Ein Trio für Mitte März |
Sven Siebenand |
28.03.2025 08:00 Uhr |
Der neue Antikörper Nemolizumab ist unter anderem zur Therapie der atopischen Dermatitis zugelassen. Er blockiert den Rezeptor für das Zytokin IL-31, das etwa Juckreiz auslöst. / © Getty Images/Kinga Krzeminska
Die atopische Dermatitis (Neurodermitis) als chronische und schubweise verlaufende entzündliche Hauterkrankung, die durch anhaltenden Juckreiz und wiederkehrende Hautläsionen gekennzeichnet ist, ist weitgehend bekannt. Prurigo nodularis kennen dagegen weniger Menschen. Es handelt sich ebenso um eine chronische Hauterkrankung. Sie ist durch intensiven Juckreiz und Hautknoten gekennzeichnet, die große Körperbereiche bedecken.
Der neue Antikörper Nemolizumab (Nemluvio® 30 mg Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung im Fertigpen/in einer Fertigspritze, Galderma) ist bei beiden Erkrankungen zugelassen: zum einen zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis bei Patienten ab zwölf Jahren, wenn sie für eine systemische Therapie in Betracht kommen. Zum anderen darf der Wirkstoff zur Behandlung von Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Prurigo nodularis angewendet werden, wenn diese Kandidaten für eine systemische Therapie sind.
Nemolizumab ist der erste zugelassene Antikörper, der spezifisch den Interleukin-(IL-)31-Rezeptor alpha blockiert und somit die Signalübertragung von IL-31 hemmt. IL-31 ist ein Zytokin, das Juckreiz verursacht und an Entzündungen sowie der Störung der Hautbarriere bei atopischer Dermatitis und Prurigo nodularis beteiligt ist. IL-31 wird häufig auch als Pruritus-IL bezeichnet.
Die empfohlene Dosis von Nemolizumab bei atopischer Dermatitis ist eine Anfangsdosis von 60 mg (zwei 30-mg-Injektionen), gefolgt von 30 mg alle vier Wochen. Nach 16 Behandlungswochen beträgt die empfohlene Erhaltungsdosis für Patienten, die auf die Therapie angesprochen haben, 30 mg alle acht Wochen. Patienten mit Prurigo nodularis mit einem Körpergewicht unter 90 kg wird zu einer Anfangsdosis von 60 mg (zwei 30-mg-Injektionen), gefolgt von 30 mg alle vier Wochen geraten. Die empfohlene Dosis für Patienten mit einem Gewicht ab 90 kg ist eine Anfangsdosis von 60 mg (zwei 30-mg-Injektionen), gefolgt von 60 mg alle vier Wochen.
Die subkutane Injektion sollte jeweils oben vorne in den Oberschenkel oder in den Bauch erfolgen. Nach einer entsprechenden Schulung können sich die Patienten das Medikament auch selbst verabreichen. PTA und Apotheker können bei der Abgabe von Nemluvio dazu raten, es nicht in Hautbereiche zu injizieren, die schmerzempfindlich, entzündet, geschwollen oder geschädigt sind. Auch in blaue Flecken, Narben oder offene Wunden dürfen sie nicht spritzen.
Die häufigsten Nebenwirkungen bei atopischer Dermatitis und Prurigo nodularis sind Typ-I-Überempfindlichkeitsreaktionen und Reaktionen an der Injektionsstelle. Weitere Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Ekzem wurden bei Prurigo nodularis berichtet.
Lebendimpfstoffe sollen nicht gleichzeitig mit Nemolizumab verabreicht werden, heißt es in der Fachinformation. Aus Vorsichtsgründen soll eine Anwendung des Antikörpers bei Schwangeren vermieden werden. Und in den ersten Tagen nach der Geburt kann es zu einer Übertragung von IgG-Antikörpern auf das Neugeborene über die Muttermilch kommen. In diesem Zeitraum kann ein Risiko für das gestillte Kind deshalb nicht ausgeschlossen werden. Danach könnte Nemolizumab während der Stillzeit angewendet werden, wenn dies aus klinischer Sicht notwendig ist. Nemluvio wird im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C gelagert, sollte aber 30 bis 45 Minuten vor der Rekonstitution aus dem Kühlschrank genommen werden und bei Raumtemperatur appliziert werden.
Die primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine seltene chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung der Leber, bei der die Gallengänge der Leber geschädigt werden. Dadurch kommt es zum Rückstau der Gallenflüssigkeit in die Leber, im Laufe der Erkrankung dann zu Fibrose und Zirrhose. Mittel der ersten Wahl in der PBC-Behandlung ist Ursodesoxycholsäure (UDCA). Rund 40 Prozent der Betroffenen sprechen aber darauf nicht ausreichend an, weshalb Ärzte spätestens nach einem Jahr prüfen sollten, ob eine zusätzliche Therapie mit einem weiteren Wirkstoff sinnvoll ist.
Im vergangenen Jahr wurde die Zulassung der Zweitlinientherapie mit Obeticholsäure aufgrund eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnisses widerrufen. Andererseits kam vor einigen Monaten der Wirkstoff Elafibranor als neue Therapieoption auf den deutschen Markt. Indiziert ist dieser bei Erwachsenen für die PBC-Behandlung in Kombination mit UDCA, wenn die Patienten nicht ausreichend auf UDCA allein ansprechen. Bei Patienten, die UDCA nicht vertragen, ist auch eine Monotherapie mit Elafibranor möglich. Der neue Wirkstoff Seladelpar (Seladelpar Gilead 10 mg Hartkapseln, Gilead) weist das identische Anwendungsgebiet auf.
Auch hinsichtlich des Wirkmechanismus gibt es große Parallelen zwischen Elafibranor und Seladelpar. Elafibranor ist ein Agonist an den Peroxisomen-Proliferator-aktivierten Rezeptoren (PPAR) α und δ. Seladelpar ist ein reiner PPAR-δ-Agonist. Die Aktivierung von PPAR-δ verringert die Gallensäuresynthese in der Leber. Dies führt zu einer niedrigeren Exposition gegenüber Gallensäure in der Leber und zu verminderten Konzentrationen der zirkulierenden Gallensäure.
Die empfohlene Dosis Seladelpar beträgt 10 mg einmal täglich. Nicht empfohlen wird die Anwendung bei schwerer Leberfunktionsstörung. Eine Beurteilung der Leberfunktion sowohl klinisch als auch laborchemisch sollte vor Beginn der Behandlung und danach regelmäßig erfolgen. Werden Erhöhungen der Leberwerte und/oder Leberfunktionsstörungen beobachtet, sollte der Arzt eine Unterbrechung der Behandlung in Betracht ziehen. Eine sehr häufig beobachtete Nebenwirkung von Seladelpar ist Bauchschmerz, häufig berichtet wurden außerdem Kopfschmerz, Übelkeit und aufgeblähter Bauch.
Die gleichzeitige Anwendung von Seladelpar zusammen mit Probenecid wird nicht empfohlen. Zudem können Gallensäure-bindende Harze wie Cholestyramin, Colestipol oder Colesevelam die Absorption anderer, gleichzeitig angewendeter Arzneimittel verringern. Seladelpar sollte deshalb mindestens vier Stunden vor oder vier Stunden nach der Einnahme eines Gallensäure-bindenden Harzes eingenommen werden. Aus Vorsichtsgründen sollte Seladelpar bei Schwangeren nicht zum Einsatz kommen. In der Stillzeit ist zu entscheiden, ob die Frau das Stillen oder die Seladelpar-Therapie unterbricht.
Der Molybdän-Cofaktor-Mangel (MoCD) ist eine schwere erblich bedingte Erkrankung, die glücklicherweise aber sehr selten auftritt. Bei MoCD Typ A kommt es zu Funktionsverlust-Mutationen in einem Gen, das für das Molybdän-Cofaktor-Biosyntheseprotein 1 (MOCS1) kodiert. Fehlt MOCS, dann kann der Körper auch das Zwischenprodukt zyklisches Pyranopterinmonophosphat (cPMP) nicht bilden. Dadurch ist wiederum der Molybdän-Cofaktor-(MoCo-)Stoffwechselweg gehemmt, was einen Mangel an funktionsfähiger Sulfitoxidase nach sich zieht und eine Anhäufung von toxischen Sulfiten im Gehirn bedingt.
Mit Fosdenopterin (Nulibry® 9,5 mg Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung, TMC Pharma) ist in Deutschland nun erstmals eine zugelassene Behandlungsoption für MoCD verfügbar. Indiziert ist der neue Wirkstoff zur Behandlung von Patienten mit MoCD Typ A. Bei Fosdenopterin handelt es sich um eine Substratersatztherapie, eine synthetische Form von cPMP. Diese wird zunächst zu Molybdopterin und dann zum MoCo umgewandelt, der wie gesagt für die Aktivierung von Molybdän-abhängigen Enzymen benötigt wird, darunter das Enzym Sulfitoxidase, das die Konzentration der neurotoxischen Sulfite senkt.
Nulibry wird einmal täglich intravenös verabreicht. Die empfohlene Dosis beträgt ab einem Alter von einem Jahr 0,9 mg pro kg Körpergewicht. Bei Patienten, die jünger als ein Jahr sind, wird die empfohlene Dosis basierend auf dem Gestationsalter titriert. Die Fachinformation liefert hierzu weitere Details.
Sehr häufige Nebenwirkungen des Orphan Drugs sind Komplikationen im Zusammenhang mit dem Katheter, der das Arzneimittel abgibt. Zudem ist bei mit Fosdenopterin behandelten Patienten zu berücksichtigen, dass sie die Exposition gegenüber direktem Sonnenlicht und künstlichem UV-Licht meiden oder minimieren und Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen, da Lichtempfindlichkeit ein potenzielles Risiko von Nulibry darstellt.