschiedliche Stabilität der Farbstoffe im alkalischen Milieu begründet ist.