Eindrücke vom Protest in Hannover |
»Starke Apotheken, starke Gesundheit« war das Motto der Kundgebung. / © PZ/H+ttemann
Leider hat sich für die Apothekenteams nichts zum Positiven geändert, seit sie im letzten Jahr protestiert hatten. Trotzdem oder gerade deshalb waren nach Schätzungen der Polizei rund 500 Leute zur Kundgebung am 6. November gekommen – und auch die Medien und Landespolitik waren prominent vertreten.
»Das alles und noch viel mehr würd’ ich machen, wenn ich Gesundheitsminister von Deutschland wär’«, eröffnete Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) seinen Auftritt. Denn im Gegensatz zu seinem ärztlichen Parteikollegen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sehe er die Apotheken als »Rückgrat des Gesundheitswesens«. Als erste Anlaufstelle und Ort des Vertrauens leisteten sie mehr als Arzneimittelversorgung, nämlich schnelle und niedrigschwellige Hilfe rund um die Uhr, jeden Tag im Jahr. »Das kann der Versandhandel nicht leisten«, betonte Philippi. »Es ist essenziell, dass wir dieses (noch) tragfähige Netz erhalten.«
Die Herausforderungen seien leider nicht kleiner geworden – die Apothekenschließungen, das Skonto-Urteil und der zuletzt abgeschlossene Tarifvertrag zeigten, dass die wirtschaftlichen Kapazitäten der Apotheken ausgeschöpft seien. »Vor allem brauchen wir jetzt keine ›Apotheken light‹, sondern eine schnelle und nachhaltige Anpassung des Apothekenhonorars«, so Philippi. Er habe an Lauterbach geschrieben, um schnellstmöglich eine Änderung der Arzneimittel-Preisverordnung herbeizuführen. Dafür wolle er sich weiter einsetzen, versprach er.
Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des ausrichtenden Landesapothekerverbands Niedersachsen, freute sich über die Unterstützung und betonte die gute Zusammenarbeit auf Landesebene. Zugleich fand er deutliche Worte für die bedrohliche Lage und den Stillstand in Sachen Honorar und Wertschätzung seitens der Bundesregierung. »Stand April schrieben 10 Prozent der Apotheken rote Zahlen – mittlerweile dürften es allein durch das Skonto-Urteil noch mehr sein«, so Groeneveld.
»Wir brauchen jetzt eine Erhöhung und Dynamisierung unseres Fixums, eine Kompensation für das Skonti-Urteil und Soforthilfen«, forderte der LAV-Chef. Er appellierte an die Politik, ein echtes Apotheken-Finanz-Stabilisierungsgesetz aufzulegen. Jahrelang hätten die Apotheken Gesundheitsreform für Gesundheitsreform kompensiert. »Alles was jetzt kommt, wird spürbare Auswirkungen für die Patienten haben. Wir kämpfen um unser letztes Hemd.«
Konstantin Kuhle, Landesvorsitzender der FDP Niedersachsen und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, lobte, dass die Apotheken ihrem Ärger und ihrem Anliegen in dieser Form Luft machten. »Wir müssen uns nicht in allem einig sein«, sagte er und betonte zugleich, die Politik könne die Apotheken nicht vor der Digitalisierung schützen, womit wohl der Versandhandel gemeint war.
Zugleich sprach er sich für eine flächendeckende hochqualifizierte Versorgung und Beratung aus. »Bei steigenden Kosten können die Honorare nicht gleich bleiben«, sagte Kuhle, der selbst Rechtsanwalt und damit Angehöriger der Freien Berufe ist. Vor allem mit der »Apotheke ohne Apotheker« hätten er und seine Partei daher ein Problem. Die Apothekenreform sei in der jetzigen Form nicht zustimmungsfähig, versicherte er.
Und auch die CDU kam bei der Kundgebung zu Wort. Eike Holsten, Mitglied des Niedersächsischen Landtages, rechnete mit baldigen Bundestagsneuwahlen und riet den Apothekenteams, weiterhin so viele (potenzielle) Bundestagsabgeordnete wie möglich vor Ort einzuladen, um die Dramatik zu zeigen. »Es geht schließlich nicht nur um eine anständige Bezahlung für Sie, sondern auch eine anständige Gesundheitsversorgung für die Menschen.« Das Verständnis auf Landesebene sei da, allein zweifele er an der Durchsetzungskraft der Länder in dieser Sache. »Sie müssen selbst weiterkämpfen.«
Holsten und Philippi sprachen auch die Nachwuchsproblematik an. Für die jungen Menschen müssten die Arbeitsplätze in der Apotheke attraktiv bleiben. Zudem wolle sich die CDU dafür stark machen, einen zusätzlichen Studienstandort in Niedersachsen zu etablieren, und zwar in Oldenburg, wo es seit 2012 in Kooperation mit der Universität Groningen auch einen Medizinstudiengang gibt.
LAV-Chef Groeneveld zeigte sich mit der Kundgebung sehr zufrieden. »Ich freue mich über die vielen teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen und weiß das Land Niedersachsen hinter uns«, so das Fazit Groenevelds gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. »Man sieht eine parteiübergreifende Einigkeit für die bestehende Struktur – keine Apotheke ohne Apotheker. Ich wünsche mir, dass die Politik endlich einen Weg findet, unser System schnell zu unterstützen.« Er versicherte, dass der Verband weiter dafür kämpfen werde.