Ein kurz anhaltendes Taubheitsgefühl in den Gliedmaßen ist durchaus normal. In manchen Fällen sollte man jedoch aufhorchen und tätig werden. / © Getty Images/Busra İspir
Es kribbelt, prickelt, fühlt sich leicht pelzig an und manchmal auch einfach taub. In bestimmten Körperhaltungen – etwa, wenn wir lange im Schneidersitz verweilen – kann es passieren, dass Nerven eingeengt oder schlechter durchblutet werden. Was wir dann spüren, sind umgangssprachlich eingeschlafene Arme oder Füße.
Die gute Nachricht: »Das, was jeder kennt, ist für sich genommen nicht gefährlich«, sagt die Neurologin Professorin Claudia Sommer vom Uniklinikum Würzburg. Denn, wenn man sich entsprechend bewegt und die Gliedmaßen streckt, schmerzt es vielleicht im ersten Moment oder prickelt noch einmal stark. »Aber dann hat man sich auch schnell wieder Erleichterung verschafft und das Problem behoben.«
Ältere Menschen haben der Expertin zufolge übrigens haben häufiger eingeschlafene Gliedmaßen als jüngere. Diese Entwicklung setze ab etwa 50 Jahren ein, da das Bindegewebe im Alter weniger straff ist. »Wenn man dann einen Arm an der Tischkante anlegt, führt das dazu, dass Nerven schneller gequetscht werden, weil es nicht mehr so viel Widerstand im Gewebe gibt«, sagt Claudia Sommer.
Doch nicht immer steckt nur eine harmlose Minderdurchblutung oder Nervenreizung hinter dem Kribbeln oder dem Taubheitsgefühl. Was sind Warnzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt? »Das Taubheitsempfinden darf nicht zu lange andauern«, sagt Schmerzforscherin Sommer. »Wenn wir gesund sind, schüttelt man sich und alles ist wieder gut. Aber wenn man merkt, dass man dauerhaft ein eingeschlafenes Gefühl hat, sollte man der Ursache auf den Grund gehen.« Das gilt vor allem auch dann, wenn es auf den ersten Blick keinen Anlass dafür gibt, dass Arme oder Beine prickeln oder taub werden. Erste Anlaufstelle ist die Hausarztpraxis.
Was kann dauerhafte Beschwerden verursachen? »Bei Armen und Beinen kann es sich um ein neurologisches Problem handeln«, sagt Professor Alexander Oberhuber, Facharzt für Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Münster. So zum Beispiel:
Kribbeln und Taubheitsgefühle können aber ebenso auf eine gefährliche Durchblutungsstörung hindeuten – etwa aufgrund von Thrombosen oder verkalkten Arterien. Dann ist schnelles Handeln angesagt, »weil der Körper wirklich nach Hilfe schreit, da die Muskulatur nicht ausreichend durchblutet wird und die Nerven langsam Schaden nehmen«, sagt Alexander Oberhuber. Hier sind vor allem Ärztinnen und Ärzte gefragt, die Symptome richtig zu deuten.
Das Risiko für gefährliche Durchblutungsstörungen kann man verringern. Dabei spielt der Lebensstil eine entscheidende Rolle.
Wie sieht es mit engen Haargummis am Handgelenk aus – können auch sie die Durchblutung gefährlich beeinträchtigen oder Nerven abklemmen? »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das einen Schaden verursacht. Dafür müsste das Haargummi schon so eng sein, dass bereits das Tragen schmerzhaft ist«, sagt Claudia Sommer. Davor müsste einen der gesunde Menschenverstand bewahren.
Auch enge Kleidung ist per se nicht gesundheitsgefährdend. Aufpassen sollten nach Einschätzung von Alexander Oberhuber allerdings jene Menschen, die Freude an »wirklichen Abschnürungen« von Armen und Beinen empfinden – etwa beim Sex.